Ich lag in der Sonne und genoss die Wärme die sie verströmte. Die Strahlen vermochten es mich von innen zu wärmen und verursachten trotzdem eine Gänsehaut. Ich hörte Wasser plätschern und spürte, dass ich auf einem weichen Untergrund lag – Sand? Mein Leben war herrlich. Ich verschränkte die Arme hinter dem Kopf und entspannte mich.
Plötzlich ertönte ein lautes, metallisches Klirren. Verwirrt setzte ich mich auf und sah mich um. Das Geräusch gehörte und passte hier nicht hin. Hier am Strand gab es kein Metall und auch keine Personen, die für diesen Krach verantwortlich sein konnten. Nein … Irgendwas stimmte nicht.
Sekunden später wurde mir klar, was es war. Erschrocken fuhr ich aus dem Schlaf hoch und riss die Augen auf. Zum einen erkannte ich nun den Verursacher des Lärms – Eric, der mit einem Schraubenschlüssel gegen ein Metallrohr in unserem Schlafraum schlug – und zum anderen wurde mir bewusst, dass der Strand und die Entspannung nur ein Traum gewesen waren. In Wahrheit befand ich mich im Hauptquartier der Ferox, in einem kleinen Raum mit zehn Betten, in dem, mich eingerechnet, zehn Initianten schliefen – oder es zumindest versuchten. Unser Sklaventreiber, Eric, erschwerte die Angelegenheit jedoch ungemein.
„Aufstehen und in die Grube kommen.“, rief Eric unbarmherzig laut. Als sich alle nur langsam und verschlafen rührten schlug er erneut mit dem Schraubenschlüssel gegen das Rohr und brüllte: „Sofort! Ihr habt drei Minuten.“
Stöhnend ließ ich mich auf die Matratze zurückfallen. „Cici, hast du nicht gehört was er gesagt hat? Steh auf oder du bekommst Probleme.“, redete Amelia, die in dem Bett neben mir schlief, eindringlich auf mich ein und rüttelte an meiner Schulter.
„Man.“, brummte ich, stand jedoch auf. Ich hatte in Alltagskleidung geschlafen und musste mir nur noch meine Schuhe anziehen. Wie ich auf dem Kopf aussah war mir in diesem Moment ziemlich egal. Ich war verdammt noch mal müde und wenn es einer wagen sollte, sich über meine Frisur lustig zu machen, würde sein Gesicht Bekanntschaft mit meiner Faust machen. Damit mir meine Haare nicht ins Gesicht hingen, band ich sie mit einem Haargummi zu einem Pferdeschwanz. Einzelne Strähnen fielen dennoch raus; wie jedes Mal.
Verschlafen rieb ich mir die Augen, während ich zusammen mit Amelia und den anderen gebürtigen Ferox zur Grube ging. Eric erwartete uns bereits. Als wir ihn erreichten, ging gerade Four mit den Fraktionswechslern an uns vorbei. Sie hatten sich umgezogen und trugen nun Ferox-typische Klamotten; schwarz, praktisch und sportlich. Das Altruanmädchen, das Amelia und mir am Tag zuvor aufgefallen war, redete mit der dunkelhäutigen Ken und vermied Augenkontakt. Verächtlich schüttelte ich den Kopf. Sie würde nicht lange bei uns bleiben.
Ich widmete meine Aufmerksamkeit Eric, der gerade als ich mich ihm zuwandte, die Arme vor der Brust verschränkte und uns alle abschätzig musterte. Es war nicht schwer zu erraten, was er von uns hielt – unausgebildete Möchtegern-Ferox, die glaubten sie könnten alles, sich aber irrten. Falls er wirklich so dachte, so unterschätzte er mich. Ich war gut – wahrscheinlich besser als alle anderen hier. Aber das musste ich ja noch keinem auf die Nase binden. Sollten sie mich ruhig erst einmal unterschätzen. Das würde das Gewinnen eines Kampfes für mich umso leichter machen.
„Mit Sicherheit wisst ihr schon, dass die Initiation aus drei Phasen besteht. Zur Zeit befindet ihr euch in Phase eins. In diesem Abschnitt eurer Ausbildung werde ich euch bis an eure körperlichen Grenzen treiben. Die zweite Phase zielt auf euren Geist und eure Belastbarkeit ab. Die dritte Phase, wird euren Mut und eure Entschlossenheit testen. Am Ende der ersten Phase werden uns vier Initianten verlassen. Ihr seid zu elft, die andere Gruppe besteht aus neun Initianten. Sicher wisst ihr, was mit denen passiert, die die erste Phase nicht schaffen.“
Ein Junge rechts neben mir, ich kannte ihn nicht, zeichnete eine waagerechte Linie quer über seine Kehle und machte ein knirschendes Geräusch. Die Gestik sollte nicht bedeuten, dass die „Verlierer“ sterben würden. Nein, sie wurden fraktionslos. Aber das war für uns gebürtige Ferox nichts Neues. Die Reaktionen der Fraktionswechsler hatten mich gestern, als das Thema angesprochen worden war, durchaus amüsiert. Ich hatte gesehen wie ihre Schultern eingesunken und in ihren Augen Erkenntnis und Resignation erschienen waren. Nein, die Wechsler hatten definitiv nicht gewusst, dass ihre Zukunft hier nicht sicher war. Dabei hätten sie es sich wirklich denken können …
„Genug geredet. Heute lernt ihr wie man schießt.“ Eric wies mit seinem linken Arm auf einen steinernen Durchgang in der Felswand zu meiner Rechten. Gemeinsam mit meiner Gruppe ging ich hindurch. Ich kannte diesen Ort. Es handelte sich um einen etwa fünf Meter breiten und mindestens doppelt so langen Raum, in dem Schießen geübt wurde. Mein Vater war schon des Öfteren mit mir hier gewesen und hatte mir seine Browning in die Hand gedrückt. Bereits mit zwölf Jahren hatte er mich aufgefordert auf eine Zielscheibe zu schießen. Am Anfang war ich wirklich schlecht gewesen und hatte mir beim ersten Mal die Schulter aufgrund des Rückstoßes geprellt. In der darauffolgenden Zeit hatte ich Angst gehabt, erneut eine Schusswaffe zu benutzen, doch Angst gab es bei den Ferox nicht. Genau so wenig wie Widerrede bei meinem Vater. Also hatte ich erneut schießen müssen und war auf den Rückstoß gefasst gewesen. Meine Schulter war heil geblieben – die Zielscheibe ebenfalls. Erst nach viel Übung hatte ich endlich den Rand des Holzbrettes getroffen. Mit der Zeit war ich immer besser geworden und seit zwei Jahren traf ich mit jedem Schuss mein Ziel – sowohl mit einer Pistole, als auch mit einem Gewehr.
Aus diesem Grund hatte ich keine Angst vor dem heutigen Training. Insgesamt gab es in dem Raum fünf Schießstände - wir würden uns also abwechseln müssen. Doch Eric hatte daran selbstverständlich gedacht und sich einen sinnvollen Zeitvertreib überlegt – Zweikämpfe. Fünf Initianten würden schießen und zwei Zweier-Teams abwechselnd kämpfen. Ich war eine der fünf Personen, die zuerst schießen sollten. Gelassen ging ich zu einem der Schießstände, setzte mir schalldichte Kopfschützer, sowie eine Schutzbrille auf und lud meine Pistole. Es handelte sich um eine Beretta 91 – ich hatte bereits mit einem solchen Modell geübt und machte mir deshalb keine Sorgen. Ich zielte. Schuss. Ich hörte den Knall nicht, spürte den Rückstoß und fühlte, wie Adrenalin durch meinen Körper gepumpt wurde.
Schuss. Schuss. Schuss. Ich atmete ein. Ich atmete aus. Schuss. Langsam senkte ich meine Arme und legte die Pistole auf den kleinen Tisch vor mir. Ich zog die Ohrenschützer und die Brille aus und ließ beides neben die Pistole fallen. Aus Erfahrung wusste ich, dass vor mir auf dem Boden ein Schalter war, mit dem ich meine Zielscheibe zu mir hinfahren lassen konnte. Routiniert trat ich mit dem Fuß auf eben diesen Schalter und beobachtete, wie die Zielscheibe sich näherte. Gleichzeitig bemerkte ich, dass auch die anderen vier Initianten zu feuern aufgehört hatten und vier weitere Zielscheiben in Richtung Schießstand 'fuhren'.
Zufrieden betrachtete ich mein Ergebnis. Fünf Schuss, fünf Treffer. Zwei in den Kopf und drei direkt ins Herz. Null Überlebenschance. Ich hatte es ja gesagt … leicht.
„Das ist übel.“, sagte plötzlich eine Stimme hinter mir. Langsam drehte ich mich um. Vor mir stand Uriah. Ich sah ihn mit hochgezogener Augenbraue an. Er zeigte auf mein Werk und meinte: „Na ja, wir sind alle nicht gerade schlecht im Schießen. Aber ich persönlich wollte mit dir nicht Cowboy im wilden Westen spielen.“
„Das nehme ich mal als Kompliment.“, antwortete ich. Ich hatte Kopfschmerzen. Aus diesem Grund zog ich das Haargummi aus meinen Haaren und schüttelte sie aus. Sie fielen mir in leichten Wellen um die Schultern.
„Haben dich deine Haare noch nie beim Training gestört?“, fragte Uriah und musterte mich mit schiefgelegtem Kopf. Nachdenklich beobachtete ich ihn – sah wie seine Augenbraue leicht zuckte, seine Mundwinkel sich ein ganz klein wenig nach unten zogen und auf seiner Stirn winzige Fältchen erschienen. Ich hatte das Gefühl bei Uriah aufpassen zu müssen. Er war ein guter Kämpfer und Stratege. Ich musste ihn auf Abstand halten und jedes meiner Worte in seiner Gegenwart genau überdenken; alles könnte er später gegen mich verwenden.
„Würden sie mich stören, hätte ich sie schon längst abgeschnitten.“
„Aber hat noch niemand versucht, dir während einem Kampf an den Haaren zu ziehen?“
„Bis jetzt hat sich das noch keiner getraut.“, erwiderte ich kühl. Einen Moment sah ich ihn noch an, dann setzte ich mich in Bewegung. Ich fühlte mich in seiner Gegenwart unwohl. Als ich an ihm vorbei ging, rammte ich ihn leicht mit der Schulter und murmelte: „Sieh dich vor.“
Vom Raum mit den Schießständen führte ein steinerner Torbogen in eine Trainingshalle. Als ich diese betrat, sah ich gerade, wie Rita von Marlene zu Boden geworfen wurde. Auch ohne ihren Schrei gehört zu haben, hätte ich gewusst, dass der Sturz sehr schmerzvoll gewesen war. Sie war mit dem unteren Teil ihrer Wirbelsäule auf dem Boden aufgeschlagen; sprich mit ihrem Steißbein. Aus Erfahrung konnte ich sagen, dass so ein Sturz nicht gerade ohne war. Rita krümmte sich vor Schmerzen und konnte nicht aufstehen – Marlene hatte den Kampf gewonnen. Schwer atmend wischte sie sich Blut aus ihrem Mundwinkel. Offenbar hatte Rita es vor ihrem Versagen noch geschafft, ihre Gegenspielerin mit einem Schlag an der Lippe zu treffen. Vielleicht würde das Erics Missfallen etwas abmildern. Wenn ich ihn mir jedoch so ansah, bezweifelte ich das. Er stand mit verschränkten Armen neben der Trainingsfläche und verfolgte regungslos das Geschehen. Ohne jedwede Gefühlsregung betrachtete er die noch immer leidende Rita, die sich trotz ihrer offensichtlichen Schmerzen aufrappelte und sich von dem Kampfplatz wegschleppte. Am Rand angekommen, brach sie auf dem Boden zusammen und vergrub das Gesicht in den Händen. Ich war innerlich hin und hergerissen zwischen Mitleid und Verachtung. Mitleid, weil keiner meiner Kameraden Anstalten machte sie zu trösten oder ihr zu helfen. Verachtung, weil sie sich benahm wie ein kleines, wehrloses Kind, das sich nicht zu helfen wusste, nachdem es von älteren Kids verprügelt worden war.
„Amelia gegen Lynn.“, rief Eric. Das zweite Duell stand an.
Sowohl Amelia, als auch Lynn betraten die Trainingsfläche. Mit angespannten Muskeln standen sie sich gegenüber – regungslos. Sie warteten nicht darauf, dass man ihnen sagte, dass es losgehen konnte, sondern auf eine Aktion des Gegenübers. Schließlich war es Amelia, die den ersten Schritt machte – und das wurde ihr zum Verhängnis. Eine Lücke tat sich in ihrer Deckung auf und Lynn erkannte das sofort. Noch während Amelia einen Schritt nach vorne machte und zum Schlag ausholte, duckte Lynn sich und rammte Amelia den Kopf in die Magengrube. Ein dumpfes „Umpf“ war von Amelia zu hören und sie presste die Hände auf ihren Bauch. Doch so war ihr Kopf ungeschützt. Lynn setzte zu einem Kinnhaken an und traf. Ihre Faust krachte in Amelias Kinn und ihr Kopf flog zurück. Blut spritze, als ihre Lippe aufplatzte. Amelia taumelte zurück und versuchte eine einigermaßen gute Deckung aufzubauen, doch sie scheiterte. Lynn packte Amelias rechten Oberarm, zog sie zu sich heran und noch ehe Amelia reagieren konnte, lief sie mit Karacho in Lynn's Faust. Amelia schrie auf und ging zu Boden. Zu meiner Überraschung versuchte sie noch sich aufzurappeln und weiter zu kämpfen, doch Lynn ließ ihr keine Chance. Sie trat Amelia in den Bauch und meine Freundin fiel erneut zu Boden. Ihr Atem kam stoßweise und hörte sich merkwürdig röchelnd an. Ich biss die Zähne zusammen. Das hier war ein vollkommen legitimer Kampf, doch meine Freundin so leiden zu sehen, setzte mir doch ziemlich zu.
Lynn ließ die Fäuste sinken und entfernte sich von der am Boden liegenden Amelia. „Was wird das?“, fragte Eric kühl und sah Lynn verständnislos an. Diese schenkte ihm denselben verständnislosen Blick. „Ich habe sie besiegt. Sie kann nicht mehr kämpfen.“, antwortete Lynn und wischte sich den Schweiß von der Stirn.
„Ist sie bewusstlos?“, fragte Eric.
„Nein.“
„Dann kann sie auch noch kämpfen.“ Ich sah wie sich Lynn's Kiefermuskeln bei seinen Worten anspannten. Eine am Boden liegende, wehrlose, kampfunfähige Person bewusstlos zu schlagen, verstieß gegen ihre Moralvorstellungen – was ich nur allzu gut verstand. Das hier war nicht mehr fair, sondern pures Schikanieren der Schwächeren. Letztendlich siegte jedoch Lynn's Ehrgeiz. Sie packte Amelia bei den Haaren, zog ihren Kopf nach oben und holte zum endgültigen Schlag aus. In Erics Augen sah ich Genugtuung aufblitzen. Amelia stöhnte vor Schmerzen. In meinem Gehirn ratterte es. Mein Mund war trocken.
„Stopp.“, rief ich. Zwei Augenpaare richteten sich auf mich; Erics und Lynns. Lynn hielt inne, ließ Amelia allerdings nicht los.
„Wie war das?“, knurrte Eric.
„Ich sagte 'Stopp'.“
„Ja, ich denke das habe ich verstanden.“
„Wo liegt dann das Problem?“, fragte ich unschuldig und tat so, als ob nichts wäre, doch in Wahrheit raste mein Herz und mir wurde übel.
„Das Problem?“, knurrte Eric bedrohlich und kam auf mich zu, „Das Problem ist, dass du hier nicht das Sagen hast, sondern ich! Und ich sage weiter machen.“
„Das ist barbarisch!“, rief ich und zeigte auf Amelia.
„So? Dann nimm du ihre Stelle ein.“ Eric verschränkte die Arme vor der Brust.
„Ich kämpfe nicht mit Lynn.“, erwiderte ich nüchtern und stemmte die Hände in die Hüften. Erics Augenbraue schoss in die Höhe. „Der Kampf wäre unfair für Lynn. Ich bin viel besser als sie.“, erklärte ich und ignorierte den verwirrten und gleichzeitig wütenden Blick, den mir Lynn zuwarf.
„Du denkst also, dass du etwas Besseres bist?“, fragte Eric kühl.
„Nicht etwas Besseres, sondern einfach nur besser.“
„In den Ring.“, sagte Eric bedrohlich leise. Als ich mich nicht rührte, fügte er noch leiser hinzu: „Sofort.“ Wütend zog ich meine Sweatshirt-Jacke aus und band mir die Haare erneut zum Pferdeschwanz. Ich hatte noch immer Kopfweh, keine Lust mit einem dieser Schwächlinge zu kämpfen und war müde. Lynn verließ die Trainingsfläche. Ich half Amelia beim Aufstehen und dabei den Ring zu verlassen. Dann stellte ich mich in die Mitte der Trainingsfläche und verschränkte die Arme vor der Brust. Schweigend starrte Eric mich an – genau wie die anderen Initianten. Als Eric nach einer Zeit noch immer schwieg, fragte ich trocken: „Und jetzt? Soll ich Schattenboxen? Dann nehme ich doch lieber Lynn.“
„Du wirst nicht mit Lynn kämpfen.“, antwortete Eric kühl.
„Sondern?“
„Mit mir.“ Überrascht zog ich die Augenbrauen in die Höhe. Außerdem hörte ich die anderen Initianten scharf die Luft einziehen und spürte, wie sich eine gewisse Spannung aufbaute. Jetzt zog auch Eric seine Jacke aus, warf sie wie ich zuvor achtlos auf den Boden und stieg zu mir in den Ring. Ich sah, wie sich seine Muskeln anspannten und er sich kampfbereit machte. Auch ich machte mich bereit und lockerte durch Öffnen und Schließen meiner Fäuste, meine Handmuskeln. Bedrohlich umkreisten Eric und ich einander. Jeder wartete darauf, dass der andere angriff und sich verwundbar machte. Aufmerksam beobachtete ich jede von Erics Bewegungen und versuchte seinen nächsten Schritt vorherzusehen. Ich würde nicht die Erste von uns beiden sein, die ihre Deckung öffnete.
Ich erahnte Erics Angriff einen Sekundenbruchteil, bevor er stattfand. Die Muskeln in Erics rechtem Arm hatten sich angespannt, er hatte einen Ausfallschritt nach vorne gemacht und seine Faust schnellte auf mein Gesicht zu. Blitzschnell duckte ich mich und wich zur Seite aus. Schon folgte Erics nächster Angriff. Sein Bein schnellte nach vorne und er versuchte mich von den Füßen zu reißen. Ich ließ es zu, fiel zu Boden, fing mich mit den Händen ab und befand mich nun in Liegestützposition. Ich drückt mich mit den Beinen ab, streckte meine Arme durch und erwischte Eric mit meiner Ferse an der Schläfe, da er sich zu mir herabgebeugt hatte, um meine Haare zu packen und mich wieder auf die Füße zu zerren. Taumelnd machte er einen Schritt rückwärts und knurrte, während ich mich abrollte und schließlich wieder auf den Füßen stand. Erneut versuchte Eric seine Faust in meinem Gesicht zu versenken, doch abermals duckte ich mich, um ihm gleich darauf in den Bauch zu treten. Er wich jedoch aus, packte blitzschnell meinen Fuß, verdrehte mein Bein und brachte mich abermals zu Fall. Ich schrie, drehte mich aber schnell auf den Rücken rollte mich noch einmal herum, als ich Erics Fuß sah, der in Richtung meines Bauches hinabsauste. Mit einem lauten Knall kam Erics Fuß auf dem Betonboden auf und für einen kurzen Moment stellte ich mir die Schmerzen vor, die für mich mit diesem Tritt einher gegangen wären. Schnell verdrängte ich diesen Gedanken wieder, sprang auf die Beine und trat Eric in den Rücken. Er taumelte wie zuvor ein Stück nach vorne. Ehe er sein Gleichgewicht wiederfinden konnte, warf ich mich mit meinem ganzen Gewicht gegen ihn und ging gemeinsam mit ihm zu Boden. Meine Schulter schlug hart auf dem Boden auf. Ich schrie abermals auf und sah aus dem Augenwinkel, wie Eric sich auf den Rücken rollte und Anstalten machte aufzustehen. Ich ignorierte den stechenden Schmerz in meiner Schulter und hockte mich auf ihn. Er versuchte mich abzuwerfen, doch ich hatte bereits zum Schlag ausgeholt und traf ihn jetzt mit der Faust am Wangenknochen. Schmerz explodierte in meiner Hand, doch ich biss die Zähne zusammen. Noch hatte ich Eric nicht besiegt. Erneut schlug ich zu und traf dieselbe Stelle noch einmal. Der Unterschied war aber, dass Eric nach meinem Schlag kurz den Kopf angehoben hatte und dieser nun durch die Wucht meines Schlags auf den Boden knallte. Wider meiner Erwartungen war Eric noch immer nicht bewusstlos und er schaffte es, mich zu überrumpeln. Er versuchte mich seitlich von sich runter zu stoßen. Ich krallte mich in seiner Jacke fest und nutzte den Schwung, um ihn mitzuziehen. Hätte Eric mit meinem Vorhaben gerechnet, wäre es ihm vermutlich gelungen, sich wie ich es zuvor getan hatte, auf mich zu hocken, doch dadurch, dass ich ihn überrascht hatte, fiel auch er zur Seite und das End vom Lied war, dass ich erneut auf ihm saß. Ich schloss meine Hand zur Faust und schlug zu – wieder und wieder. Dann bemerkte ich, dass Eric sich nicht mehr wehrte. Kraftlos sackte ich in mich zusammen und ließ mich neben ihm auf den Boden fallen. Erschöpft schloss ich meine Augen und spürte den pochenden Schmerz in meiner Schulter und meiner Faust und eigentlich in jedem meiner Körperteile. Heißer Schweiß lief meine Stirn hinab und ich schmeckte Blut, da ich mir scheinbar auf die Lippe gebissen hatte. Außerdem: Ich hatte Eric bewusstlos geschlagen – meinen Trainer. War das gut, oder schlecht?
„Was ist denn hier los?“, hörte ich jemanden brüllen. Ich erkannte Fours Stimme. Shit, dachte ich und rappelte mich mit letzter Kraft auf. Ich sah Four zu Eric rennen. Ratlos betrachtete er den bewusstlosen Muskelprotz und danach mich, die neben ihm saß und vermutlich ziemlich ramponiert aussah – genau wie mein Gegner. „Warst du das?“, fragte er geschockt.
„Er hat gesagt, dass ich mit ihm kämpfen soll.“, verteidigte ich mich.
„Du solltest mit Eric kämpfen, Initiantin?“ Four klang nicht sehr überzeugt. Dann kam mir überraschend jemand zu Hilfe. Es war Uriah.
„Sie hat Recht. Sie hat einen Kampf unterbrochen und er war ziemlich angepisst. Dann hat er sie in den Ring geschickt, als sie gesagt hat, dass sie nicht mit Lynn kämpfen würde. Sie hat gefragt, was sie denn dann im Ring sollte und er meinte, dass er mit ihr kämpfen würde.“, erklärte Uriah und gesellte sich zu Four, dem bewusstlosen Eric und mir.
„Ist das wahr?“ Fours Frage schien an die restlichen Zuschauer gerichtet zu sein. Ausnahmslos jeder nickte. Erneut sah Four Eric und danach wieder mich an. Er öffnete den Mund um etwas zu sagen, schloss ihn dann jedoch wieder, da ihm scheinbar die Worte fehlten. Schließlich nickte er nur und lief aus der Halle. Verwirrt sahen ihm alle hinterher; mich ausgenommen, denn ich ließ mich erschöpft wieder zu Boden sinken und legte mir den Arm über die Augen. Ich konnte hören, wie die anderen Initianten tuschelten, wollte ehrlich gesagt aber gar nicht wissen worüber. Dann ertönten hektische Schritte, die offenbar von mehreren Personen stammten. Neugierig öffnete ich wieder die Augen und setzte mich auf. Dabei tat mir allerdings jeder Knochen meines Körpers weh. Four war zurück gekommen, zusammen mit Max und einem Ferox, den ich nicht kannte. Der fremde Ferox und Four legten sich jeweils einen von Erics Armen um die Schulter und zogen den noch immer bewusstlosen Mann auf die Beine. Ehe Four und der Ferox Eric aus der Halle schleiften, sah Four mich noch einmal an und meinte trocken: „Respekt.“ Stirnrunzelnd sah ich den beiden Männern hinterher, die Eric halb trugen und zogen. Dann wandte ich mich Max zu. Dieser sah mich grüblerisch an und sagte schließlich: „Mitkommen.“
Ich schluckte. Uriah streckte mir die Hand entgegen, um mir beim Aufstehen zu helfen, doch ich ließ sie unbeachtet und stand alleine auf. Vor meinen Augen tanzten schwarze Punkte, aber ich riss mich zusammen. Max ging schweigend voraus und ich folgte ihm, ohne mich noch einmal umzudrehen und die anderen anzusehen. Ich konnte ihre Blicke ohnehin in meinem Rücken spüren. Wann hatte ein Intitiant wohl mal einen Trainer bewusstlos geschlagen? Immer noch war ich unschlüssig, ob ich stolz oder beschämt sein sollte. Hatte ich Schlimmes zu befürchten? Würde der Kampf ohne Konsequenzen für mich bleiben? Eigentlich war es ja Erics schuld gewesen. Er hatte mit mir kämpfen wollen. Es war schließlich nicht so, dass ich ihn einfach angegriffen hatte! Allerdings war das Ziel des Kampfes vermutlich gewesen, dass Eric mich besiegte und mir meine Grenzen vor Augen führte. Das war dann wohl irgendwie schief gegangen. Mit diesem Ausgang hatte mein Trainer vermutlich nicht gerechnet.
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