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Achtung! Dies ist nur ein Teil einer Fortsetzungsgeschichte. Andere Teile dieser Geschichte

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Skye Thomas ~ Um Welten Entfernt #1 [Eine Harry Potter FF]

Manchmal denkt sich das Schicksal verrückte Dinge für einen aus. So ergeht es auch der elfjährigen Skye, deren Leben eigentlich immer normal war, bis sie diesen seltsamen Brief bekommt und in eine unglaubliche Welt hineingezogen wird. Denn sie ist eine Hexe und muss an der Seite ihrer Freunde Abenteuer bestehen, böse Zauberer besiegen und dazu auch noch im normalen Alltag klarkommen.

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    KLEINE NACHRICHT:
    Zuerst einmal danke, dass ihr auf diese FF geklickt habt! ^^
    Ich hoffe, die Umstände sind klar, man wird über die Zeit immer mehr erfahren.
    Es wird insgesamt sieben Teile geben, bei denen jeder einem Buch/Schuljahr entspricht. Deshalb ist dieser Teil hier das erste Schuljahr in Hogwarts. Also wie gesagt, wird es eine längere Reihe, ich würde mich aber trotzdem freuen, wenn ihr dabei bleibt, denn über die Zeit wird es immer interessanter! ;)
    Die FF ist zwar auf den Harry Potter-Büchern basiert, es wird aber manche (kleine) Abweichungen geben. Außerdem ist es sinnvoll, die Geschichte von Harry vor dem Lesen dieser Fanfiction zu kennen, da sie zur Zeit Harrys und seiner Freunde spielt.
    Außerdem möchte ich hinzufügen, dass dies zwar eine Harry-Potter-Fanfiction ist, ich jedoch in keinster Weise die Ansichten der Autorin teile. Die Bücherreihe hat mich seit der Grundschule begleitet und einen großen Teil zu meiner Liebe zum Schreiben beigetragen, aber dennoch will ich mich von der Person hinter ihr distanzieren. In meiner Geschichte sind alle Leser willkommen und ich bitte jeden, der auch so an Harry Potter und der Welt der Zauberei hängt, wie ich es tue, sich über die Probleme zu informieren und Werk und Autor voneinander zu trennen, so gut es geht. Mir haben die Bücher den Wert von Freundschaft, Akzeptanz und Liebe vermittelt, und wenn es euch auch so geht, dann kann euch das niemand nehmen.
    Den Link zum zweiten Teil findet ihr in der Danksagung im letzten Kapitel. Wenn ihr zu einem bestimmten Teil einen Kommentar verfassen wollt, dann schreibt einfach so etwas wie
    Zu Teil #1 dazu; dann weiß ich, welchen ihr meint, da die Kommentarbereiche zu den Teilen zusammengefasst sind.
    Bei Fragen könnt ihr mir immer gerne in die Kommentare schreiben!:)


    Kapitel 1: SKYE

    Das durchdringende Klingeln des Weckers ließ Skye schlagartig aufwachen. Nachdem sie den Frieden des Morgens noch kurz genossen hatte, pellte sie sich langsam aus ihrer Decke und schlurfte ins Bad.
    Sie war gestern bis zehn Uhr abends auf gewesen und hatte für ihren Mathetest gelernt, der heute anstand. Ja, sie hatte zwar gerade erst die weiterführende Schule begonnen, wollte sich aber dennoch nicht gehen lassen. Sie war immer mit wenig Lernen, aber trotzdem guten Noten durchgekommen, wusste aber, dass sich das jetzt ändern würde.
    In den Sommerferien war sie endlich elf Jahre alt geworden und nun so was von bereit für den neuen Abschnitt in ihrem Leben.

    Nicht viel später hatte sie sich von ihren Eltern verabschiedet und endlich auf den Weg zur Schule gemacht. Es war fast September und das neue Jahr hatte vor kurzem erst angefangen, dennoch spürte sie schon, dass das Wetter kälter und der Morgen dunkler wurde.
    Gleich würde sie sich mit ihrer Freundin Alice treffen, um zusammen den Rest des Weges zu bestreiten.
    Die beiden waren schon seit Ewigkeiten befreundet und glücklicherweise auch in die selbe Klasse gekommen. Im Gegensatz zu Skye war Alice nicht solch eine Leseratte und um einiges lauter, dennoch ähnelten sich die Mädchen in vielen Dingen. Nur im Aussehen waren sie vollkommen verschieden. Während Alice dunkelbraune Haare, bitterschokoladenfarbene Augen und gebräunte Haut hatte, war Skye das genaue Gegenteil. Ihre Haare waren nicht glatt, sondern karamellfarben und wellig, ihre Augen dunkelblau und die Haut fast schon ungesund aussehend blass.
    Wie immer kam Alice etwas spät, doch Skye war dies gewöhnt.
    „Schön, dass du es auch geschafft hast“, meine sie grinsend zu ihrer leicht verschwitzten Freundin, die scheinbar gerannt war, um noch einigermaßen rechtzeitig zu ihrem Treffpunkt am Ende der Straße zu kommen.
    „Sorry“ Alice hob entschuldigend die Hände. „Es gab Verzögerungen. Flower hat Durchfall, wahrscheinlich hat dieser unverschämte Köter wieder unsere Schuhe gegessen.“
    „Uähhh“, machte Skye nur lachend. „Ich fasse dich heute nicht mehr an . . . Hast du eigentlich für Mathe gelernt?“
    Alice zuckte mit den Schultern. „Nicht so wirklich. Mittlerweile habe ich mich damit abgefunden, dass du einfach die Schlauere von uns bist und ich in Mathe halt einfach grottig.“
    „Sag so was nicht! Du könntest auch echt gut sein, wenn du mal wenigstens ein bisschen was tun würdest.“
    „Dafür bin ich nur viel zu faul!“ Alice lachte und Skye musste auch schief grinsen, obwohl Schule für sie ein ernstes Thema war. Vielleicht war sie ein bisschen eine Streberin, aber das machte ihr nichts aus. Schließlich hatte sie Ziele.
    Auf dem Schulweg kamen den Mädchen nicht viele andere Kinder entgegen. Rosewood war ein kleines Dorf, ohne viele Einwohner, und Skye wunderte sich sowieso, wie die Schule es schaffte, dennoch so viele Schüler zu haben.
    „Wann hast du eigentlich mal wieder Zeit?“, erkundigte sich Alice bei ihrer Freundin. „Ständig bist du nur mit deinem Handball beschäftigt! Wir haben uns seit Ewigkeiten nicht mehr getroffen.“
    „Puhhh . . .“ Skye seufzte. Sie wollte Alice zwar nur ungern Recht geben, aber es stimmte. In letzter Zeit war sie wirklich sehr ausgebucht. Und dabei war sie erst in der fünften Klasse!
    Handball war ihr Lieblingssport und abgesehen von Lesen, Lernen und Handball tat sie im Moment nichts anderes.
    Skye war ein Einzelkind, manchmal vielleicht etwas verwöhnt, dennoch aber auf dem Boden der Tatsachen. Ihre Eltern waren normale Leute, zwei Professoren, die auch schon seit Ewigkeiten in Rosewood lebten. Skye hatte schon immer ein ziemlich normales Leben gehabt. Ihr Wohnort war ein beschauliches Dörfchen an der südlichen Küste Großbritanniens, mit ein paar Geschäften, einer Schule, Wohnhäusern und viel Wald. Im Grunde war Skye froh, so ruhig aufgewachsen zu sein. Sie kannte hier so gut wie jeden und ohne das hektische Treiben der Großstadt war es eigentlich auch immer recht angenehm gewesen.
    Sie mochte ihr Leben und hatte sich schon darauf eingestellt, es für immer so weiterzuführen. Ganz durchschnittlich und normal.
    Doch leider war Skye Thomas alles andere als normal.

    BILD: Das Titelbild der Reihe

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    Kapitel 2: DER BRIEF

    Es war ziemlich stürmig, als Skye sich nach Hause kämpfte. Der Wetterbericht hatte nichts davon vorhergesagt und jetzt fluchte sie leise vor sich hin, während sie versuchte, mit ihrem Schirm gegen das Unwetter anzukämpfen. Es klappte zwar nicht ganz so gut, aber Skye tat ihr bestes.
    Dieser Wetterwechsel war äußerst ungewöhnlich. Gestern hatte noch die Sonne vom Himmel geschienen und keine Wolke war zu sehen gewesen, jetzt stürmte es, als wäre es das Ende der Welt.
    „Verdammt!“, fluchte sie, als der Schirm endgültig aufgab und der Wind ihn ihr aus der Hand riss, als wäre es eine Feder.
    Er trudelte langsam in den Himmel, immer höher und höher, bis Skye nur noch einen Punkt erkennen konnte.
    „Na wunderbar . . .“, murmelte sie missmutig und lief weiter. Ausgerechnet heute hatte Alice krank sein müssen!
    Ohne so wirklich auf ihre Umgebung zu achten, lief sie weiter.
    Dadurch bemerkte sie erst auch nicht das seltsame Etwas, das in einem unglaublichen Tempo auf sie zuflog und ihr einfach ins Gesicht klatschte. Es war etwa so groß wie ein Buch, rau und hatte einen gelblichen Farbton.
    „Au!“ Skye rieb sich die schmerzende Nase. Sie hatte das Etwas zwar versucht abzuhalten, aber es nicht mehr geschafft. Dem schmerzhaften Pochen in ihrer Nase nach zu urteilen, war dieser Gegenstand ziemlich schwer gewesen.
    Sie wollte gerade weitergehen, als sie etwas entdeckte. In einem der Sträucher, die die Vorgärten der Bewohner zierten, hatte sich ein gelbes Ding verheddert. Skye hätte dabei auf einen Brief getippt, doch es hatte eine komische Beule. War das dieses Ding, dass sie ins Gesicht getroffen hatte? Das Aussehen würde passen.
    Langsam nährte sich Skye dem Strauch. Und als ob der Brief ihre Anwesenheit bemerkt hatte, erfasste ihn eine Windböe und wehte ihn zu ihr herunter. Sie schnappte ihn sich aus der Luft und betrachtete das Ding. Ja, es war ein Brief. Doch er sah nicht sehr normal aus. Das Papier war dick und lederartig, außerdem vergilbt. Und auf der Rückseite prangte ein altmodisches Wachswappen, dass den Brief verschlossen hielt, aber schon ein wenig angeknackst war. Der Absender hatte keine saubere Arbeit geleistet, das Siegel war unordentlich und man konnte die Formen in dem purpurnen Wachs nur schwer erkennen. Skye glaubte, ein paar Tiere zu sehen und außerdem ein geschwungenes H in der Mitte.
    Nach langer Betrachtung drehte sie den Brief um. Eine Adresse war auf die andere Seite geschrieben, aber keine Briefmarke klebte darauf. Skye stutzte. Diese Adresse . . . Es war ihre!

    Miss S. Thomas
    Das Zimmer mit dem besten Blick
    Goordonweg 12b
    Rosewood


    Ja, der Brief ging eindeutig an sie! Aber wie konnte das sein? Und welcher Stalker hatte sogar ihr Zimmer herausgefunden?
    Sie fuhr mit dem Finger über die mit grüner Tinte geschriebene Adresse und spürte dabei auch die Beule, die von einem Gegenstand im Brief erzeugt wurde.
    Dann überlegte sie kurz und steckte den Brief schließlich ein. Skye würde ihn zu Hause öffnen. Jetzt musste sie erstmal aus diesem Sturm kommen.

    Kurze Zeit später saß sie in ihrem Zimmer auf dem Bett und hatte erneut den Brief in der Hand. Sie wusste nicht, ob sie ihn öffnen sollte. Was wäre, wenn dort drinnen etwas Gefährliches an sie geschickt wurde? Ihren Eltern hatte sie noch nichts davon erzählt. Sie ging Dinge gern alleine an.
    Doch dann fasste sie all ihren Mut zusammen, brach das Wachssiegel und öffnete den Umschlag. Langsam zog sie ein Papier heraus und öffnete es. Auch der Brief, der mit grüner Tinte geschrieben war, schien aus diesem dicken, gelblichen Material zu sein. War das . . . Pergament? So wie man es früher zum Schreiben benutzt hatte?
    Skye fing an zu lesen, und je mehr sie las, desto größer wurden ihre Augen.

    HOGWARTS-SCHULE FÜR HEXEREI UND ZAUBEREI

    Schulleiter: Albus Dumbledore
    (Orden der Merlin, Erster Klasse, Großz., Hexenmst. Ganz hohes Tier, Internationale Vereinig. d. Zauberer)

    Sehr geehrte Miss Thomas,
    wir freuen uns, Ihnen mitteilen zu können, dass Sie an der Hogwarts-Schule für Hexerei und Zauberei aufgenommen sind. Beigelegt finden Sie eine Liste aller benötigten Bücher und Ausrüstungsgegenstände.
    Das Schuljahr beginnt am 1. September.

    Mit freundlichen Grüßen

    Minerva McGonagall
    Stellvertretende Schulleiterin


    „Ich werd’ verrückt . . .“, murmelte Skye leise, den Blick noch immer auf das Papier gerichtet.
    Sie, eine Hexe? Sie glaubte noch nicht einmal an Hexen . . . Und an eine Schule für Zauberei, daran glaubte sie noch weniger. Wer schrieb so etwas? Wollte sie jemand auf den Arm nehmen? Sollte sie das glauben?
    In ihrem Kopf tanzten tausende Fragen.
    In dem Umschlag war noch ein anderes Papier. Auch dieses zog sie heraus.

    HOGWARTS-SCHULE FÜR HEXEREI UND ZAUBEREI

    Uniform
    Im ersten Jahr benötigen die Schüler:
    1. Drei Garnituren einfache Arbeitskleidung (schwarz)
    2. Einen einfachen Spitzhut (schwarz) für tagsüber
    3. Ein Paar Schutzhandschuhe (Drachenhaut o.Ä.)
    4. Einen Winterumhang (schwarz, mit silbernen Schnallen)

    Bitte beachten Sie, dass alle Kleidungsstücke der Schüler mit Namensetiketten versehen sein müssen.

    Lehrbücher
    Alle Schüler sollten jeweils ein Exemplar der folgenden Werke besitzen:
    - Miranda Habicht: Lehrbuch der Zaubersprüche, Band 1
    - Bathilda Bagshot: Geschichte der Zauberei
    - Adalbert Schwahfel: Theorie der Magie
    - Emeric Wendel: Verwandlung für Anfänger
    - Phyllida Spore: Tausend Zauberkräuter und -pilze
    - Arsenius Bunsen: Zaubertränke und Zauberbräue
    - Newt Scamander: Phantastische Tierwesen und wo sie zu finden sind
    - Quirin Sumo: Dunkle Kräfte. Ein Kurs zur Selbstverteidigung

    Ferner werden benötigt
    - 1 Zauberstab
    - 1 Kessel (Zinn, Normgröße 2)
    - 1 Sortiment Glas- oder Kristallfläschchen
    - 1 Teleskop
    - 1 Waage aus Messing

    Es ist den Schülern zudem freigestellt, eine Eule ODER eine Katze ODER eine Kröte mitzubringen.

    DIE ELTERN SEIEN DARAN ERINNERT, DASS ERSTKLÄSSLER KEINE EIGENEN BESEN BESITZEN DÜRFEN.


    Skye schluckte. Das klang alles so . . . echt. Als wäre es wirklich wahr und würde wirklich passieren. Als gäbe es solch eine Schule.
    Aber vielleicht war es doch nur ein Streich. Jemand hatte sich einen Spaß erlaubt. Oder?
    Sie wollte den Umschlag gerade weglegen, da erinnerte sie sich an den Gegenstand, der die Beule im Brief erzeugt hatte. Sie griff noch ein letztes Mal in den Umschlag und zog Kette heraus.
    Sie war aus einer seltsamen Art Metall, kalt und golden schimmernd. Der Anhänger an dem dünnen Kettchen war groß, er bestand aus drei Ringen, die der Größe nach immer kleiner nach innen wurden. Im dritten und kleinsten Ring in der Mitte klemmte eine Sanduhr, die mit silbrig schimmernden Sand gefüllt war, der sich seltsamerweise nicht auf die andere Seite zu bewegen schien, auch wenn man die Sanduhr umwendete.
    Skye drehte das Schmuckstück etwas verwundert in den Händen. Es fühlte sich plötzlich gar nicht mehr so schwer an und war warm geworden. Beim Betrachten der Seiten entdeckte sie zwei kleine Rädchen am äußersten Ring. Skye zögerte kurz, war dann aber viel zu neugierig, um es nicht zu tun. Deshalb drehte sie vorsichtig an einem der Rädchen. Für einen kurzen Moment geschah nichts und Skye überlegte schon, für was diese Kette wohl gut war, aber dann, dann spürte sie etwas.
    Ein Kribbeln ging von ihren Fingern aus und verbreitete sich in ihrem ganzen Körper. Und ehe sie irgendwie reagieren konnte, klappte der Boden unter ihren Füßen und das Bett unter ihr einfach weg und sie fiel in dichte, schier unendliche Schwärze.

    BILD: Skye Thomas mit elf Jahren

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    Kapitel 3: IN DER WINKELGASSE

    Ihr Kopf schmerzte höllisch, als Skye sich aufrappelte und den Dreck von den Kleidern klopfte. Sie war in einer kleinen Gasse gelandet, die recht eng war und scheinbar irgendwohin führte. Was war da passiert? Sie hatte nur an diesem Rädchen gedreht und dann . . . Dann war sie gefallen, einfach gefallen. Und jetzt stand sie hier in irgendeiner Gasse und wusste nicht, was sie tun sollte.
    Ratlos sah Skye sich um. Sie hörte gedämpfte Stimmen von irgendwoher, aber niemand war zu sehen. Da fiel ihr Blick auf den Boden, denn etwas glitzerte auf dem dunklen Asphalt. Es war das Amulett, das unschuldig dalag. Skye bückte sich und hob es auf, schließlich konnte sie es ja schlecht einfach liegen lassen und vielleicht sogar noch gebrauchen.
    Sie atmete tief durch. Sie musste jetzt irgendwie herausfinden, wo sie war. Am schlausten war es wahrscheinlich, die Quelle der Stimmen zu finden. Da es keinen anderen Weg gab, folgte sie dem Gässchen. Nach ein paar Abzweigungen hatte sie endlich das Ende gefunden. Zögerlich trat sie hinaus und wollte ihren Augen nicht trauen. Sie stand mitten in einer langen Gasse, munter schwatzende Leute drängten sich an ihr vorbei und egal wohin sie schaute, überall waren komische Geschäfte. Die Schaufenster der Läden waren vollgestopft mit allerlei Kram, Skye konnte alles von Kesseln, Umhängen und sogar hochglanzpolierten Besen, bis hin
    zu Büchern, Federkielen und Kräutern entdecken. Aus einem Laden mit der Aufschrift „Eeylops Eulenkaufhaus“ drang sogar gedämpftes Eulengeschrei und ein paar vorbeigehende Frauen führten eine heftige Diskussion über die neue Kollektion Umhänge bei einer Madam Malkin. Ungläubig beobachtete Skye die vielen Leute, die die Gasse mit Lachen und Reden füllten. Alle waren von recht eigentümlicher Erscheinung, viele trugen lange wallende Umhänge in den verschiedensten Farben und manche hatten sogar hohe Spitzhüte auf. Wo war Skye hier gelandet? Alles wirkte so surreal, als würde sie träumen oder ein Buch lesen.
    Aber eine Sache stand fest.
    Sie musste jemanden ansprechen, um etwas herauszufinden. Doch wen? Für Skye sahen die Leute alle etwas ungewöhnlich aus.
    Seufzend sah sie sich um, als gerade ein Mann und eine Frau ihren Weg kreuzten. Die etwas füllige Frau trug ein buntes Kleid und dazu einen langen Umhang, der Mann steckte in einem abgenutzt aussehenden grünlichen Anzug. Beide hatten rote Haare und Skye hätte sie auf etwa fünfzig Jahre geschätzt. Irgendwie strahlten sie etwas Vertrauenswürdiges aus, was Skye überzeugte. Sie holte die Beiden ein und tippte die Frau während dem Gehen an.
    „Ähm . . . Hallo . . . Könnten Sie mir vielleicht helfen?“
    Das Paar blieb stehen und Mann und Frau lächelten freundlich.
    „Natürlich Schätzchen, was ist denn?“, erkundigte sich die Frau.
    „Wo sind wir hier? Mir ist etwas Seltsames passiert und jetzt habe ich keine Ahnung, was los ist . . .“
    „Wir sind in der Winkelgasse, in London“, erklärte der Mann und musterte sie irgendwie seltsam. „Wie heißt du denn? Und was ist dir passiert?“
    Skye schluckte. Sollte sie jetzt einfach so auspacken? Aber was blieb ihr anderes übrig? Sie musste irgendwie wieder zurückfinden.
    „Ich bin Skye. Und naja, heute war ich auf dem Weg nach Hause und habe diesen Brief gefunden. Da stand etwas Seltsames über eine Zauberschule drinnen und außerdem war diese Kette dabei“ - sie holte das Amulett aus ihrer Hosentasche und ließ es vor den Augen der Erwachsenen hin- und herschwenken - „und da war so ein Rädchen, wo ich dran gedreht habe. Dann war ich plötzlich . . . hier.“
    Es herrschte kurz Stille, als wollten die zwei es noch verdauen. Da begann die Frau wieder zu sprechen.
    „Hör zu Kleines, das kommt vielleicht jetzt etwas überraschend, aber das, was in deinem Brief steht, stimmt. Die Winkelgasse ist ein magischer Ort hier in London, wo viele Hexen und Zauberer ihre Einkäufe erledigen. Auch gerade Schüler von Hogwarts, wie du. Unsere Söhne besuchen auch diese Schule. Das mit deiner Kette kann ich mir aber auch nicht erklären.“
    Skye hörte der Frau ungläubig zu. Es stimmte wirklich . . . Sie war eine . . . Hexe! Irgendwie zweifelte sie daran plötzlich nicht mehr so wie vorher.
    Der Mann, der bei der Erklärung seiner Frau nur geschwiegen hatte, meldete sich nun auch zu Wort.
    „Wir sind übrigens die Weasleys“, erklärte er. „Wie gesagt, unsere Söhne gehen auch auf Hogwarts. Ron ist dieses Jahr neu. So wie du. Deine . . . Kette . . . Ich bin mir nicht sicher, aber ich glaube, ich weiß etwas darüber.“
    Mrs Weasley sah in stirnrunzelnd an, sie hatte davon scheinbar noch nichts gewusst.
    „Was meinst du denn damit, Arthur? Ist es schon wieder so ein Muggelding vom Ministerium?“
    „Muggel?“, fragte Skye verwundert.
    „Nichtzauberer“, erklärte ihr Mr Weasley knapp. „Und ja, so ähnlich. Es ist streng vertraulich, eigentlich dürfte ich davon gar nicht wissen, aber ein guter Kollege hat mir davon erzählt. Dieses Ding ist eine Art Zeitumkehrer, aber ein ganz spezieller. Er kann einen in andere Welten schicken. Bisher hat ihn immer Dumbledore aufbewahrt, denn dieser Zeitumkehrer sucht sich seine Besitzer selbst aus. Er funktioniert wie ein Lebewesen.“
    „Das klingt schräg“, meinte Skye nur. In Wirklichkeit fand sie das noch einiges mehr als nur „schräg“. Es klang wie aus einem schlechten Actionfilm. War sie gerade in einem Paralleluniversum? Wie sollte sie da nur wieder herauskommen?
    Mrs Weasley seufzte mitleidig.
    „Ohje, das ist sicher alles schwierig für dich . . . Besonders, wenn du hier zum ersten Mal von unserer Welt erfährst.“
    „Wenn du in Hogwarts bist, wird dir Dumbledore sicher alles erklären!“, fügte ihr Mann hinzu, scheinbar, um Skye aufzumuntern. Dabei wusste sie noch nicht einmal, wer dieser Dumbledore überhaupt war. Hatte der Name nicht in ihrem Brief gestanden?
    „Danke . . .“ Skye lächelte leicht und ehrlicherweise eher gezwungen. Sie hatte keine Ahnung, was sie jetzt machen sollte.
    „Was hälst du davon, wenn du jetzt erst mal mit uns mitkommst? Wir wollten eh die Jungs noch abholen gehen. Die treiben sich hier irgendwo herum.“
    „Dabei können wir dir auch etwas über Hogwarts erzählen, damit du Bescheid weißt. Und Einkäufe können wir auch noch machen.“
    Skye lächelte. Dieses Ehepaar war wirklich unglaublich nett.
    „Vielen Dank . . . Ich habe aber leider kein Geld . . .“
    Doch noch während sie das sagte, spürte sie plötzlich ein seltsames Gewicht in ihrer Hosentasche. Sie schaute nach und zog staunend einen ledernen Beutel hervor. Als Skye ihn öffnete, glitzerten ihr viele Goldmünzen entgegen.
    „Waren sie das?“, fragte sie nach und schaute die Weasleys mit großen Augen an.
    Mr Weasley schüttelte den Kopf.
    „Das muss wohl die Magie des Zeitumkehrers sein . . . Dein Geldproblem ist jetzt aber gelöst. Das sind wirklich einige Galleonen!“
    „Und was sind Galleonen?“
    Skye war es fast etwas peinlich, so ratlos zu sein. Aber diese ganze Welt war eben einfach vollkommen neu für sie.
    Mrs Weasley lachte herzlich.
    „Du hast aber einiges nachzuholen . . .“

    Als Skye etwa fünfundvierzig Minuten später mit den Weasleys vor dem Laden mit den Besen wartete, schwirrte ihr schon der Kopf, so viel Neues hatte sie erfahren. Die Weasleys hatten mit ihr nicht nur Bücher in „Flourish & Blotts“ gekauft, wo Bücherliebhaberin Skye sich nur schwer von der unglaublichen Auswahl lösen konnte, Umhänge bei der freundlichen Madam Malkin besorgt und ein praktisches Set für Hogwartsänfänger ergattert, das aus einem Zinnkessel, einer Sammlung Kristallfläschchen, einem transportierbaren Teleskop und einer Messingwaage bestand.
    Nein, sie hatten Skye auch einiges über die (für sie) völlig fremde Welt der Magie erzählt. Sie wusste jetzt vom Zauberministerium, den Regeln und Gesetzen der magischen Welt, den verschiedenen Läden in der Winkelgasse, Hogwarts, Eulenpost und auch vom Sport Quidditch, den man auf Besen spielte. Nun hatte sie das Gefühl, sich schon perfekt auszukennen. Jetzt wartete sie zusammen mit dem freundlichen Ehepaar auf deren Söhne, die sich auch neues Zubehör besorgt hatten. Skye schaute wie ein paar andere Kinder begeistert auf die schnittigen Besen im Schaufenster, die viel Begeisterung hervorzurufen schienen.
    „Schöne Teile, was?“, meinte plötzlich eine Stimme belustigt direkt neben ihr.
    „Ich würde für so einen neuen Nimbus auch töten“, kam es von ihrer anderen Seite.
    Neben ihr standen zwei große Jungen, mit feuerroten Haaren und einem durchtriebenen Grinsen im Gesicht. Es schienen Zwillinge zu sein, denn sie sahen vollkommen gleich aus.
    „Darf ich vorstellen, Skye, das sind Fred und George“, erklärte ihr Mrs Weasley, die hinter ihr stand. „Die Beiden gehen auch nach Hogwarts.“
    „Freut mich“, sagte Fred. Oder war es George?
    „Und das ist Ronald, von dem ich erzählt habe. Er ist in deinem Jahrgang und wie du neu.“
    Skye drehte sich um.
    „Hey“, meinte er und lächelte schief. „Du kannst mich aber Ron nennen. Eigentlich ist es nur Mum, die zu mir Ronald sagt.“
    „Und wir!“, riefen die Zwillinge frech grinsend.
    „Ich bin Skye . . .“
    Sie musterte Ron neugierig. Er war für sein Alter ungewöhnlich groß und hatte wie der Rest seiner Familie rote Haare.
    „Wo ist eigentlich Percy?“, erkundigte sich Mr Weasley, der bisher nur still zugehört hatte.
    Einer der Zwillinge verdrehte die Augen.
    „Der hat eben einen seiner Vertrauensschülerkumpanen entdeckt und ist einfach abgehauen. Wir sollen euch ausrichten, dass er noch Flohpulver hat und dann später alleine nach Hause kommt.“
    Mr Weasley nickte nur, ihn schien das Verhalten seines Sohnes wohl nicht seht zu stören.
    „Percy ist übrigens noch älter als Fred und George“, sagte Ron und fügte an Skye gewandt aber noch flüsternd hinzu: „Seit er Vertrauensschüler geworden ist, hält er sich irgendwie für ein ganz hohes Tier . . . Ich glaube, er denkt, dass das der erste Schritt auf seinem Weg zum Zauberminister ist.“
    Skye musste grinsen.
    „Klingt sehr bescheiden“, antwortete sie ebenso leise.
    „Mittlerweile solltest du alles von der Liste haben“, meinte dann Mrs Weasley.
    Skye nickte. „Ja, nur ein Zauberstab fehlt noch.“
    „Hast du schon ein Tier?“, fragte Ron interessiert. Das schien ihm wichtiger als ein Zauberstab zu sein. „Ich habe nämlich nur eine Ratte . . . Sie ist ziemlich lahm und außerdem ist Krätze schon uralt. Er hat Percy gehört, bis der jetzt seine Eule Hermes gekriegt hat.“
    „Beschwer dich nicht und sei dankbar für das, was du hast!“, belehrte seine Mutter ihn.
    „Also an deiner Stelle würde ich eine Eule holen“, gab einer der Zwillinge dazu. „Die sind am praktischsten! Dann kannst du auch Briefe nach Hause schicken und musst nicht eine von diesen ollen Schuleulen nehmen . . .“
    Skye erklärte gar nicht erst, dass es für sie etwas schwierig war, Briefe nach Hause zu schicken. Schließlich hatte Mr Weasley ja ausdrücklich betont, niemandem von dieser ganzen Zeitumkehrergeschichte zu erzählen.
    „Das klingt gut“, sagte sie nur. „Ich habe eben diesen Eulenladen gesehen. ‚Ilflops Eulenhaus’ oder so.“
    Die ganze Familie Weasley grinste etwas.
    „, Eeylops Eulenkaufhaus‘ “, verbesserte sie Mr Weasley. „Da gibt es eine tolle Auswahl. Wir haben da auch unsere Eule Errol her, musst du wissen.“
    „Ich will mitkommen!“, rief Ron mit leuchtenden Augen.
    „Gut, dann warten wir hier“, stimmte Mrs Weasley zu.

    Nicht viel später kamen die beiden Kinder wieder, aber Skye trug stolz einen Käfig in der Hand, in dem eine kleine Schleiereule hockte und vor sich hinschuhute. Sie schien aufgeregt über ihre neue Besitzerin und sah sich mit neugierigen Knopfaugen um.
    „Tada!“, rief Skye bei den Weasleys angekommen. „Darf ich vorstellen, das ist Twig!“
    „Gewählt mit fachmännischer Beratung!“, gab Ron stolz dazu.
    Mr Weasley lächelte.
    „Da habt ihr aber eine schöne Eule ausgesucht.“
    „Ja!“, antwortete Skye stolz. Sie war begeistert von Twig und fühlte sich nun ganz offiziell als Hexe, mit Haustier und allem drum und dran. Ron hatte ihr alles Mögliche über Eulen erzählt und zusammen hatten sie sich für die junge Schleiereule entschieden. Skye hatte ihm als Dank die Erlaubnis gegeben, auch mal Briefe mit Twig verschicken zu dürfen, denn mit seiner Ratte ging das ja schlecht.
    Mrs Weasley legte Skye eine Hand auf die Schulter.
    „Wir müssen jetzt aber langsam nach Hause, Kleines, tut uns leid . . . Aber den Rest schaffst du alleine. Siehst du da“ - sie zeigte auf ein unauffälliges Geschäft ein paar Häuser weiter -„kannst du deinen Zauberstab kriegen. Mr Ollivander wird dir schon helfen. Er kann zwar etwas exzentrisch sein, ist aber im Grunde sehr nett“
    „Nach Hause kommst du ganz einfach“, fügte ihr Mann noch hinzu. „Mach das Gleiche wie vorher, dann wird das schon.“
    Skye hatte natürlich den Wink mit dem Zaunpfahl verstanden. Sie würde wieder an diesem Rädchen drehen müssen.
    „Vielen Dank für die Hilfe“, sagte sie noch einmal und lächelte dankbar.
    „Kein Problem“, antwortete Mrs Weasley zwinkernd. „Ich denke, wir sehen uns dann noch am 31. bei der Fahrt nach Hogwarts. Du wirst das sicher finden.“
    „Viel Spaß bei Ollivander“, wünschten ihr die Zwillinge grinsend und Mr Weasley bedachte sie auf diese Aussage hin mit einem tadelnden Blick.
    „Tschüss dann. Und bis zur Fahrt!“, verabschiedete sich Skye.
    „Bis dann“, meinte auch Ron.
    Skye lächelte noch einmal, wendete sich dann ab und ging in Richtung des vorher genannten Zauberstabladens. Sie konnte noch Mrs Weasleys „Pass auf dich auf!“ hinter sich hören und musste lächeln. Skye freute sich schon auf ihren Schulanfang in Hogwarts. Sie hatte ein gutes Gefühl.

    Als sie vor dem Geschäft stand, hatte Skye plötzlich Zweifel, das alleine hinzukriegen. Der Laden war klein und hatte ein schäbiges Aussehen. Über der Tür konnte man nurnoch schwer den Schriftzug „Ollivander - Gute Zauberstäbe seit 382 vor Christus“ lesen und das Geschäft wirkte nicht sehr einladend.
    Zögerlich öffnete sie die Tür und trat ein. Im Gegensatz zu draußen war es recht still, nur irgendwo hörte sie leise ein Glöckchen ihr Betreten ankündigen. Die hölzerne Theke und die Regale an den Wänden, die mit tausenden Schachteln vollgestopft waren, alles hier war von einer dicken Staubschicht bedeckt.
    „Hallo?“, fragte Skye unsicher in die Dämmerung.
    „Guten Tag.“
    Sie zuckte zusammen, als sie den alten Mann bemerkte, der plötzlich an der Kasse lehnte. Dies musste Mr Ollivander sein. Er hatte große blaue Augen, die Skye aufgeweckt musterten, doch der Rest seines Körpers wirkte eher gebrechlich.
    „Ich . . . Ich möchte einen Zauberstab kaufen“, erklärte sie.
    „Da bist du hier richtig.“
    Er musterte sie durchdringend und sie hatte das Gefühl, der Zauberstabverkäufer konnte direkt in ihre Seele sehen.
    „Wie heißt du denn?“
    „Skye Thomas“, antwortete sie knapp.
    „Hm, Skye . . . Es ist lange her, seit jemand aus deiner Familie hier war . . . Edward Thomas . . . Espe und Phönixfeder . . . recht biegsam, aber dafür gute 14 Zoll lang . . . Dann schauen wir mal, was für dich passt.“
    Skye runzelte die Stirn. Aus ihrer Familie? Wie konnte das sein? Schließlich war sie doch gar nicht aus dieser Welt.
    Der alte Mann schnalzte kurz mit der Zunge und sofort kam ein Maßband herangeschossen, das um Skye herumwuselte und die seltsamsten Maße von ihr nahm.
    „Rechtshänder?“, erkundigte sich Ollivander, während er schon in den Regalen herumwühlte, verschiedene längliche Schachteln herauszog und betrachtete.
    „Ja.“
    Skye beobachtete begeistert, wie das Maßband nach Vollendung seiner Messungen Richtung Theke flog und sich zusammenrollte.
    Mr Ollivander kam auf sie zu und hatte einige Packungen in der Hand, die er einfach auf einem Stuhl ablud.
    Er packte ein paar Stäbe aus, die eigentlich recht gewöhnlich und für Skye nicht so wirklich nach Zauberstäben aussahen, sondern eher nach Holzstöcken, und murmelte dabei leise vor sich hin. Dann wendete er sich Skye zu und drückte ihr einen der Stäbe in die Hand.
    „Rosenholz und Einhornhaar, zehn Zoll“, erklärte er. „Schwing ihn einfach etwas.“
    Skye nickte und schwang den Zauberstab einmal kurz in der Luft. Ein paar klägliche Rauchwölkchen kamen aus der Spitze geschossen, zerfielen aber direkt wieder.
    Der Alte schüttelte den Kopf und suchte den Nächsten heraus.
    „Versuchen wir es mal mit Mahagoni und Drachenherzfaser, du scheinst etwas stärkeres zu brauchen . . .“, murmelte er, eher an sich selbst, als an Skye gerichtet, und reichte ihr dann den Stab.
    Sie schwang ihn wieder, diesmal etwas selbstbewusster, und hätte ihn fast wieder fallenlassen. Ein Knall ertönte und die dreckige Scheibe des Geschäfts zersprang. Neugierige Passanten starrten nun herein und beobachteten die rot werdende Skye, die den Stab schnell wieder zurücklegte.
    „Tsss“, machte Ollivander nur.
    Ihn schien die Zerstörung der Scheibe gar nicht so zu stören. Er wendete sich ab und kramte unter dem Stapel noch eine Packung hervor.
    „Eigentlich wollte ich diesen nicht so gerne ausprobieren . . . Wallnuss und Drachenherzfaser, elf Zoll. Nicht sehr biegsam und äußert stark. Eigentlich etwas für dunkle Magier . . .“
    Skye nahm den Zauberstab verunsichert an. Da sie nicht noch einmal solch einen Schaden anrichten wollte, schwang sie den Stab nur ganz leicht und hielt ängstlich den Atem an.
    Für einen kurzen Moment geschah nichts und Mr Ollivander wollte ihr den Zauberstab schon wieder aus der Hand reißen. Doch dann wurde er ganz warm in ihren Fingern, die den Stab umfassten und ein strahlendes, hellgoldenes Licht kam aus der Spitze. Es erhellte den ganzen Raum und sie musste die Augen zukneifen, um nicht geblendet zu werden. Als das Licht wieder verschwand, nickte der Mann zufrieden.
    „Sehr gut . . . Ein mächtiger Zauberstab. Aber nutze ihn nicht falsch . . . Das könnte schlimmes bedeuten . . .“
    Skye nickte und folgte dann dem Blick Ollivanders zum Fenster.
    Die Scheibe war wieder hergestellt und sah aus wie vorher.

    BILD: Skyes Schleiereule Twig

    4

    Kapitel 4: DER HOGWARTS-EXPRESS

    „Bis Montag!“, rief Alice einem Mädchen zu, während sie neben Skye darauf wartete, dass diese ihre Sachen verstaut hatte.
    Endlich war der Schultag beendet und es ging nun schnurstracks ins Wochenende.
    „Fertig“, sagte Skye, schulterte ihren Rucksack und folgte Alice durch die Gänge Richtung Ausgang.
    Lachende Schüler drängten sich an ihnen vorbei, Alice grüßte viele von ihnen, doch Skye blieb stumm. Sie war schon den ganzen Tag völlig in Gedanken. Übermorgen würde sie auf dem Weg nach Hogwarts sein, und Skye konnte es gar nicht mehr erwarten. Alles war schon genau geplant und sie war perfekt vorbereitet.
    „Was ist eigentlich los in letzter Zeit?“, fragte da Alice ganz plötzlich.
    Die beiden Mädchen liefen nebeneinander auf einem kleinen Pfädchen nach Hause.
    „Los sein? Was soll denn mit mir los sein?“ Skye war etwas überrumpelt von dieser Frage.
    „Naja . . . Du bist irgendwie so komisch ruhig geworden. Ständig scheinst du in Gedanken zu sein und reagierst oft einfach nicht, wenn man dich etwas fragt.“
    „Mit mir ist nichts los“, antwortete Skye.
    Sie musste besser aufpassen, um solche Unterhaltungen in Zukunft nicht noch mehr zu führen. Ob schon andere ihr Verhalten bemerkt hatten?
    „Das ist auch Charlotte und July aufgefallen, Skye.“
    „Du kannst ihnen sagen, dass mit mir nichts los ist und sie sich um ihren eigenen Kram kümmern sollen!“
    Das klang zwar etwas fieser, als Skye es eigentlich gemeint hatte, aber dennoch hoffte sie, dass Alice gemerkt hatte, dass sie schleunigst das Thema wechseln sollten.
    „Du musst ja nicht gleich so patzig werden! Irgendwas ist doch los. Du kannst es mir ruhig sagen, weißt du.“
    Alice sah ihre Freundin eindringlich an.
    Die beiden waren mittlerweile kurz vor der Kreuzung, wo sie sich immer trennten.
    „Ich habe es dir doch gesagt! Mit mir ist nichts! Kannst du mir das nicht einfach mal glauben?“
    „Nein!“ Alice blieb stehen und verschränkte die Arme. „Ich will dir doch nur helfen. Und es ist wirklich auffällig!“
    „Lass es einfach, okay? Ich habe darauf jetzt keine Lust . . .“ Skye warf Alice noch einen genervten Blick zu, drehte sich dann einfach um und bog zielstrebig in ihre Straße ein.
    Alice lief ihr nicht hinterher und Skye war das gerade recht so. Ja, vielleicht hatte sie ein wenig überreagiert, aber sie hasste solche Gespräche und obwohl Alice eigentlich ihre beste Freundin war, wollte sie trotzdem nicht so bearbeitet werden. Irgendwo gab es schließlich Grenzen.

    Skye schlich vorsichtig in ihr Zimmer und schnappte sich ihr Amulett vom Schreibtisch. Endlich war der große Tag gekommen. Sie hatte alles zusammengepackt, war eben zu ihren Eltern gegangen und hatte verkündet, sich mit Alice zu treffen, doch stattdessen war sie nicht das Haus verlassen und nur so getan.
    Jetzt war sie gerade wieder in ihr Zimmer gegangen.
    Unschlüssig stellte sie sich neben ihr Gepäck. Twigs Käfig stand auf dem Koffer und Skye war heilfroh, dass die Eule die Situation zu begreifen schien und stumm blieb. Die letzten paar Tage hatte sie es erfolgreich geschafft, die Eule unentdeckt im Gartenhaus zu halten und hatte es nun auch hingekriegt, Twig wieder ins Haus zu schmuggeln.
    Sie hängte sich die Kette mit dem Zeitumkehrer (oder wie auch immer sie dieses Ding nennen sollte) um ihren Hals. Jetzt musste alles schnell gehen.
    Um einiges entschlossener, als beim letzten Mal drehte sie an dem rechten der beiden Rädchen. Bevor sie wieder das Gefühl des Fallens spüren konnte, nahm sie schnell den Griff ihres Koffers und auch Twigs Käfig in die Hand und hielt beides fest umklammert.
    Dann spürte sie wieder das bekannte Kribbeln. Skye atmete noch einmal tief durch, kniff ihre Augen zu und spürte dann, wie der Boden unter ihr aufzugehen schien und sie nach unten fiel.

    Langsam machte Skye die Augen wieder auf und hätte vor Erleichterung am liebsten laut gejubelt. Alles hatte wie geplant geklappt. Sie stand etwas abseits auf einem Bahnsteig, überall standen Familien - und es waren sichtlich Zauberer, wie sie schnell an der Kleidung der Menschen erkennen konnte. „Gleis neundreiviertel“ konnte Skye auf einem Schild über ihr lesen. Das musste richtig sein. Heute morgen hatte sie ein Ticket auf ihrem Nachttischchen gefunden, auf dem genau dieses Gleis genannt war. Irgendwie verrückt, was ihre Kette alles machen konnte.
    Begeistert sah sie sich um. Das selbe Gefühl, das sie auch in der Winkelgasse gespürt hatte, war wieder da. In der Welt der Magie schien alles so unbefangen, so fröhlich. Nicht so karg, wie sie es aus der Muggelwelt kannte.
    Auf den Schienen stand schon eine Dampflok bereit, die auf einem Schild als „Hogwarts-Express“ bezeichnet wurde. Der Bahnsteig war voller Menschen, die beladen mit Koffern und Käfigen aufgeregt redeten. Kinder und Jugendliche liefen herum und es herrschte eine heitere Atmosphäre.
    Plötzlich pfiff es laut und Skye merkte, dass schon viele Schüler eingestiegen waren. Also tat sie es ihnen gleich, schließlich wollte sie nicht die Abfahrt nach Hogwarts verpassen.
    Sie wollte sich gerade mit ein paar anderen gepäckbeladenen Schülern durch die Tür quetschen, da hörte sie irgendwo ihren Namen. Skye sah sich um und bemerkte lächelnd Mrs Weasley, die neben einem kleinen rothaarigen Mädchen weiter weg stand und ihr fröhlich zuwinkte. Eigentlich wäre Skye noch zu ihnen gegangen, doch dafür schien die Zeit nicht mehr zu reichen. Also winkte sie nur zurück und musste grinsen, als Mrs Weasley ihr einen Daumen nach oben zeigte.
    Dann stieg sie endlich ein und drückte und schob sich durch die Gänge. Sie spürte, wie der Zug sich in Bewegung setzte und hörte gedämpfte Abschiedsrufe von Eltern und Kindern. Alles war voll von Schülern und Skye hatte schon Sorge, überhaupt noch einen Platz zu finden. Doch da lief sie an einem fast leeren Abteil vorbei. Nur ein braunhaariges Mädchen und ein kleiner, etwas rundlicher Junge saßen bisher dort. Beide schienen in Skyes Alter zu sein, also schob sie die Tür etwas schwerfällig auf und steckte den Kopf hinein.
    „Ist hier noch frei?“, erkundigte sie sich.
    „Ja, ist es. Aber mach die Tür wieder gut zu“, meinte das Mädchen.
    Sie hatte buschiges, braunes Haar und ihre Nase steckte in einem Schulbuch, doch Skye merkte, dass sie sie heimlich über den Rand hinweg beobachtete.
    Skye verräumte ihr Gepäck und setzte sich dann, den Blick aus dem Fenster gerichtet.
    Als würde sie es nicht mehr aushalten, klappte das Mädchen ihr Buch zu und musterte Skye und den Jungen interessiert.
    „Am besten reden wir mal etwas, sonst ist das doch wirklich seltsam. Ich bin Hermine Granger. Wie heißt ihr? Und sind eure Eltern magisch? Meine nicht, deshalb war diese ganze Hogwartssache recht spannend. Ich bin schon total aufgeregt wegen dem Schulbeginn!“
    „Ich bin Skye“ Sie lächelte leicht.
    Der dunkelhaarige Junge sagte nun auch etwas.
    „Neville Longbottom“, stellte er sich vor.
    „Ich bin gespannt auf die Lehrer!“, redete Hermine weiter. „Hoffentlich wird der Unterricht gut! Mum und Dad meinten, ich solle mir keinen Stress machen, aber vorsichtshalber habe ich schon vorgelernt. Schließlich ist das alles so neu und deshalb ist es, denke ich, sicherer, die Schulbücher auswendig zu kennen.“
    Selbst Skye, die normalerweise auch viel lernte, war etwas überrascht. Ja, sie hatte schon in den Büchern gelesen, aber sie auswendig zu lernen, hatte selbst sie nicht getan.
    „Für mich war das alles auch neu“, gab Skye hinzu. „Meine Eltern sind nicht magisch und ich hätte das anfangs fast nicht geglaubt.“
    „Ich wohne bei meiner Oma und deshalb wusste ich das schon . . . Bei mir in der Familie sind eigentlich alle Zauberer“, erklärte auch Neville mit etwas schüchterner Stimme.
    „Hast du auch ein Haustier?“, fragte Hermine an Neville gewandt. Twig hatte sie wohl schon gesehen. „Meine Eltern finden, dass ich noch damit warten soll, dabei hätte ich auch gerne ein Tier. Katzen zum Beispiel, die sind total süß.“
    Neville nickte. „Ja, aber nur eine Kröte . . . Sie heißt Trevor . . . Wartet, ich kann sie euch zeigen.“
    Er wühlte erst nur in seiner Tasche herum und suchte dann verwundert alles ab. Skye und Hermine beobachteten ihn gespannt, doch schnell wurde klar, dass seine Kröte nicht mehr an ihrem eigentlichen Platz war.
    „Oh nein! Trevor ist weg . . . Oma wird mich umbringen!“
    Neville sah ganz blass aus und schaute besorgt zu Hermine und Skye.
    „Keine Panik“ Skye tat der Junge leid. „Was hälst du davon, wenn wir deine Kröte Suchen gehen? Vielleicht hat jemand sie gesehen.“
    Hermine nickte zustimmend. „Wir könnten die anderen fragen. So weit kann sie ja nicht gekommen sein.“
    „Danke . . .“ Neville sprang auf. „Ständig büchst Trevor aus . . . Hoffentlich finde ich sie wieder.“

    Skye seufzte. Sie hatte jetzt schon in gefühlt tausend Abteilen nachgefragt, doch nirgendwo war eine Spur von Nevilles geliebter Kröte zu finden gewesen.
    Sogar an Rons Abteil war sie vorbeigekommen, er hatte dort ganz alleine mit einem dunkelhaarigen Jungen mit Brille gesessen und ihr durch die Scheibe zugewinkt. Eigentlich hatte sie auch bei den beiden Jungen nachschauen wollen, doch Hermine meinte, sie wäre schon vorher da gewesen und Ron und der Junge hätten keine Kröte gesehen. Dann hatte Hermine noch irgendwas von einem Harry Potter erzählt und war weitergerauscht.
    Skye fand Hermine im Grunde ganz nett, sie redete zwar wie ein Wasserfall und war sehr direkt, dennoch verstanden sich die beiden Mädchen bisher gut.
    Skye lief weiter und suchte nach Abteilen, wo die drei noch nicht nachgefragt hatten. Sie hoffte für Neville, dass er seine Kröte wiederfinden würde, doch in solch einer riesigen Lok schien das schier unmöglich.
    Mittlerweile war sie in einen Teil des Wagens gekommen, in dem sie noch nicht nachgeschaut hatte.
    Leise seufzend schob sie die erste Abteiltür auf. Eine Gruppe Kinder in ihrem Alter saßen da, es waren drei Jungen und zwei Mädchen. Sie lachten über irgendetwas, wendeten sich dann aber Skye zu.
    „Was ist?“, fragte eines der Mädchen.
    „Hey . . . Ich wollte nur fragen, ob ihr zufälligerweise eine Kröte hier irgendwo gesehen habt? Jemand hat sie verloren.“
    Alle in der Gruppe grinsten leicht, scheinbar schien sie die Vorstellung einer Kröte als Haustier sehr zu amüsieren.
    „Nein, haben wir nicht. Also tschüss, okay?“, meinte einer der Jungen in einem patzigen Tonfall. Er hatte ein fahles Gesicht und weißblonde Haare.
    „Krieg dich mal wieder ein“ Skye konnte nicht anders, als die Augen zu verdrehen. Eigentlich versuchte sie, freundlich zu anderen zu sein, doch solch ein Verhalten war einfach nur blöd.
    „Ach komm schon, jetzt sei doch nicht so“, meinte das andere Mädchen grinsend in Richtung des Jungen.
    „Ja, ist schließlich nicht so, als hätte ich dich nach deiner Kreditkartennummer oder so gefragt“ Skye schnaubte.
    „Ich komm’ schon klar, Pansy, danke“, giftete der blasse Junge zurück. „Was zur Hölle ist eine Kreditkarte?“
    Skye seufzte. Natürlich. Sie war hier in der Welt der Magie. Da kannte man keine Kreditkarten. „Vergiss es . . .“, meinte sie nur und dann knallte sie die Abteiltür einfach wieder zu.
    Was war denn mit denen los? Sie hatte doch nur ganz normal gefragt . . .
    Kopfschüttelnd lief Skye weiter, obwohl sie noch die Blicke der Gruppe auf sich spüren konnte. Hoffentlich würde sie in Zukunft nicht auf noch mehr solcher Schüler treffen.

    „Hier ist es genau so, wie ich es gelesen habe!“, erklärte Hermine begeistert. Sie, Skye und Neville standen zusammen auf dem Bahnsteig und warteten, bis alle Schüler ausgestiegen waren. Ihr Gepäck war noch im Zug, in einer Durchsage wurden sie darüber informiert, dass es in die Schule gebracht werden würde.
    Mittlerweile war es Abend und eine kühle Brise ließ Skye frösteln.
    „Erstklässler! Erstklässler bitte zu mir!“, rief plötzlich eine dunkle Stimme über die Schülerschaft und auch der Schein einer Lampe erhellte die Umgebung.
    Neville, Hermine und Skye folgten der Stimme und standen bald vor einem riesigen Mann, dessen Gesicht nur wenig unter dem dichten Bart zu erkennen war.
    „Das ist eine Riese oder ein Halbriese“, flüsterte ihr Hermine ins Ohr.
    Sie konnte es einfach nicht lassen, andere zu belehren.
    Skye nickte fasziniert. Der Mann sah ungepflegt, aber freundlich aus. So hatte sie sich Riesen eigentlich nicht vorgestellt.
    „Noch irgendwo Erstklässler? Nein? Dann kommt mal mit!“
    Die vielen Kinder folgten dem Mann über einen holprigen Pfad, bis sie schließlich an das Ufer eines Sees kamen.
    Skye klappte der Mund überrascht auf. Auf einem Berg auf der anderen Seite des Sees thronte ein riesiges Schloss. Es war von winzigen Türmchen übersät und aus den vielen Fenstern drang warmes Licht. Das musste Hogwarts sein.
    Der Riese ließ den Erstklässlern nicht viel Zeit zum Staunen und kommandierte sie in Boote, die sie wohl über den See bringen sollten.
    Skye hatte auch Ron wiederentdeckt und stieg zu ihm und seinem schwarzhaarigen Freund ins Boot, gefolgt von Hermine. Während der Fahrt erfuhr Skye auch, dass Rons Freund Harry hieß, sie erzählte von dem blonden Jungen und seinem Gefolge, mit dem Ron und Harry wohl auch schon schlechte Erfahrungen gemacht hatten und kannte bei ihrer Ankunf auch den Namen des Riesens, der Hagrid hieß.
    Während die Kinder aus den Booten stiegen, fand Neville dank Hagrid auch seine Kröte wieder. Dann gingen sie noch ein Stück, bis sie schließlich vor dem riesigen Tor des Schlosses ankamen.
    Hermine erzählte derweil einige Fakten über Hogwarts („Wusstest du, dass es früher in Hogwarts ein Fach für schwarze Magie gab? Seit Albus Dumbledore Schulleiter ist, gibt es nurnoch Verteidigung gegen die dunklen Künste.“) und zusammen staunten sie über die unglaublichen Ausmaße der Schule.
    „Alle da?“
    Hagrid sah sich noch einmal prüfend um, schien zufrieden und klopfte dann dreimal so gewaltig an das Tor, dass es leicht zitterte.
    Und sogleich öffnete es sich.

    BILD: Alice Smith mit elf Jahren

    5

    Kapitel 5: DER SPRECHENDE HUT

    Das Geflüster der Erstklässler verstummte schlagartig, als eine streng aussehende Hexe das Tor öffnete. Sie hatte schwarze Haare, trug einen wallenden grünen Umhang und blickte nun mit einem prüfenden Blick auf die Kinder herab. Nachdem Hagrid die Erstklässler der Frau (Professor McGonagall war ihr Name) übergeben hatte, folgten die Schüler ihr durch eine große, von Fackeln beleuchtete Halle, von der aus Marmortreppen in die oberen Stockwerke führte.
    Alle schauten sich beeindruckt um, so auch Skye. Das Schloss war wirklich riesig, aber dennoch nicht einschüchternd, sondern wirkte durch das warme Licht eher einladend.
    Professor McGonagall führte sie in eine kleine Kammer neben einer Halle, durch dessen Türe man schon die Stimmen vieler Schüler hören konnte.
    „Willkommen in Hogwarts“, sagte die hochgewachsene Hexe. „Das Bankett zur Eröffnung des Schuljahrs beginnt in Kürze, doch bevor ihr eure Plätze in der Großen Halle einnehmt, werden wir feststellen, in welche Häuser ihr kommt.“
    Dann erklärte sie den gespannt lauschenden Kindern etwas über die vier Häuser Gryffindor, Slytherin, Ravenclaw und Hufflepuff und den Hauspokal, den man mit Punkten gewinnen konnte.‘
    Nach dieser Erläuterung verließ sie die Kammer und ließ die nun aufgeregt redenden Schüler zurück.
    „Wie legen die denn die Häuser fest?“, fragte Harry das, was Skye auch schon beschäftigte.
    Ron erzählte etwas von haarsträubenden Prüfungen und Skye wurde noch nervöser, als sie sowieso schon war. Hermine für ihren Teil schien sich darauf zu freuen, endlich ihr Wissen einsetzen zu können und murmelte Zaubersprüche vor sich hin.
    Professor McGonagall kam dann endlich wieder zurück und führte die aufgeregten Erstklässler mit einem strengen Blick in die Große Halle.
    Die Große Halle hieß zurecht so, sie hatte wirklich riesige Ausmaße. An vier langen Tischen saßen viele Schüler, die die Erstklässler neugierig beäugten. Über den Schülern schwebten tausende Kerzen und es gab noch einen langen Tisch vorne, an dem Lehrer saßen. Die hohe Decke schien sich geöffnet zu haben, denn ein Sternenhimmel war zu sehen, der so echt schien, dass man denken konnte, es gäbe gar keine Decke.
    Skye war es unangenehm, in die vielen neugierigen Gesichter der Schüler an den Tischen zu schauen und beobachtete deshalb nur Professor McGonagall, die einen etwas älteren und verschlissenen Spitzhut hervorholte. Skye dachte erst, sie würde ihn jetzt aufsetzen, doch zu ihrer Verwunderung legte sie ihn nur auf den Stuhl, den sie eben vor die Erstklässler gestellt hatte.
    Erst herrschte Stille und Skye fragte sich schon, was sie jetzt machen müssten.
    Doch da öffnete sich ein Riss an der Krempe und zum Erstaunen der Neuen begann der abgenutzte Hut zu singen.

    Nervös zupfte Skye am Ärmel ihres Umhangs herum. Durch das Lied des Hutes hatte sie erfahren, dass man für die Einteilung zwar nicht Zaubertricks vollführen oder - wie Ron erst dachte - Trollkämpfe bestreiten müsse, sondern nur den Hut aufsetzen solle. Dennoch war sie aufgeregt, man konnte ja nie wissen, was das für Haken in der Welt der Magie hatte.
    Bisher hatte sie noch nicht wirklich an ihr Zuhause gedacht. Skye hatte sich in diese Situation hineingeritten und wusste nun nicht, was sie tun sollte. Sie hoffte, noch mit einem Lehrer sprechen zu können, denn auch diese ganze Weltensache hatte sie noch immer nicht richtig verstanden.
    Skye wendete den Blick wieder zum Stuhl, denn Professor McGonagall begann, Schüler aufzurufen, die alle recht aufgeregt schienen, zu dem Stuhl rannten und den Hut aufgesetzt bekamen. Bei manchen dauerte es länger, bei anderen ging es ganz schnell, bis der Hut sein Urteil verkündete.
    Skye kannte nicht viele der aufgerufenen Schüler, außer Vincent Crabbe und Gregory Goyle, die Jungen die auch im Abteil des Fieslings gesessen hatten und beide nach Slytherin kamen.
    Hermine neben ihr hibbelte aufgeregt herum, bis dann endlich auch sie nach vorne gerufen wurde.
    Ihr wurde der Hut aufgesetzt, es herrschte kurz Stille und Skye beobachtete das Ganze gespannt.
    „GRYFFINDOR!“, verkündete der Hut dann, Hermine sprang fröhlich auf und setzte sich unter Beifall der anderen Gryffindors an ihren Haustisch.
    Skye war es gewohnt, durch ihren Nachnamen immer ziemlich spät an die Reihe zu kommen, doch das machte ihre Aufregung nicht gerade besser. Die Einteilung schien sich ewig lange hinzuziehen.
    Nach Hermine wurde noch die Freundin („Greengrass, Daphne!“) von dieser Pansy aufgerufen, die natürlich ebenso nach Slytherin kam.
    Neville wurde auch bald aufgerufen und kam nach Gryffindor, wo ihn Hermine schon freudig applaudierend erwartete.
    Dann kamen noch zwei aus dem Zug dran, Draco Malfoy (der blonde Junge) und Pansy Parkinson, die genauso wie der Rest ihrer Clique nach Slytherin eingeteilt wurden.
    Skyes Aufregung wurde immer größer, genauso wie die von Harry, der ganz bleich neben ihr stand und die anderen beobachtete.
    „Potter, Harry!“, rief dann Professor McGonagall.
    Harry lief schüchtern zum Stuhl, er fühlte sich sichtlich unwohl unter der ganzen Tuschelei, die bei der Nennung seines Namens sichtlich lauter wurde. Er setzte sich und bekam den Hut aufgesetzt. Die Spannung im ganzen Raum war deutlich zu spüren. Alle schienen wohl Harry Potter in ihrem Haus haben zu wollen.
    Lange Zeit passierte nichts, der Hut stand wohl vor einer schweren Entscheidung. Ron warf ihr einen besorgten Blick zu, aber Skye zuckte nur mit den Schultern.
    „GRYFFINDOR!“, rief dann der Hut endlich und sofort entstand lauter Applaus am Tisch der Gryffindors, die Harry bejubelten, während er nervös lächelnd zu ihnen ging und sich setzte.
    Je mehr Erstklässler aufgerufen wurden, desto beunruhigter wurde Skye. Was wäre, wenn das alles gar nicht stimmte und sie überhaupt nicht eingeteilt werden würde? All ihre Freunde waren bisher nach Gryffindor gesteckt worden und sie musste zugeben, dass sie dort auch ganz gerne hinkommen wollte.
    „Thomas, Dean!“, rief McGonagall und Skye wollte schon nach vorne laufen, als sie verwundert bemerkte, dass ein Junge sich auf den Weg machte. Skye kannte ihn nicht und fragte sich direkt, ob er etwas mit ihr zu tun hatte, schließlich hatten sie den gleichen Nachnamen. Es verwunderte sie ein wenig, aber vielleicht war es auch nur ein Zufall, sagte sie sich. Der Junge kam nach Gryffindor und Skye wusste, dass sie jetzt an der Reihe sein musste, wenn hier nicht noch jemand Thomas hieß.
    Aber nun war es endlich soweit.
    „Thomas, Skye!“, rief McGonagall und sah sich suchend um.
    Skye lief mit weichen Knien nach vorne. Der Hut wurde ihr aufgesetzt und sie wartete nervös.
    „Hm, hm . . . Einen interessanten Charakter hast du . . . Es steckt mehr dahinter, als gedacht . . .“
    Skye blieb stumm.
    „Was meinst du denn?“, erkundigte sich der Hut und Skye war etwas überrascht.
    „Ist das nicht eigentlich dein Job?“, flüsterte sie intuitiv und bereute es ein paar Sekunden später schon wieder. Jetzt würde sie wahrscheinlich gar nicht eingeteilt werden.
    Sie hörte das kratzige Lachen des Hutes in ihrem Kopf.
    „Natürlich . . . Ich denke mal, dann ist RAVENCLAW das Beste für dich!“
    Skye merkte, wie er ihr Haus laut verkündete. Sie atmete tief durch, stand mit immer noch etwas weichen Knien auf und ging in Richtung Ravenclaw-Tisch, der schon applaudierte und jubelte. Von den Gryffindors aus sah sie Hermine, Harry und Neville, die in ihre Richtung lächelten.
    Sie war nicht nach Gryffindor gekommen, aber Skye sagte sich, dass das gar nicht so schlimm sei. Sie könne ja noch immer mit den anderen reden.
    Und irgendwie gefiel ihr ihr Haus auch. Sie erinnerte sich an das Lied des Sprechenden Hutes.
    „Bist du geschwind im Denken, gelehrsam auch und weise, dann machst du dich in Ravenclaw, so wett ich, auf die Reise“, so hatte es der Hut gesungen.
    Auch Hermine hatte gesagt, dass sie Ravenclaw mochte und so fand Skye, dass sie es ja eigentlich noch gut erwischt hatte.
    Sie setzte sich neben ein asiatisch aussehendes Mädchen mit langen, schwarzen Haaren, die schon etwas älter schien und ihr freundlich zulächelte. Dann richtete sie den Blick wieder nach vorne.
    Noch ein paar andere Schüler wurden eingeteilt, doch keiner kam nach Ravenclaw, weshalb Skye schon mit ihren Gedanken an einem ganz anderen Ort war.
    Als ihre Mitschüler am Tisch plötzlich wieder anfingen zu jubeln, wurde Skye etwas aufgeschreckt.
    Ein breit grinsendes Mädchen hüpfte in ihre Richtung und klatschte am Ravenclaw-Tisch angekommen ein paar von den älteren Schülern ab, darunter auch die Asiatin neben Skye.
    „Seht ihr, ich hab‘s geschafft!“, verkündete sie stolz und ließ sich rechts von Skye auf die Bank fallen. „Du kannst mich nie mehr dumm nennen, Emma!“ Das war an ein auch etwas älteres Mädchen gerichtet, dass die gleichen dunkelbraunen Haare und grau-grünen Augen wie die Erstklässlerin hatte und lachte.
    Die Jüngere musterte Skye neugierig.
    „Du bist auch neu, oder?“, erkundigte sie sich. „Ich bin übrigens Betty.“
    „Freut mich“ Skye erwiderte das Grinsen des Mädchens. „Ich bin Skye.“
    Dann sah sie wieder nach vorne, denn Ron wurde aufgerufen und noch ehe der Hut seinen roten Haarschopf ganz berührt hatte, wurde er nach Gryffindor gesteckt.
    Betty beobachtete das Ganze. „Ich wusste gar nicht, dass es so viele von den Weasleys gibt“, meinte sie. „Alles Gryffindors. Das ist ja schon fast so wie bei uns.“
    „Wie meinst du das?“, fragte Skye neugierig.
    „In unserer Familie sind alle Ravenclaws, schon seit Generationen. Meine Schwester Emma“ - sie zeigte auf das ältere braunhaarige Mädchen - „ist in der 2. Klasse. Ich dachte eigentlich nicht, dass ich nach Ravenclaw komme, aber so wie es aussieht, habe ich die Familienehre der Warringtons nicht beschmutzt“ Sie grinste schelmisch. „Und das sind Emmas coole Freundinnen Cho und Marietta“ Sie deutete auf das asiatische Mädchen neben Skye und dann auf ein anderes gegenüber von Cho, die hübsche rotblonde Locken hatte.
    Bettys große Schwester verdrehte die Augen. „Du bist wirklich nicht fähig, auch nur eine Minute die Klappe zu halten.“
    Betty streckte ihr die Zunge heraus und wendete sich dann anklagend an Skye. „Siehst du, wie ich hier runtergemacht werde? Irgendwann kriege ich da sicher Depressionen oder so von . . .“
    Skye grinste. Betty erinnerte sie an Alice, und irgendwie gefiel ihr das. Sie fand es sympathisch.
    „Und du?“, erkundigte sich Betty dann. „Hast du hier Geschwister?“
    „Ne“ Skye schüttelte den Kopf. „Meine Eltern sind Muggel und ich bin Einzelkind. Deshalb ist das auch alles ziemlich neu und - ehrlich gesagt - auch ganz schön schräg für mich.“
    Betty nickte wissend und lehnte sich dann verschwörerisch zu Skye. „Ich habe dich eben mit Harry Potter gesehen! Kennst du den? Wie ist er?“
    Skye runzelte die Stirn. Harry schien eine wirkliche Berühmtheit zu sein. „Naja, eigentlich ganz normal. Eben wie alle hier . . . Ihm scheint die ganze Aufmerksamkeit ja auch nicht so zu gefallen.“
    „Hm . . .“ Betty sah zum Gryffindor-Tisch hinüber. „Ich muss auch ehrlich sagen, dass ich ihn mir hübscher vorgestellt hätte“, meinte sie schulterzuckend, worauf sie von Cho eine Kopfnuss kassierte.
    „Hey!“, beschwerte sich Betty. „Ich bin nur ehrlich.“
    Skye musste grinsen.Sie fühlte sich schon als richtige Hogwarts-Schülerin, es kam ihr vor wie ein Zuhause.
    Da richteten sich alle Blicke nach vorne, denn die Einteilung schien nun beendet zu sein und der weißhaarige Mann, der am Lehrertisch in der Mitte saß, erhob sich.
    „Willkommen!“, rief er mit weit ausgebreiteten Armen. „Willkommen zu einem neuen Jahr in Hogwarts! Bevor wir mit unserem Bankett beginnen, möchte ich ein paar Worte sagen. Und hier sind sie: Schwachkopf! Schwabbelspeck! Krimskrams! Quiek! Danke sehr!“
    Alle begannen wie verrückt zu klatschen, so auch Betty.
    Als sich der Applaus wieder gelegt hatte, lachte Betty immer noch.
    „Wow, Dumbledore ist wirklich ein rhetorisches Genie!“, sagte sie grinsend und Skye schaute etwas verwirrt nach vorne zu dem alten Mann, der nun eine angeregte Unterhaltung mit dem kleinen Lehrer rechts von sich führte.
    Und als Skye wieder zum Tisch schaute, wollte sie aus dem Staunen gar nicht mehr herauskommen.
    Die Tische waren beladen mit Essen und die vor ihnen stehenden Teller und Trinkkelche aus Gold schienen nur darauf zu warten, benutzt zu werden.
    „Na dann, Mahlzeit!“, sagte Betty und lud sich Kartoffeln auf den Teller.

    „Oh, Gott, ich glaube, ich schaffe das nicht mehr zum Turm“, meinte Betty stöhnend, während sie sich neben Skye die Treppen hochschleppte.
    „Ich trage dich ganz sicher nicht!“, sagte diese lachend.
    Die zwei Mädchen folgten zusammen den anderen Erstklässlern, die angeführt von einer Ravenclaw-Vertrauensschülerin die vielen Marmortreppen Richtung Turm hochstapften.
    Auch Skye war etwas müde. Sie hatte zwar nicht so viel Essen wie Betty in sich hineingestopft, war aber dennoch voll und in einer eher schläfrigen Stimmung.
    Während dem Bankett hatte sie noch den Hausgeist der Ravenclaws kennengelernt (Skye hatte die Tatsache, dass es Geister in Hogwarts gibt, relativ leicht aufgenommen), die Graue Dame, die ein paarmal über dem Ravenclaw-Tisch hin- und herschwebte, die Erstklässler begutachtete, sich dann aber wieder zurückzog. Die junge Frau in dem wallenden Kleid, mit den langen Haaren und wehmütigen Blick, schien eher zurückhaltend zu sein.
    Nachdem sie dann unter der Leitung des Schulleiters Albus Dumbledore die Schulhymne („Hogwarts, Hogwarts, warzenschweiniges Hogwarts, bring uns was Schönes bei . . .“) gesungen hatten, war das Bankett endlich beendet und sie wurden von ihrer Vertrauensschülerin in den Ravenclaw-Turm geführt, in dem sie fortan wohnen würden.
    „Da sind wir“, meinte das blonde Mädchen und machte vor einer Tür halt.
    „Wenn man täglich so eine Treppensteigerei ertragen muss, braucht man keinen Sport mehr machen . . .“, flüsterte Betty Skye zu.
    Diese nickte nur und musterte neugierig die Tür. Sie hatte keine Klinke und war nur aus glattem Holz, jedoch prangte in der Mitte ein bronzefarbener Türklopfer in der Form eines Adlers.
    Die Vertrauensschülerin klopfte ein Mal und erst passierte nichts, doch dann öffnete der Adler den metallenen Schnabel und sprach in einer seltsam sanften Stimme.
    „Wer es macht, der sagt es nicht,
    Wer es nimmt, der kennt es nicht,
    Wer es kennt, der nimmt es nicht.
    Was ist es?“

    Das Mädchen überlegte kurz und antwortete dann mit sicherer Stimme: „Gift, denke ich.“
    Der Adler nickte zufrieden mit dem Kopf und die Tür öffnete sich.
    Während die Vertrauensschülerin die Erstklässler in den Raum lotste, erklärte sie: „Die anderen Häuser haben einfache Passwörter, wir jedoch müssen Rätsel beantworten. Dadurch lernt man auch etwas. Wenn ihr die Lösung mal nicht wisst, müsst ihr auf den nächsten warten, der euch dann vielleicht Eintritt verschaffen kann.“
    Skye sah sich beim Eintreten fasziniert um. Der große Raum war luftig und die hohe, kuppelförmige Decke, die mit Sternen bemalt war, ließ einen erkennen, dass sich der Gemeinschaftsraum (wie die Vertrauensschülerin ihn nannte) in einem Turm lag. Blaue und bronzefarbene Seidenbanner hingen an den Wänden, die zu dem mitternachtsblauen Teppich passten, auf den Sterne, wie die an der Decke, gestickt waren. Große Bogenfenster ermöglichten einem einen guten Blick über das Gelände, der bei Tag sicher noch besser war. Gemütliche blaue Sessel standen überall herum, ebenso wie Bücherregale und ein paar Tische. Es gab auch einen Kamin, der den Raum in ein wohliges Licht tauchte. Besonders auffällig war die weiße Statue einer schönen Frau, die in einer Nische stand.Sie schien mit einem spöttischen Lächeln auf die jungen Schüler herunterzusehen und Skye konnte auf ihrem Sockel die Worte „Witzigkeit im Übermaß ist des Menschen größter Schatz“ lesen.
    Die Vertrauensschülerin führte die begeisterten Erstklässler in ihre Schlafräume, die man über vom Gemeinschaftsraum ausgehende Wendeltreppen erreichte. Dort angekommen konnten die Mädchen ihr Gepäck vorfinden. Betty ließ sich direkt erschöpft auf das nächstbeste Bett fallen und Skye reservierte sich das neben ihr.
    Der Raum war sehr gemütlich und heimelig. Alles war ganz in dunkelblau eingerichtet, die Vorhänge der großen Himmelbetten und sogar die flauschigen Teppiche hatten diese Farbe.
    Skye widmete sich nun Twig, der aus seinem Käfig gelassen worden war und auf der Fensterbank neben zwei anderen Eulen hockte. Sie streichelte der Schleiereule behutsam über das weiche Gefieder, da erst bemerkte sie einen kleinen Zettel, der in seinem Schnabel steckte. Sie zog ihn vorsichtig heraus und rollte das Stück Pergament auseinander.

    Skye,

    ich treffe dich heute Nacht in meinem Büro. Es ist ganz nah beim Ravenclaw-Turm, du musst nur den großen Wasserspeier finden. Das Passwort ist „Kürbispastete“.
    Pass auf, dass dich niemand bemerkt und warte noch, bis deine Mitbewohnerinnen eingeschlafen sind.

    Prof. Albus Dumbledore


    Skye runzelte verwundert die Stirn. Was wollte der Schulleiter von ihr? War es wegen ihrer Kette?
    Seufzend setzte sie sich auf die Decke. Sie war müde, aber ins Bett gehen konnte sie jetzt leider noch nicht.

    BILD: Betty (Elizabeth) Warrington mit elf Jahren

    6

    Kapitel 6: DER ZEITUMKEHRER

    Langsam richtete Skye sich auf. Irgendwo im Raum schnarchte jemand leise und die Geräusche leichten Regens waren von draußen zu hören, aber sonst herrschte Stille.
    So leise wie möglich stand sie von ihrem Bett auf und richtete die Decke so an, dass es aussah, als läge jemand noch darunter. Dann zog sie unter ihrem Bett ein Bündel hervor. Es war ihr Umhang, den sie vorher unauffällig aus dem Koffer genommen und unter dem Bett versteckte hatte. Sie zog ihn über ihren Pyjama an, schnappte sich ihre Schuhe und schlich Richtung Tür.
    Sie war froh, dass Sue, eine ihrer Mitbewohnerinnen, die Eulen noch herausgelassen hatte, sonst würden diese nun sicher Lärm machen.
    Erleichtert atmete Skye auf, als sie sicher und unbemerkt aus dem Zimmer gekommen war. Sie stieg vorsichtig die Wendeltreppe zum Gemeinschaftsraum herunter und schob die hölzerne Tür auf, wobei es kurz knarzte.
    Der Gemeinschaftsraum war vollkommen leer, alle schienen zu schlafen. Das Feuer im Kamin war fast ganz heruntergebrannt und spendete nurnoch wenig Licht.
    Skye zog sich ihre Schuhe an und wollte gerade weitergehen, da bemerkte sie etwas. Vor dem Fenster schwebte ein perlweißer Geist, der nach draußen in den Regen blickte. Skye beobachtete ihn kurz.
    Es musste die Graue Dame sein, sie hatte das selbe Kleid und langen Haare. Aber sie war so vertieft in ihren Gedanken, dass sie Skye gar nicht bemerkte. Also nutzte diese die Gelegenheit und schlich weiter. Sie hielt sich schon für höchst erfolgreich und war fast an der Tür zum Gang angekommen, da schien die Graue Dame sie zu entdecken.
    „Warte“, sagte sie in einer sanften Stimme, die einen traurigen Unterton hatte.
    Skye blieb ertappt stehen.
    „Wo willst du hin zu so später Stunde?“, erkundigte sich die Frau.
    „Ich . . .“ Skye überlegte. Sollte sie es verraten? Eigentlich hatte Dumbledore sie davor gewarnt. „Ich muss noch zu Professor Dumbledore“, erklärte sie dann. Den genauen Grund nannte sie zwar nicht, aber vielleicht reichte das dem Geist ja schon aus.
    „Weißt du, wo sein Büro ist?“
    Die Graue Dame musterte das Mädchen etwas misstrauisch. Mit ihrem Umhang über dem Schlafanzug und der schuldbewussten Miene sah sie aus, als hätte sie etwas Verbotenes vorgehabt.
    „So ungefähr . . .“
    „Du bist Erstklässlerin. Eigentlich kannst du es gar nicht wissen.“
    „Hm . . .“ Skye fühlte sich ertappt. Die Frau wusste wirklich gut Bescheid.
    Da kam ihr eine Idee.
    „Können Sie mir denn helfen?“, fragte Skye.
    Alleine würde die Suche nach dem Büro wahrscheinlich lange dauern, Dumbledores Beschreibung war schließlich nur sehr vage gewesen.
    Die Graue Dame schien ihre Antwort abzuwiegen und blieb erst stumm. Dann nickte sie und ein erleichtertes Lächeln stahl sich auf Skyes Gesicht.

    Bei Nacht waren die Gänge von Hogwarts doch um einiges gruseliger, das musste Skye zugeben. Es brannten nurnoch wenige Fackeln an den steinernen Wänden und sie war froh, dass die Graue Dame neben ihr schwebte und Skye das Gefühl gab, nicht vollkommen alleine zu sein.
    „Da sind wir.“
    Der Geist machte vor einem steinernen Wasserspeier halt, der durch seine Größe und die Schatten auf der Oberfläche bedrohlich auf Skye wirkte.
    „Danke.“
    Sie lächelte dem Hausgeist zu. Dieser verneigte sich leicht und schwebte dann davon. Die Graue Dame schien zwar nicht sehr gesprächig zu sein, aber wirkte sehr intelligent. Was ihr wohl zugestoßen war, dass sie sich nun so trübselig verhielt?
    Skye sah der Frau noch kurz hinterher.
    „Passwort?“, schnarrte da eine dunkle Stimme.
    Skye zuckte zusammen und wich ein paar Schritte zurück.
    Der geflügelte Wasserspeier, er hatte gesprochen!
    „K . . . Kürbispaste“, brachte Skye hervor.
    Von sprechenden Steinen hatte sie noch nichts gehört und beobachtete jetzt etwas ängstlich den Wächter. Wenn Statuen in der Zauberwelt reden konnten, konnten sie sicher auch zubeißen.
    Aber anstatt sie anzugreifen, schien der Wasserspeier das Passwort zu akzeptieren und gab eine enge Wendeltreppe frei.
    Beeindruckt wollte Skye hinaufgehen, doch als sie die erste Stufe betrat, fing die Treppe an, sich zu bewegen, ganz von selbst. Langsam begann sie sich aufwärts zu winden. Skye hielt das Geländer fest umklammert und ihre Bewunderung für die magische Welt wurde immer größer. Was waren da schon Rolltreppen gegen?
    Oben angekommen stand sie vor einer großen Holztür, an die sie vorsichtig klopfte. Der Türklopfer, der aussah wie ein Greif, schien sie anzustarren und Skye fühlte sich etwas unwohl.
    Niemand öffnete.
    Sie seufzte. Irgendwann wollte sie doch auch mal etwas Schlaf bekommen.
    Sollte sie einfach so eintreten? Skyes Hand ruhte zögerlich auf der Klinke. Der Schulleiter schien nicht sehr streng zu sein, da wäre das sicher nicht so dramatisch.
    Mit diesem Gedanken drückte Skye die schwere Tür auf und betrat staunend das große Büro. Es war ein geräumiger Raum, erfüllt vom Knistern des Kaminfeuers und Surren einiger seltsamer Geräte, die auf verschiedenen Tischen überall herumstanden. An den Wänden gab es viele Regale mit interessant aussehenden Büchern, außerdem hingen im ganzen Raum Porträts vieler Zauberer und Hexen, die seltsamerweise aber alle schlafend abgebildet waren.
    Gefesselt von den vielen magischen Artefakten sah Skye sich um und bemerkte erst spät eine große Vogelstange neben der Tür, auf der aber kein Tier saß. Nur ein kleines Häufchen dampfender Asche lag darunter und Skye konnte nicht anders, als sich zu fragen, ob Dumbledore wohl Raucher war.
    „Guten Abend, Skye“, schreckte sie plötzlich eine Stimme auf und sie drehte sich etwas schuldbewusst um.
    Der Schulleiter war plötzlich aufgetaucht und lehnte nun an einem der Tische mit den Messgeräten.
    „Tut mir leid, dass ich schon reingegangen bin, aber Sie waren nicht da und . . .“, begann Skye sich zu entschuldigen.
    „Keine Sorge, das dachte ich mir“ Der Professor lächelte und die vielen Falten um seine wachsamen blauen Augen traten deutlich hervor.
    „Warum wollten Sie mich überhaupt sprechen?“
    „Was meinst du denn?“
    Skye seufzte innerlich. Das gleiche hatte schon der Hut gesagt. Sie wollte doch nur Antworten, aber alle stellten es so da, als wüsste sie es selber schon. Aber Dumbledore hatte diesmal Recht. Sie konnte es sich schon denken.
    „Wegen dem Amulett. Oder?“
    „Ja“ Dumbledore nickte.
    „Da kann ich gar nichts für! Es war einfach in diesem Brief und . . .“
    „Das weiß ich. Weißt du auch warum?“
    „Nein“, musste Skye zugeben. Die Frage nach dem Warum war immer die schwierigste. „Um ehrlich zu sein, bin ich mir noch immer nicht sicher, ob Sie da richtig liegen. Ich, eine Hexe. Ich komme doch noch nicht einmal aus dieser Welt.“
    Dumbledore musterte sie über die Gläser seiner Halbmondbrille genau und Skye hatte das Gefühl, geröntgt zu werden.
    „Ist dir denn noch nie etwas Magisches passiert?“, fragte er.
    Skye überlegte kurz. „Wie soll ich wissen, wann etwas magisch ist? Wenn es für mich Alltag ist, dann kann ich es doch gar nicht merken.“
    „Eine interessante Überlegung . . . Ich glaube, ich werde dir eine Geschichte erzählen müssen.“
    „Eine Geschichte?“ Skye runzelte etwas verwirrt die Stirn. Da kam ihr eine Idee. „Kann es sein, dass ich etwas mit diesem Dean Thomas zu tun habe?“
    Dumbledore lachte herzlich. „Auch in dieser Welt können Nachnamen öfter vorkommen. Nein, das ist Zufall. Aber ein sehr amüsanter.“
    „Gut . . .“
    „Du kannst dich übrigens setzen“, erklärte ihr der Schulleiter dann und zeigte auf einen samtbezogenen Stuhl vor einem Regal.
    Gefolgsam trottete Skye dorthin und ließ sich nieder.
    „Gut, wie soll ich beginnen . . .“ Der alte Mann strich sich gedankenverloren über den langen Bart.
    „Nun, vor langer Zeit machte ein magischer Wissenschaftler namens Nicolas Flamel eine unglaubliche Entdeckung. Die Welt, wie wir - oder ich - sie kennen, ist nicht die einzige. Aus irgendeinem Grund gibt es Paralleluniversen, drei um genau zu sein.
    Sie überlappen sich vollkommen, Städte, Bauten und Länder, alles ist gleich. Nur die Menschen nicht. Sie leben in verschiedenen Dimensionen, ohne es zu wissen. Genau auf diesem Fleck, wo du gerade sitzt, könnte in einer anderer Dimension eine alte Frau stehen und ihren Geldbeutel suchen. Es ist wie eine Projektion.
    Flamel stellte die Theorie auf, dass Menschen und Zauberer in Urzeiten getrennt in den Welten lebten, doch es sich irgendwann seltsamerweise vermischte. Seiner Forschung nach ist die Dimension, in der wir beide gerade sind, die einzige, in der es Zauberer gibt. Auch ihre Bauten gibt es nur hier.
    In Fachkreisen nennt man sie die primäre Dimension. Nicht viele Zauberer wissen davon, da es sonst zu viel Verwirrungen führen könnte.
    Doch Flamel war dies nicht genug. Ihm reichte nicht die Erkenntnis, er wollte es selbst ausprobieren. Zeitumkehrer waren damals gerade neu. Also fing er an, eine dieser Ketten zu ergänzen. Durch komplizierte Magie schaffte er es schließlich, ihn so umzubauen, dass man mit ihm nicht nur in die Vergangenheit reisen, sondern auch die andere Welt besuchen konnte. Es reichte nur für die sekundäre Dimension, in der du eigentlich lebst. Die teritäre Dimension war nicht zu erreichen, da die Magie dafür nicht ausreichte.
    So hatte er einen überaus mächtigen Zeitumkehrer entwickelt. Er wusste, wie gefährlich er in den Händen Falscher werden könnte, also verzauberte er ihn so, dass sich das Gerät den Besitzer selbst aussuchen kann und nur für ihn funktioniert.
    Doch ein anderer Wissenschaftler wollte auch solch eine Kette besitzen. Er schaffte es zwar, die andere Welt mit seinem Zeitumkehrer zugänglich zu machen, war aber nicht fähig, die eigentliche Macht des Zeitreisens beizubehalten, oder ihn nur für bestimmte Magier zugänglich zu machen. Eigentlich war dies nicht schlimm, bis dann vor langer Zeit ein machtgieriger Zauberer nicht nur die primäre Dimension, sondern auch die sekundäre beherrschen wollte. Er tötete den Wissenschaftler und nahm den zweiten Zeitumkehrer dieser Art an sich.
    Das originale Gerät Flamels schien dies durch die Verbindung der beiden Zeitumkehrer zu bemerken. Es wollte nicht mehr Flamel als seinen Besitzer und sehnte sich nach einem neuen. Sein Name war Edward Thomas. Er lebte ihn der sekundären Dimension, doch war aus einem eigenartigen Grund ein Zauberer. Der Zeitumkehrer erlaubte Flamel noch, seinen neuen Herren dort aufzusuchen. Der Junge glaubte es sofort. Es schien, als wusste er schon immer, in Wahrheit ein Zauberer zu sein. Er musste nach Hogwarts kommen, denn ein Wahrsager hatte damals prophezeit, dass Edward seine Dimension vor dem dunklen Magier retten und den zweiten Zeitumkehrer zerstören sollte.
    Niemand anderes konnte das, nur er hatte die Macht dazu. Er begann seine Ausbildung hier in Hogwarts und trat auch mutig in den Kampf. Doch Edward überlebte ihn nicht. Mit nur 15 Jahren starb er an einem Todesfluch, doch er hatte es vor seinem Tod geschafft, die sekundäre Dimension zu retten, indem er den zweiten Zeitumkehrer an sich nahm. Nur dieser war noch nicht zerstört, als er starb.
    Das Ministerium nahm ihn in seine Obhut, wo er jetzt noch geschützt wird. Und mir übergab Nicolas Flamel das Original, den ich bis vor kurzem in meinem Büro aufbewahrte. Aber dann zeigte er mir etwas. Eine Art Vision von einem Mädchen, wie es Hausaufgaben machte. Auf einem der Hefte konnte ich ihren Namen erkennen. Skye Thomas. Das war ein Zeichen.
    Ich war es, der den Zeitumkehrer in den Brief gelegt und an dich geschickt hat. Du bist die neue Besitzerin.“
    Stille. Vollkommene Stille herrschte nun im Raum.
    Entgeistert starrte Skye den Schulleiter an. Sie wollte nicht glauben, dass all dies wahr war. Dafür war diese Geschichte viel zu verrückt. Sie war doch nur ein normales Mädchen. Das konnte nicht die Wahrheit sein. Oder?
    „Und jetzt?“, brachte sie noch hervor. „Soll ich jetzt dieses Wahrsagerding erfüllen?“
    „Es sieht so aus“ Dumbledore lächelte mitfühlend.
    Skye atmete auf. Das war doch ganz leicht.
    „Na dann auf ins Ministerium!“
    „Nein, so einfach ist das nicht“ Die Augen des Schulleiters blitzten belustigt. „Deine Zeit wird kommen, daran kann man nichts ändern. Du wirst schon merken, wann.“
    Skye seufzte. Warum musste alles immer so schrecklich kompliziert sein? „Aber was soll ich bis dahin machen?“
    „Deine Ausbildung absolvieren. Leben. Du bist eine Hexe, Skye. Aber du musst erst lernen, wie du deine Kraft richtig einsetzt.“
    „Aber wie soll ich das mit meiner Dimension hinkriegen? Ich kann schließlich nicht einfach verschwinden . . .“
    Dumbledore schien dieses Thema sichtlich unangenehm zu sein.
    „Edward täuschte seinen Tod vor. Aber ich kann dich verstehen, wenn du dies nicht machen willst. Jedoch soll es eigentlich niemand wissen. Das wäre zu gefährlich. Dennoch gäbe es da noch eine Möglichkeit.“
    „Welche?“
    Skye wollte ihr Leben nicht einfach aufgeben. Egal was es wäre, sie würde es tun. Ihre Familie, ihre Freunde. All das lag ihr zu sehr am Herzen.
    „Dein Zeitumkehrer kann dich wirklich in die Vergangenheit bringen. Es wird wahrscheinlich sehr anstrengend, aber du könntest ihn benutzen, um den Tag zu wiederholen. In unserer Welt und dann in deiner. So würde auch niemand dein Verschwinden bemerken.“
    Skye zögerte. „Das heißt, ich müsste die Zeit zurückdrehen? Und würde nichts aufgeben müssen?“
    Dumbledore nickte. „Ja. Aber es ist hart. Du . . .“
    „Ich werde es machen“, sagte Skye entschlossen. Das klang nach der besten Lösung. Für keinen Preis würde sie ihr anderes Leben einfach fallen lassen. Komme was wolle.
    „Wie du meinst . . . Aber denk daran, niemand darf es erfahren. Nur im äußersten Notfall. Sowohl nicht in der primären, als auch in der sekundären Dimension.
    Mit dem zweiten Rädchen deiner Kette kommst du in die Vergangenheit. Der Zeitumkehrer weiß, was zu tun ist. Er ist auch der, der die Orte bestimmt, an denen du ankommst. Er wird dich führen.“
    „Danke, Professor“ Skye stand auf.
    In ihr war etwas entstanden. Sie würde das durchziehen. So verrückt die ganze Sache auch klang, sie wollte es tun.
    Es schien Schicksal zu sein. Und Skye glaubte an Schicksal.
    All das hatte einen Sinn. Ihr Vorfahre war auserwählt gewesen. Er hatte sein Bestes getan.
    Aber jetzt musste Skye es versuchen.

    BILD: Der Zeitumkehrer

    7

    Kapitel 7: VON KATZEN, FLUGSTUNDEN UND DEM GANZ NORMALEN ALLTAG

    Normalerweise war Skye keine dieser Personen, die sich schnell vom Unterricht ablenken ließen. Aber derzeit konnte sie gar nicht anders, als über Dumbledores Erzählung nachzudenken.
    Gedankenverloren kritzelte sie auf einem Blockblatt herum und das Gerede ihrer Geographielehrerin Miss Wright ging völlig an ihr vorbei. Unter ihrem Shirt spürte sie die Wärme des Zeitumkehrers, den sie seit dem Gespräch um ihren Hals trug und nicht mehr ablegte.
    Sie wusste, dass das ganze mit Hogwarts und ihrer normalen Schule, der Rosewood Grammar School, ziemlich schwierig werden würde. Aber sie würde es hinkriegen. Das hoffte sie zumindest.
    „Skye!“ Es war Alice, die ihr zuzischte und sie mit ihrem Bleistift in den Arm pikste.
    Skye zuckte etwas zusammen, denn sie wurde unsanft aus ihren Gedanken gerissen.
    „Hm?“ Schnell verdeckte sie die Zeichnungen von Zauberstäben auf ihrem Block. Wenn Alice die Kritzeleien sähe, würde es zu ziemlich unangenehmen Fragen kommen.
    „July hat gefragt, ob wir uns heute treffen wollen. Kannst du?“ Alice klang hoffnungsvoll.
    „Ich . . .“ Skye zögerte.
    Theoretisch wäre das möglich. Professor Dumbledore hatte ihr ja erklärt, dass sie die Zeit wieder zurückdrehen könne. Aber auch sie wollte etwas Ruhe. Vielleicht irgendwann, wenn sie sich an diese Prozedur gewöhnt hatte. „Ich muss lernen“, flüsterte sie.
    „Wie du meinst . . .“ Alice war sichtlich enttäuscht. „Aber kannst du nicht wann anders lernen?“
    Das war eine gute Frage. In nächster Zeit standen nämlich keine Tests an und natürlich wusste Alice das.
    „Alice, Skye, bitte seid jetzt leise! Sonst gibt es Strafarbeiten für euch!“
    Skye atmete erleichtert auf. Miss Wright hatte sie genau im richtigen Zeitpunkt ermahnt. Jetzt musste sie sich nicht mehr herausreden.
    Sie zuckte in Alice’ Richtung entschuldigend mit den Schulten und hoffte, dass das reichte, um ihre Freundin zufrieden zu stellen.

    Skye schloss ihre Zimmertür und atmete tief durch, um sich zu beruhigen.
    Es würde schon gut gehen.
    Das hoffte sie jedenfalls.
    Es war nun das zweite Mal, dass sie mit dem Zeitumkehrer reiste und wirklich wusste, was sie tun sollte. Aber dennoch war sie besonders aufgeregt.
    Ihre Hände schwitzten etwas, als sie die Kette unter ihrem Shirt hervorzog. Der Sand schimmerte fast schon herausfordernd.
    Sie dachte an Dumbledores Worte.
    „Er wird dich führen“, hatte er gesagt. Skye hoffte, dass das wirklich der Fall war.
    Sie drehte an einem der Rädchen. Es war das, von dem sie wusste, es würde sie in die primäre Dimension befördern.
    Wie vorher passierte erst nichts. Mittlerweile verwirrte sie der Prozess aber nicht mehr. Sie wusste, dass sie gleich ins Ungewisse fallen würde.
    Und ehe sie darüber nachdenken konnte, kippte sie nach hinten.

    Langsam öffnete Skye die Augen. Sie stand vor ihrem Bett im Schlafsaal der Ravenclaws. Er war vollkommen leer, die Betten ordentlich gemacht und mittägliche Sonne erhellte das Zimmer.
    Skye sah auf ihre Armbanduhr. Vor etwa zwei Minuten hatte sie an dem Rädchen gedreht. Zwei Minuten dauerte es für Magie, sowohl Dimension, als auch Ort einfach zu überbrücken. Unglaublich.
    Skye setzte sich auf ihr Bett. All das war wirklich schräg, das musste sie zugeben. Aber schräg im guten Sinne.
    Jetzt musste sie nur noch in die Vergangenheit kommen.
    Diesmal um einiges selbstbewusster, drehte sie an dem anderen Rädchen, das deutlich kleiner und schwieriger zu bedienen war.
    In die Vergangenheit zu reisen, fühlte sich recht unspektakulär an. Verschwommene Menschen wirbelten an ihr vorbei und ihr Kopf schien ganz wuschig von den vielen Gestalten zu werden, weshalb sie die Augen zukniff. In Skyes Ohren summte es und hier und da verstand sie ein paar Gesprächsfetzen, die aber so klangen, als kämen sie von weit weg.

    Endlich hatte das unangenehme Geräusch aufgehört und es herrschte Stille. Skye lag eingekuschelt in ihrem Bett und schaute nun an die Decke des Schlafsaals.
    Das Licht der Morgensonne schien durch die Fenster und Skye richtete sich begeistert auf. Alle waren noch in ihren Betten, nur Betty fehlte.
    Etwas verwundert überlegte Skye. Das kam ihr so bekannt vor.
    Da kehrten die Erinnerungen an letzte Nacht wieder zurück.
    Sie war von Dumbledores Büro direkt in den Schlafsaal zurückgekehrt. Erst hatte sie sofort schlafen wollen und war müde ins Bett gefallen, doch dann war sie auf die Idee gekommen, noch nach Hause zurückzukehren. Skye war erstaunt, dass sie es im Halbschlaf noch so gut geschafft hatte, die Dimension zu wechseln. Sie war (am frühen Morgen) vor ihrer Haustür gelandet und nach etwas Zeitumkehrerei konnte sie einfach ins Haus gehen und hatte ihren Eltern erklärt, dass das Treffen mit Alice so anstrengend gewesen war, dass sie schon ins Bett gehen würde, obwohl es erst fünf Uhr am Nachmittag gewesen war. Ihre Eltern hatten sie zwar äußerst verwundert angesehen, was wahrscheinlich daran lag, dass Skye ihren Pyjama trug, doch keinen Kommentar verloren. Skye war das egal gewesen. Sie hatte schließlich einfach nur ins Bett gehen wollen.
    „Aufstehen, ihr Schlafmützen!“ Betty kam durch die Tür des Schlafsaals gerauscht, in ihrem Arm eine pechschwarze Katze.
    Ein müdes Stöhnen kam von Padmas Bett. „Es ist doch noch so früh . . .“
    „Du bist ja schon angezogen!“, sagte Betty verwundert und musterte Skye. „Als ich gegangen bin, warst du noch im Tiefschlaf.“
    Ertappt sah Skye an sich hinunter. Es war irgendwie ironisch, dass der Zeitumkehrer Dimensionen wechseln konnte, aber es nicht schaffte, ihre Kleider zu ändern. Dabei würde sie sich sowieso noch einmal umziehen müssen, schließlich konnte sie nicht in Alltagskleidung in den Unterricht gehen.
    „Ich bin Frühaufsteherin, weißt du“, log Skye und stand betont motiviert auf.
    Die anderen Mädchen schienen keine Frühaufsteher zu sein. Von Padma sah man nichts, außer ihre langen, schwarzen Haare, Sue schnarchte noch leise und Mandy hatte demonstrativ den Vorhang ihres Himmelbettes vorgezogen.
    „Was hast du denn so früh gemacht?“, erkundigte sich Skye.
    Denn schon, als sie vom Schulleiterbüro zurückgekommen war, war Bettys Bett verlassen gewesen und sie war froh, dass ihre eigene Abwesenheit unbemerkt geblieben war.
    „Ace ist weg gewesen“, erklärte Betty und setzte die schwarze Katze auf ihre Matratze. „Ich wollte aufs Klo gehen und sie war nirgendwo im Raum. Aber die Tür stand offen, da dachte ich mir schon, dass sie irgendwie entwischt sein musste.“
    „Oh“ Skye errötete unmerklich. Sie hatte die Tür wahrscheinlich nicht richtig geschlossen, als sie ihren nächtlichen Ausflug gestartet hatte. „Und dann?“
    „Ich war wirklich ewig am Suchen und habe echt Panik geschoben. Ace war ein Trostgeschenk für mich, als Emma noch Hogwarts gegangen ist und ich dachte schon, ich hätte es geschafft, sie am ersten Tag hier zu verlieren. Schließlich war sie dann aber im Schlafsaal der Jungen“ Betty grinste. „Wusstest du, dass Michael Corner im Schlaf sabbert? Sein Kissen war völlig durchnässt!“
    Skye musste lachen. „Danke für die Info.“
    „Könnt ihr mal ruhig sein?“, beschwerte sich Padma da und schmiss ein Kissen nach Betty, das aber nicht sie, sondern Ace traf, die aufgeschreckt vom Bett sprang und eingeschnappt miaute.
    Die beiden Mädchen mussten noch mehr lachen, Padma stöhnte nur wehmütig.

    „. . . Wundheilmittel, Ofenreiniger und Fleckenentferner“, endete Cho zufrieden ihren Vortrag über die zwölf Wirkungen von Drachenblut.
    „Das ist ziemlich spannend“, meinte Sue träumerisch.
    „Ich freue mich, wenn wir auch mal so etwas machen!“, gab Padma dazu.
    „Das wird anders aussehen, wenn ihr den Zaubertränkelehrer Snape kennenlernt . . .“, sagte Emma.
    Skye hörte kurz auf, ihren Porridge zu löffeln und sah neugierig zu den älteren Mädchen. „Warum das denn?“
    „Er ist unausstehlich“, erklärte Marietta. „Nur weil er Hauslehrer der Slytherins ist, bevorzugt er sie unglaublich. Ständig vergibt er Punkte, einfach, weil seine wundervollen Slytherins atmen oder so!“
    „Stimmt“ Cho schnaubte. „Dabei sind wir Ravenclaws meistens besser, aber das interessiert ihn gar nicht! Kein Hauslehrer - außer ihm - bevorzugt seine Schüler so offensichtlich!“
    Skye rümpfte die Nase. Solche Lehrer hasste sie.
    „Gut, dass wir nicht Zaubertränke mit denen haben“, sagte Betty.
    „Ja, wir haben mit den Hufflepuffs“, erklärte Mandy. „Da tun mir die Gryffindors echt leid . . .“
    Bei der Erwähnung des anderen Hauses sah Skye zum Gryffindortisch hinüber. Ron und Harry scherzten mit Fred und George, auch ein rotblonder Junge hatte sich in das Gespräch eingemischt. Hermine unterhielt sich mit Neville, die beide etwas weiter entfernt saßen.
    „Ich gehe mal kurz zu den Gryffindors“, sagte Skye und erhob sich.
    „Ich komme mit! Alle reden über Harry Potter, da will ich ihn auch mal kennenlernen“, rief Betty begeistert und folgte Skye.
    „Morgen“, begrüßte Ron sie schmatzend.
    „Man redet nicht mit vollem Mund, Ronniespätzchen!“, ermahnte ihn einer der Weasley-Zwillinge.
    „Sei froh, dass Mum dich nicht sieht!“, gab der andere dazu.
    „Jetzt hört doch mal auf“, beschwerte sich Ron und seine Ohren wurden ganz rot vor Scham.
    „Ich bin übrigens Betty“, stellte diese sich vor und musterte Harry mit unverhohlenem Interesse. „Und du bist Harry Potter! Kann ich mal deine Narbe sehen?“
    „Betty!“, tadelte Skye ihre Freundin etwas schockiert. Ihn einfach so aufzufordern, war doch etwas zu direkt von ihr.
    Sichtlich beschämt schob sich Harry die schwarzen Haare aus der Stirn und Betty betrachtete die blitzförmige Narbe fasziniert.
    „Bei Merlins Stinkesocken, das ist ja cool!“
    Die Zwillinge beobachteten das Ganze grinsend.
    „Nett gesagt“, meinte einer von ihnen, Skye glaubte, dass es Fred war.
    „Habt ihr eigentlich schon vom Flugunterricht gehört?“, fragte Skye.
    Sie hatte an diesem Morgen einen Zettel am schwarzen Brett der Ravenclaws gesehen, auf dem die Informationen über ihre erste Flugstunde am Freitag stand, die sie mit den Hufflepuffs haben würden.
    „Ja, das stand bei uns am schwarzen Brett “, antwortete Harry.
    Da er auch unter Muggeln aufgewachsen war, schien er genauso gespannt aufs Fliegen wie Skye.
    „Wir sind Treiber im Quidditchteam der Gryffindors“, sagte einer der Zwillinge stolz, was Betty mit einem anerkennenden Nicken quittierte.
    „Ich bin grottig im Fliegen“, sagte sie. „Hoffentlich fallen die Hufflepuffs vor mir vom Besen, damit es nicht zu peinlich wird.“
    Skye hörte nur still zu. Sie hatte keine Ahnung von dieser ganzen Flugsache und hoffte, dass es nicht allzu schmerzhaft werden würde.

    BILD: Bettys Katze Ace

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    Kapitel 8: SCHLAMMBLUT

    Der Unterricht an Hogwarts war schwerer, als Skye es sich anfangs vorgestellt hatte. Zum Zaubern gehörte nämlich viel mehr, als nur irgendwelche Wörter zu murmeln und mit seinem Zauberstab zu wedeln.
    Betty war ziemlich gut, was sie bald sehr beliebt bei den Lehrern machte. Sie hatte schon Einiges von ihrer Schwester Emma gelernt, aber auch selbst viele Zaubersprüche ausprobiert.
    Skye war froh darüber. Sie fand das ganze ziemlich schwierig und war erleichtert, dass ihre Freundin ihr da so weiterhelfen konnte.
    Betty war es auch, die dem stotternden Professor Quirrell ganz freundlich ein Minzbonbon anbot, weil er, so wie sein Klassenzimmer, immer nach Knoblauch stank. Sie hatte gesagt, wenn schon der Rest so rieche, solle er doch wenigstens guten Mundgeruch haben.
    Bei der strengen Professor McGonagall hätte sie sich dies sicher nicht getraut. Die Lehrerin duldete keinen Mucks in ihrem Unterricht und Skye war anfangs sehr eingeschüchtert, merkte jedoch bald, dass Professor McGonagall doch freundlich sein konnte, wenn man etwas gut machte.
    Professor Snape verhielt sich da ganz anders. Er sah aus wie eine gemeine Fledermaus und nahm kein Blatt vor den Mund. Die Hufflepuff Hannah Abbott stieß in der ersten Zaubertrankstunde versehentlich ihren Kessel um und Snape zog ihr direkt fünf Punkte ab.
    „Ich habe doch eben gesagt, Sie sollen keinen Lärm machen, Miss Abbott“, hatte er in seiner öligen Stimme gesagt. „Und ich erwarte, dass man sich an Regeln hält.“
    Das verängstigte Skye so sehr, dass sie sich für den Rest der Stunde nurnoch ganz stumm über ihren Kessel beugte, um möglichst wenig Aufmerksamkeit auf sich zu ziehen.
    Sie beneidete die Slytherins kein bisschen um ihren Hauslehrer.
    Den Hauslehrer der Ravenclaws, Professor Flitwick, könnte man vielleicht etwas exzentrisch nennen. Er war zwar klein und hatte eine Quietschestimme, aber war überaus intelligent. Er schien seine Schüler wirklich zu mögen und an manchen Tagen, wenn sich schon eine Horde grübelnder Ravenclaws vor der Tür zu ihrem Gemeinschaftsraum angesammelt hatte, weil niemand auf die Lösung des Rätsels kam, gesellte er sich sogar zu ihnen und überlegte mit. Er hatte einen großartigen Sinn für Humor und stets gute Laune. Marietta hatte auch einmal erzählt, dass er sie, als ihre Eule gestorben war, mit kleinen Schokoladenküchlein aufgemuntert hatte, die Tango tanzen konnten.
    Bald lernte Skye auch, ihre Tasche mehrere Male zu überprüfen, um sicher zu sein, alles dabei zu haben. Denn öfters kam es vor, dass sich der Türklopfer ein besonders schwieriges Rätsel ausgedacht hatte, zu welchem niemand die Lösung wusste. Dann musste man ewig vor der Tür warten, bis endlich jemand einen Geistesblitz hatte.
    Zu spät war man meistens trotzdem noch.

    Ihre erste Flugstunde am Freitag hatte Skye zu ihrer Erleichterung überlebt, und das sogar ohne sich zu blamieren.
    Die temperamentvolle Madam Hooch hatte zu Beginn eine lange Rede über die Gefahren beim Fliegen gehalten, womit sie offensichtlich auf Neville Longbottom anspielte, der sich einen Tag zuvor bei seiner ersten Flugstunde das Handgelenk gebrochen hatte. Von Harry, der etwas später durch einen Streit mit Draco Malfoy zum Gryffindor-Sucher gemacht wurde, hatte sie nichts erzählt. Eigentlich sollte das auch ein Geheimnis bleiben, nur der begeisterte Harry, der nun das neue Ass für sein Quidditch-Team war, hatte es Skye schon voller Stolz während Geschichte der Zauberei erzählt.
    Als Madam Hooch den Erstklässlern dann befohlen hatte, langsam loszufliegen, war Betty ganz blass geworden. Sie schob es darauf, dass der Spinat, den sie zu Mittag gegessen hatte, wohl nicht mehr gut gewesen sei. Aber natürlich wusste Skye, dass es daran lag, dass Betty Höhenangst hatte. Oder vielleicht auch Flugangst, aber sie war nicht so unhöflich, nachzuhaken.
    Viele der Erstklässler hatten Probleme damit, sich richtig auf dem Besen zu halten. Einige fielen herunter, andere baumelten kopfüber von ihren Besen und manche drehten sich wie verrückt im Kreis.
    Skye machte es großen Spaß zu Fliegen, es fühlte sich so frei und wunderbar an. Sie kam sich vor wie ein Vogel und ihre anfängliche Nervosität war schnell verschwunden.
    Am Ende der Stunde wurde sie von Madam Hooch sogar für ihre Sicherheit gelobt, anders als Betty, die aufgrund ihrer nun grünlichen Gesichtsfarbe gefragt wurde, ob sie vor ihrer nächsten Stunde nicht doch lieber bei Madam Pomfrey im Krankenflügel vorbeischauen wolle.
    Ziemlich stolz machte sich Skye dann mit Betty und Padma Patil auf zu ihrer nächsten Stunde, die zu ihrem Leidwesen aber mit den Slytherins stattfand.

    „Habt ihr schon von den neuen Informationen über den Einbruch bei Gringotts gehört?“, fragte Padma.
    „Gringotts?“ Skye runzelte verwundert die Stirn.
    „Na, die Zaubererbank“, erklärte Betty und schirmte ihre Augen vor der Sonne ab.
    Es war ein schöner Tag, viel zu schön, um ihn in den stickigen Gewächshäusern im Kräuterkunde-Unterricht bei Professor Sprout zu verbringen, zu dem die Mädchen auf dem Weg waren.
    „Ich kenne keine Zaubererbank.“
    „Achja, stimmt . . . Das ist eine Bank in der Winkelgasse, die von Kobolden geführt wird und praktisch jeder bewahrt dort sein Geld auf. Wer in Gringotts einbricht, muss vollkommen verrückt sein“, sagte Betty.
    „Und ziemlich mächtig“, ergänzte Padma. „Meine Schwester liest den Tagespropheten und da stand auch, dass es wahrscheinlich ein schwarzer Magier war. Aber es wurde nichts gestohlen, weil das Verlies, in dem der Einbrecher suchte, an dem Tag schon . . .“
    Da wurde sie unhöflich unterbrochen.
    „Na ihr?“ Es war Pansy Parkinson, die plötzlich aufgetaucht war.
    Sie baute sich vor den Mädchen auf, die mittlerweile am Gewächshaus angekommen waren und and der Glaswand lehnten, in eigentlich friedlicher Stimmung.
    Betty verdrehte die Augen. „Verzieh dich, Pansy.“
    „Ich wusste gar nicht, dass du jetzt auch mit Schlammblütern rumhängst, Warrington“, sagte Pansy und warf Skye einen eindeutig hämischen Blick zu. Hinter ihr stand ihre Freundin Daphne Greengrass, und auch Draco Malfoy und seine treuen Anhänger Crabbe und Goyle kamen dazu.
    „Halt du doch mal die Klappe“, fuhr Betty die Slytherin an. „Wenigstens hänge ich nicht mit Du-Weißt-Schon-Wem höchstpersönlich rum . . . Obwohl, nein, entschuldige. Das war ja nur ein Imperius-Fluch, nicht wahr?“
    Pansys Augen wurden ganz schmal vor Wut und Betty schien sich sichtlich darüber zu freuen.
    Natürlich hatte Skye schon von der Abneigung mancher Reinblüter gegen muggelstämmige Leute wie sie gehört. Aber dass diese Feindseligkeiten sogar unter Erstklässlern herrschten, hätte sie nicht gedacht.
    Draco Malfoy stellte sich nun neben Pansy und rümpfte die Nase. „Wenigstens macht sie sich nicht die Finger an dreckigen Blut schmutzig.“
    Auch er schaute Skye an, als wäre sie ein ekliger Schimmelfleck auf seinem Mittagessen.
    Das reichte ihr. Es ging zu weit. Skye suchte keinen Streit, aber diese arroganten Slytherins schienen es zu tun.
    Wütend trat sie vor und schaute Pansy direkt in ihre dunklen Schweinesäuglein.
    „Ich weiß nicht, was ihr für Persönlichkeitsstörungen habt, aber warum könnt ihr euch nicht einfach um euren eigenen Kram scheren? Und mich bitte in Ruhe lassen!“
    „Nur weil man reinblütig ist, macht das einen nicht zu einem besseren Menschen“, mischte Padma sich ein, die selbst Halbblut war. Auch sie schien sich angegriffen zu fühlen und funkelte die Gruppe wütend an.
    „Und dafür scheint ihr ja das beste Beispiel zu sein!“, gab Skye noch dazu.
    Sie war auf einen Konter vorbereitet und verschränkte wartend die Arme.
    Aber nichts kam.
    Da bemerkte sie eine Bewegung unter Pansys Umhang. Sie hatte versucht, unauffällig ihren Zauberstab zu packen.
    Das beunruhigte Skye. Einem Zauberduell war sie sicher noch nicht gewachsen. Hatte Pansy auch schon so viele Zaubersprüche zu Hause gelernt wie Betty? Wenn ja, dann hatte Skye ein Problem. Sie schaffte es gerade so und nur unter viel Anstrengung, das Streichholz von Professor McGonagall in eine Nadel zu verwandeln.
    Aber genau im passenden Moment rettete Skye ein Engel. Ein Engel in der Form von der gutmütigen Professor Sprout, die die Erstklässler fröhlich ins Gewächshaus scheuchte.
    Erleichtert folgte ihr Skye. Sie hatte die Konfrontation erfolgreich vermieden. Pansy rammte sie zwar noch recht heftig, als sie sich durch die Glastür quetschten, aber das war ihr egal.
    So ein Schubser war ihr immer noch lieber, als bei dem Versuch, Pansy Parkinson und ihre coole Clique in Nadeln zu verwandeln, kläglich zu scheitern.

    BILD: Ein Bild von einer Kampagne gegen Muggelstämmige

    9

    Kapitel 9: IM DRITTEN STOCK

    Die ersten Monate in Hogwarts vergingen schnell, und Skye war so beschäftigt, dass sie es gar nicht bemerkte.
    Morgens ging sie in ihre Muggelschule, verbrachte den Nachmittag mit Freunden oder lernte, abends benutzte sie dann den Zeitumkehrer und erlebte den Tag in Hogwarts gleich noch einmal. Das war anstrengend, aber Skye blieb trotzdem eisern dabei. Mit der Zeit gewöhnte sie sich immer mehr an ihr neues Leben und konnte sogar ihre guten Noten in beiden Schulen erhalten. Abends fiel sie zwar todmüde, aber wenigstens zufrieden ins Bett.
    Doch die Anstrengung war es ihr wert. So musste sie nichts aufgeben.Skye hätte sich einfach nicht entscheiden können.
    Das Leben flog nur so dahin und ehe sie sich versah, war es schon Ende Oktober.

    Noch nie hatte Skye beeindruckendere Dekoration gesehen, als die, die an Halloween in der Großen Halle zu sehen war. Schwarze Fledermäuse flatterten durch die von dem Duft gebratener Kürbisse gefüllte Halle. Die Kerzen waren abgedunkelt worden und überall standen monumentale und von leuchtenden Fratzen geschmückte Kürbisse.
    „Das ist echt spitze!“, sagte Skye begeistert, als sie sich neben Betty an den Ravenclaw-Tisch setzte.
    Diese rieb voller Erwartung die Hände aneinander. „Hoffentlich wird das Essen genauso gut wie die Deko!“
    „Irgendwann wirst du noch platzen“, lachte Skye.
    „Tja, dann habe ich wenigstens mein Leben genossen!“
    „Wie du meinst“ Skye stand auf. „Ich gehe noch schnell aufs Klo“, erklärte sie. „Hoffentlich bin ich wieder da, bevor du mir alles wegfrisst!“
    Betty boxte sie in die Seite, aber Skye lachte nur und quetschte sich an ein paar ankommenden Schülern vorbei, die fröhlich schwatzend zum bald beginnenden Festmahl eintrudelten, und verließ die Halle.
    Sie lief durch die immer leerer werdenden Gänge in Richtung der nächsten Mädchentoilette. Hogwarts war riesig, hatte aber verhältnismäßig wenige Toiletten, was recht seltsam war.
    Vielleicht, überlegte Skye, vielleicht sollte sie mal einen Antrag an Dumbledore stellen, dies zu ändern, denn sie war es leid, so viel zu laufen. Allein der Weg vom Ravenclaw-Turm zu den nächsten Klassenzimmern war ewig, das reichte ihr schon.
    Starker Regen trommelte gegen die kirchturmartigen Fenster und Skye schauderte. Das Wetter passte wirklich gut zu Halloween und machte eine tolle Stimmung her.
    Aber dennoch wollte sie sich beeilen und so schnell wie möglich wieder in die Große Halle zurückkehren. Sie hatte ein ungutes Gefühl und so ganz allein in den nur spärlich beleuchteten Gängen, fühlte sie sich unsicher.

    Die Tür der Mädchentoilette klemmte etwas, als Skye sie aufdrückte und in den Gang trat.
    Sie machte sich auf den Weg zurück in die Große Halle, aber nach ein paar Schritten blieb sie stehen.
    Da war ein Geräusch. Ein lautes Stampfen, es hörte sich an wie Schritte von riesigen Füßen.
    Skye runzelte die Stirn. Was war das?
    Das Geräusch kam von einer Abzweigung in den nächsten Gang, die nicht weit vor ihr war.
    Sie drückte sich gegen die Wand, das Stampfen schien immer näher zu kommen.
    Und dann hörte sie es.
    Ein lautes Grunzen, das ganz sicher nicht menschlichen Ursprungs war.
    Ängstlich spähte Skye um die Ecke und ihr stockte der Atem.
    Ein riesiges Wesen nährte sich ihr, es war so groß, dass der kleine walnussartige Kopf schon die Decke streifte.
    Es trug eine gefährlich aussehende Keule in der Hand und schleppte sich langsam in Skyes Richtung, die baumstammdicken Beine ließen den Boden vibrieren. Ein bestialischer Gestank ging von dem Ding aus und Skye wurde ganz schlecht. Hatte das Wesen sie schon bemerkt?
    Panisch sah sie sich um. Ihr Gehirn schien wegen der Angst ausgesetzt zu haben.
    Tief atmete sie durch und versuchte sich zu sammeln. Was sollte Skye jetzt tun?
    Sie rannte. Skye rannte einfach, wusste nicht wohin, aber sie wollte nur weg von diesem fürchterlichen Ding.
    So schnell wie möglich.
    Einfach weg.
    Das Adrenalin schien ihr Flügel zu verleihen, sie rannte so schnell, wie gefühlt noch nie in ihrem Leben.
    Verwundert rufende Porträts zogen an ihr vorbei, sie sauste Treppen hoch und lief immer weiter, ohne zurückzuschauen.
    Aber langsam spürte sie das einsetzende Seitenstechen und blieb schließlich keuchend stehen.
    Erschöpft lehnte sie sich an die kühle Steinwand neben ihr.
    Das Wesen schien ihr nicht gefolgt zu sein. Sie war in Sicherheit.
    Erleichtert sah Skye sich um. Sie erkannte die Umgebung nicht. Es war wohl einer der vielen Teile in Hogwarts, die sie noch nie gesehen hatte.
    Vor ihr war eine Tür, an der sie rüttelte. Sie schien verschlossen zu sein und das war etwas, was Skyes Neugier entfachte. Noch nie war sie in Hogwarts auf eine geschlossene Tür gestoßen. Was sich wohl hinter ihr verbarg?
    Skye zog ihren Zauberstab hervor und tippte gegen das Schloss.
    Alohomora!“, sagte sie und augenblicklich schwang die Tür auf.
    Diesen nützlichen Zauberspruch hatte sie von Betty gelernt, die oft ihre Sachen verlor und durch diesen Trick auch ohne einen Schlüssel verschiedene Schlösser öffnen konnte.
    Natürlich hatte Skye nicht daran gedacht, was Dumbledore über den Gang im dritten Stock gesagt hatte. Ihre Neugier hatte gesiegt und sie war froh, überhaupt noch lebend davongekommen zu sein.
    Erst sah sie nichts und versuchte angestrengt, in dem düsteren Korridor etwas zu erkennen. Hier gab es keine Fenster und die Fackeln an den Wänden leuchteten nur schwach.
    Da spürte sie etwas Nasses an ihrer Schulter. Es war glitschig und lief ihren Umhang langsam herunter. Skye verzog angeekelt das Gesicht. Was war dieser Schleim?
    Verwundert drehte sie sich um und hatte beinahe einen Herzinfarkt.
    Sechs große Augenpaare starrten auf sie hinunter und dickflüssiger Speichel rann aus dem Maul eines der Wesen. Es waren drei riesige Hunde, die Skye alle mit einem aggressiven Blick musterten.
    Aber nein, das waren nicht drei Wesen. Die Hunde teilten nur einen Körper.
    Das beruhigte Skye nicht, es machte sie nur noch ängstlicher. Langsam wich sie Richtung Tür zurück, denn die Köpfe hatten begonnen, gefährlich zu knurren.
    War es der Schockmoment über ihr plötzliches Auftauchen, der sie so langsam reagieren ließ?
    Skye wusste es nicht und wollte es auch gar nicht wissen.
    Denn als der mittlere Kopf brüllend seine riesigen Fangzähne zeigte, gab es für sie kein Halten mehr.
    Skye knallte zu die Tür und rannte ein zweites Mal an diesem Abend um ihr Leben. Diesmal zwar um einiges bedachter um die Gänge und Biegungen, aber trotzdem von Panik ergriffen.
    Sie blieb erst stehen, als sie ein lautes Rufen hörte.
    „Skye! Warte mal! SKYE!“
    Es war Betty, die in ihre Richtung gerannt kam und atemlos vor ihr abstoppte.
    „Da . . . bist . . . du . . . ja“, brachte sie keuchend hervor.
    „Betty . . . Wir müssen hier weg!“, rief Skye panisch. „Da ist ein Riese in den Gängen unterwegs!“
    „Ich . . . weiß“, antwortete die langsam wieder zu Atem kommende Betty. „Deshalb bin ich ja hier! Es ist ein Troll! Aber wenn wir uns beeilen, erreichen wir noch die anderen Ravenclaws . . . Komm!“
    Sie packe die perplexe Skye am Arm und rannte schon wieder los.
    Ein paar Minuten später schlossen sich die zwei Mädchen einer Gruppe ängstlich redender Ravenclaws an, die auf dem Weg zum Turm waren.
    „Was läuft hier?“, fragte Skye leise und glättete ihre vom Laufen ganz wirren Haare.
    „Als du noch auf dem Klo warst, ist plötzlich Professor Quirrell in die Große Halle gestürzt und hat ganz aufgeregt von einem Troll hier im Schloss geredet. Alle sind in Panik ausgebrochen, aber Professor Dumbledore hat uns mit den Vertrauensschülern in unsere Häuser geschickt. Du warst noch nicht da und auch nirgendwo vor der Halle zu sehen, da musste ich dich einfach suchen gehen!“
    „Ganz alleine?“ Das beeindruckte Skye.
    „Ja, du hättest schließlich angegriffen werden können!“
    „Oh man, Betty . . . Danke. Aber das war verdammt gefährlich! Ich habe diesen Troll gesehen und er war schrecklich. Deshalb bin ich einfach weggerannt und . . . muss wohl in den verbotenen Korridor im dritten Stock geraten sein!“
    Bettys Augen weiteten sich. „Der dritte Stock? Was war dort? Und wie bist du da wieder herausgekommen?“
    Als Skye ihre Erzählung beendet hatte, waren Bettys Augen noch größer geworden.
    „Aber warum?“, fragte sie. „Warum haben wir so ein Wesen in Hogwarts?“
    Skye zuckte mit den Schultern. „Das Ding ist auf jeden Fall kein Haustier.“

    BILD: Der dreiköpfige Hund

    10

    Kapitel 10: GRYFFINDOR GEGEN SLYTHERIN

    Es war Skyes erstes Quidditch-Spiel und sie war ziemlich aufgeregt, obwohl sie selbst gar nicht spielte.
    Die ganze Schule sprach darüber. Dieses Jahr sollte das Jahr sein, in dem Slytherin seine Siegesreihe beendete und ein anderes Haus den Pokal gewann. Deshalb standen alle Häuser hinter den Gryffindors, die zum Favorit geworden waren.
    Als Skye sich an dem lang erwarteten Nachmittag die Ränge hinaufquetschte, herrschte eine ausgelassene Stimmung.
    Fangesänge schallten über das Spielfeld und viele der Zuschauer hatten Banner und Fahnen dabei.
    „Puh, ist das eng hier“, sagte Betty, als sie sich neben Skye auf die Bank zwängte.
    Um sie herum saßen noch viele andere Ravenclaws, von denen einige Gryffindor-Fahnen in den Händen hatten, aber viele trugen auch ihre eigenen Hausfarben.
    „Dann ist es wenigstens warm“, meinte Skye und sah sich zitternd um.
    Das Feld war wirklich riesig, das musste sie zugeben. Auf den vielen Tribünen gab es hunderte Sitze, die nun mit ebenso vielen Schülern besetzt waren. Skye staunte immer wieder darüber, was für eine große Anzahl Schüler Hogwarts eigentlich hatte.
    An den beiden Enden des Feldes standen jeweils drei hohe Pfeiler mit Ringen an den Spitzen. Das mussten die Torringe sein. Sie stellte es sich unglaublich vor, mit einem Besen über das Feld zu brausen.
    Plötzlich wurde es ruhiger und Skye spähte neugierig über die Köpfe der Ravenclaws vor ihr aufs Spielfeld.
    Die zwei Mannschaften waren hinausgekommen, man konnte Harry sofort erkennen. Er stand bei den scharlachrot angezogenen Gryffindor-Spielern, neben denen er ganz klein wirkte.
    Madam Hooch redete kurz mit den Spielern und alle bestiegen ihre Besen. Es herrschte eine hohe Spannung, aber als die Schiedsrichterin dann endlich Als sie in ihre Pfeife blies, brachen die Jubel- und Anfeuerungsrufe der begeisterten Zuschauer auf den Rängen aus.
    Gryffindor ging direkt in den Quaffelbesitz über und Betty neben ihr jubelte laut.
    Alles verlief rasend schnell, Skye fiel es recht schwer, zu folgen. Diese ganze Quidditch-Sache war neu für sie, aber sie hatte sich von ihren Freunden alles genau erklären lassen.
    Auf der Tribüne gegenüber konnte sie die Gryffindors erkennen, die unglaublich laut anfeuerten und mit einen riesigen Banner mit der Aufschrift „Potter vor - für Gryffindor“ wedelten.
    Seltsam, dachte Skye. Hermine und Ron saßen nebeneinander.
    Eigentlich hatte sie immer das Gefühl gehabt, dass sich Harry und Ron mit Hermine nicht sehr gut verstanden. Viele mochten die manchmal etwas besserwisserische Gryffindor nicht sehr gerne, das merkte man schnell. Skye tat das ziemlich leid. Sie hatte auch nichts dagegen gehabt, als Hermine sich in all den Fächern, die Gryffindor und Ravenclaw zusammen hatten, zu ihren Freundinnen und ihr setzte.
    Aber seit Halloween war es plötzlich ganz anders geworden. Harry, Ron und Hermine schienen plötzlich gute Freunde zu sein und verbrachten viel Zeit zusammen. Was an diesem Abend wohl passiert war?
    „. . . ja, mach ihn rein, Angelina“, kommentierte Lee Jordan, einer der Freunde von Fred und George. „Torhüter Bletchley taucht ab, verfehlt den Quaffel - und TOR FÜR GRYFFINDOR!“
    Das Stadion schrie auf. Skye klatschte fröhlich, so wie die anderen Ravenclaws um sie herum. Auch Harry, der sich bisher eher abseits des Geschehens gehalten hatte, macht ein paar freudige Loopings.
    „Schau dir mal die Slytherins an!“, sagte Padma, die auch neben ihr saß, schadenfroh und Skye spähte zu den Rängen, wo man die grünen Farben der Gegner sehen konnte. Sie machte Pansy Parkinsons enttäuschtes Gesicht ausfindig und musste grinsen. Das hatten die Slytherins verdient.
    Skye vergrub die Hände in ihren Jackentaschen und verfolgte begeistert weiter das Spiel.
    „Jäger Pucey duckt sich vor zwei Klatschern, zwei Weasleys und Jäger Bell und rast auf die - Moment mal - war das der Schnatz?“
    Ein Aufraunen ging durch die Reihen, als Lee diese Feststellung machte. Harry reagierte sofort. Er raste dem goldenen Etwas hinterher, der Sucher der Slytherins holte ihn bald ein.
    Aber der bullige Marcus Flint war dazwischen gegangen. Er hatte Harry abgeblockt, der sich durch den harten Stoß für einen Moment nur schwer auf seinem Besen halten konnte. Und schon war der Schnatz wieder weg.
    „Das ist Betrug!“, beschwerte sich Betty verärgert.
    Auch Skye buhte laut, aber plötzlich bemerkte sie etwas Eigenartiges. Harry schien auf seinem Besen einen Tanz zu vollführen, doch es sah so gar nicht freiwillig aus. Der Stiel ruckte und schlingerte, es wirkte, als hätte Harry die Kontrolle verloren.
    „Was ist denn mit Harry los?“, fragte Skye verwirrt und beobachtete das Schauspiel.
    „Harry?“ Betty ließ ihre Augen über den Himmel wandern.
    „Das ist definitiv nicht extra!“, stellte Padma fest.
    Mittlerweile waren mehr Leute auf den sich drehenden Harry aufmerksam geworden und zeigten erstaunt auf ihn.
    „Ich finde, das sieht aus wie ein Fluch!“, erklärte Betty mit fachmännischer Stimme. „Es ist, als würde ihn jemand verzaubern. So ein Nimbus Zweitausend macht das nicht von alleine.“
    Skye runzelte sorgenvoll die Stirn. „Warum tut denn niemand was?“
    Auf einmal stöhnte das Stadion auf. Harry hing nurnoch an einer Hand an seinem Besen.
    „Wenn er runterfällt, dann war‘s das!“, rief Betty besorgt. „Wer verzaubert ihn da?“
    Auch Skye ließ ihren Blick fieberhaft über die Reihen wandern. Man musste doch erkennen, wenn hier irgendwer Harry verfluchte.
    Eine drückende Spannung herrschte und alle Zuschauer schienen den Atem anzuhalten. Würde Harry Potter es schaffen und sich auf dem Besen halten?
    Skye bezweifelte dies schon, doch urplötzlich hievte sich Harry nach oben. Der Besen hatte aufgehört, sich so zu wehren.
    „Es ist, als ob jemand den Fluch gebrochen hat“, sagte Skye.
    Die Stimmung schien sich wieder zu lockern, jedoch nur für einen kurzen Moment. Harry raste nämlich auf den Boden zu, und das in einer unglaublichen Schnelligkeit. Dabei hielt er sich die Hand vor den Mund.
    „Oh, Gott“ Betty war aufgestanden, um besser sehen zu können. „Ich glaube, das wird gleich ziemlich unschön . . .“
    Auch Skye streckte sich und beobachtete verwirrt Harry, der unsanft auf dem Feld aufkam, hustete, als ob ihm schlecht wäre, und dann triumphierend aufstand. In seiner Hand hielt er stolz den Goldenen Schnatz.
    Das Spiel war beendet.

    Betty lachte ungehalten. „Also das sieht man auch selten. Ein Sucher, der den Schnatz verschluckt! So was sollte mal in der Weltmeisterschaft vorkommen!“
    „Ich wette, die Slytherins beschweren sich jetzt“, grinste Skye.
    „Dabei war es doch ihr Captain, der Harry gefoult hat!“, gab Padma dazu.
    Die Mädchen wurden von einer feiernden Menschenmenge in Richtung Hogwarts gedrängt. Skye hatte sich langsam an die winterliche Kälte gewöhnt, vor Aufregung war ihr sogar ganz warm geworden.
    „Aber ich frage mich immer noch, wer es war, der Harry so verzaubert hat“, meinte Skye und überlegte.
    Dabei beobachtete sie Harry, Ron und Hermine, die auf dem Weg zu Hagrids Hütte waren und es scheinbar ziemlich eilig hatten.
    „Parkinson vielleicht?“, überlegte Betty. „Oder Malfoy?“
    Padma lachte. „Ach komm schon, die können so was doch noch gar nicht. So überragend im Unterricht sind sie schließlich auch nicht.“
    „Das stimmt“ Skye trat in die angenehm warme Eingangshalle und seufzte zufrieden. „Jetzt freue ich mich auf mein schön warmes Bett und einen Tee.“
    „Wir müssen aber noch für Zaubertränke lernen“, ermahnte sie Padma.
    Betty streckte sich. „Ach nee, bald ist Weihnachten, da machen die Lehrer doch hoffentlich etwas langsamer.“
    „Apropos Weihnachten“, meinte Padma. „Bleibt ihr hier oder fahrt ihr nach Hause?“
    „Emma und ich fahren nach Hause“, erklärte Betty. „Mum fühlt sich sonst viel zu einsam. Und Weihnachten sollte man nicht alleine feiern.“
    Skye hörte verwundert zu. Was war mit Bettys Dad geschehen? Sie überlegte, ob es jetzt sehr unhöflich wäre zu fragen. Natürlich wollte sie ihre Freundin nicht traurig machen.
    „Und dein Dad?“ Es war Padma, die ihr die unangenehme Frage abnahm.
    Betty zögerte kurz. „Er lebt nicht mehr. Mum und Dad sind beide Auroren und Dad ist im Krieg gegen Du-Weißt-Schon-Wen gestorben . . . Seitdem sind Emma und ich mit Mum alleine.“
    „Oh, das tut mir leid“, sagte Skye mitleidig.
    Padma wurde etwas rot, ihr war es sichtlich peinlich, nachgefragt zu haben.
    „Ist schon okay . . . Ich erinnere mich sowieso nicht mehr an ihn.“
    Betty lächelte tapfer.
    „Ich fahre jedenfalls in den Ferien auch nach Hause“, versuchte Padma das Thema zu wechseln. „Und du Skye?“
    „Ich . . .“
    Skye überlegte. Sie konnte ja schlecht nach Hause fahren. Also musste sie in Hogwarts bleiben.
    „Nun . . . Ich bleibe hier“, erklärte sie. „Ich wollte unbedingt mal Weihnachten im Schloss erleben, und meine Eltern verstehen das auch.“
    Ihre Freundinnen schienen Skye das zu ihrem Glück schnell abzukaufen, denn beide nickten verständnisvoll.
    Mittlerweile waren sie vor der Tür des Ravenclaw-Gemeinschaftsraumes angekommen. Skye war müde und wollte sich jetzt nurnoch in ihre warme Decke kuscheln. Sie klopfte und wie sie es nun gewohnt war, begann der Türklopfer zu sprechen.
    Was haben ein Rabe und ein Schreibtisch gemeinsam?“, fragte er in seiner melodischen Stimme.
    „Oh nein . . .“ Padma seufzte frustriert. „Das klingt wie so ein Trick-Rätsel. Bis wir in den Gemeinschaftsraum kommen, wird das dauern . . .“
    Skye überlegte konzentriert. Es war eine eigenartige Frage und sicher eine Falle. So etwas kam öfter vor, aber immer in den falschen Momenten, nämlich in denen man am dringendsten rein musste.
    „Hm . . .“ Betty tippte sich nachdenklich ans Kinn, begann dann aber zu grinsen. „Wenn man sie wirft, dann fliegen beide“, antwortete sie selbstsicher.
    Padma lachte. „Lustige Idee, Betty, aber . . .“
    Sie stoppte abrupt ab.
    Denn zu ihrer Überraschung nickte der Adler und die Tür schwang auf. Erleichtert traten die Mädchen in den Gemeinschaftsraum. Das Kaminfeuer knisterte leise, viele Schüler saßen schon auf den Sesseln daneben und wärmten sich auf.
    „Wie kommst du nur auf so was?“, fragte Skye belustigt.
    Betty grinste frech. „Ist doch ganz logisch.“

    BILD: Das Quidditch-Feld

    11

    Kapitel 11: WEIHNACHTEN

    Langsam begann der Regen zu Schnee zu werden, der See fror zu und ganz Hogwarts bereitete sich auf Weihnachten vor.
    Mittlerweile waren die Korridore zugig und kalt geworden, weshalb die meisten Ravenclaws ihre Zeit nurnoch im Gemeinschaftsraum verbrachten, den das Kaminfeuer wenigstens etwas wärmer machte.
    Skye freute sich riesig auf die Ferien, sie liebte Weihnachten und als dann die Lehrer anfingen, die Große Halle zu dekorieren, konnte sie es schon gar nicht mehr abwarten.

    Draußen schneite es heftig, als sie von Kräuterkunde wieder ins Schloss ging. Sie hatte noch eine Stunde bis zum Mittagessen und wollte diese nutzen, um sich ein paar Bücher für ihre Hausaufgaben in Verwandlung auszuleihen.
    Doch so weit kam sie gar nicht, denn als Skye an der Großen Halle vorbeiging, konnte sie nicht anders, als begeistert hinein zu schauen. Überall standen riesige Tannenbäume, auf manchen lag sogar noch ein wenig Schnee.
    Fast hätte sie den kleinen Professor Flitwick nicht bemerkt, als sie die Halle betrat. Er stand da und ließ aus seinem Zauberstab goldene Kugeln blubbern, die sich über die Zweige verteilten.
    „Guten Morgen, Miss Thomas!“, begrüßte er sie fröhlich.
    Skye sah sich fasziniert um. Die Tannenbäume waren sicher viermal so groß wie sie.
    „Wie machen Sie das, Professor?“, fragte sie neugierig und beobachtete die Kugeln, die durch die Luft schwebten und sich auf einem ganz besonders hohen Baum verteilten.
    „Ein ganz einfacher Zauberspruch“, erklärte Professor Flitwick. „Hilfe könnte ich gut gebrauchen! Dann ginge es noch schneller.“
    Skye nickte begeistert.
    „Sie müssen einfach so machen“ - Flitwick schnippte kurz mit seinem Zauberstab - „und sagen ‚Pila Fluens‘!“
    Skye machte es konzentriert nach und zu ihrer Überraschung blubberten die Kugeln sofort aus ihrem Zauberstab.
    „Ist das cool!“, rief sie.
    Nicht oft klappten Zaubersprüche beim ersten Mal, sie musste es meistens noch öfter probieren.
    „Sehen Sie, es ist ganz leicht!“, gluckste der Professor und machte sich wieder an die Arbeit.
    Skye half eifrig mit und war ziemlich stolz, als sie ihren ersten Baum geschmückt hatte.
    „Wo haben sie denn ihre Freundinnen Miss Warrington und Miss Patil gelassen?“, fragte Professor Flitwick da. „Man sieht Sie ja sonst nur zusammen.“
    Skye musste grinsen. Der Lehrer hatte recht, sie waren mittlerweile wirklich nur selten alleine anzutreffen.
    „Betty ist krank“, erklärte Skye. „Nach Kräuterkunde ist sie direkt ins Bett gegangen und will da bis zur nächsten Stunde auch bleiben. Eigentlich hat Madam Pomfrey ihr ein direkt wirkendes Heilmittel gegeben, aber Betty weigert sich, das zu trinken, weil es nach verschimmelten Eiern stinkt und einem die Ohren rauchen lässt.“
    Das war typisch Betty. Sie rannte in letzter Zeit nurnoch mit einer Wärmflasche unter ihrem Umhang herum und Professor Snape hatte ihr vor kurzem in Zaubertränke sogar Punkte wegen zu lauten Niesens abgezogen.
    „Und Padma ist noch im Gewächshaus“, fuhr Skye fort. „Sie muss Professor Sprout beim Aufräumen helfen.“
    Professor Flitwick nickte verständnisvoll. „Und Sie bleiben in den Ferien hier?“, erkundigte er sich.
    Skye nickte. „Ja, ich wollte Weihnachten unbedingt mal in Hogwarts erleben.“
    „Viele Erstklässler fahren in den ersten Ferien nach Hause“, erklärte Professor Flitwick. „Von den Ravenclaws bleiben nur Sie und Mr Boot hier, wenn ich mich recht entsinne.“
    „Ja, ich weiß.“
    Terry hatte das Skye schon einmal erzählt und sie war ziemlich froh darüber. Sie hatte schon Angst gehabt, in den Ferien ganz alleine am Ravenclaw-Tisch sitzen zu müssen. Aber Terry, der in einem Waisenhaus lebte, wollte dorthin unter keinen Umständen zurückkehren.
    „Dann muss ich ja die ganzen Ferien lang putzen“, hatte er gesagt. „Das sollen die anderen mal schön alleine machen.“
    „So“, sagte Professor Flitwick fröhlich und ließ den Zauberstab sinken. „Das ging doch jetzt schnell! Danke für Ihre Hilfe, Miss Thomas.“
    „Gern.“
    Zufrieden betrachtete Skye das Werk. Die Tannenbäume sahen nun sehr festlich aus und die ganze Halle schien golden zu strahlen.
    „Ich denke, dafür haben Sie ein paar Punkte verdient“ Flitwick zwinkerte schelmisch. „Fünf Punkte für Ravenclaw, das ist doch was.“
    „Danke!“ Skye strahlte begeistert und ihr Lächeln spiegelte sich in den vielen goldenen Kugeln um sie herum wider.

    Endlich hatten die Ferien begonnen, damit kam aber auch der Zeitpunkt, an dem sie sich von der schniefenden Betty und Padma verabschieden musste.
    Skye fühlte sich anfangs etwas alleine im Mädchenschlafsaal, lernte aber bald, die angenehme Stille zu genießen. Morgens konnte sie ausschlafen so lange sie wollte und nie wachte sie nachts auf, weil eine ihrer Mitbewohnerinnen auf dem Weg zur Toilette gegen sämtliche Betten stieß.
    Beim Essen saß sie mit Terry Boot zusammen und konnte sich mit ihm sogar über die Muggelwelt unterhalten, was auch eine nette Abwechslung in Hogwarts war.
    An den Nachmittagen saßen sie meist zu zweit im Gemeinschaftsraum, wo sie die besten Sessel ganz nah am Feuer belegten, Süßigkeiten aßen und sich über Quidditch unterhielten. Manchmal gingen sie auch nach draußen, denn auf dem See konnte man mittlerweile Schlittschuhlaufen. Dabei musste man zwar auf die Riesenkrake aufpassen, die manchmal ganz plötzlich ihre Tentakel durchs Eis stach, aber Skye hatte gelernt, dass das Tier das nur machte, um gestreichelt zu werden.
    Und diesen Spaß konnte sie gleich doppelt erleben.
    In ihrer Dimension traf Skye sich oft mit Alice und sogar mit July und Charlotte kam sie immer besser klar. Zusammen sausten sie auf Schlitten Hügel hinunter, veranstalteten wilde Schneeballschlachten und sahen Filme im Heimkino in Charlottes Haus an, deren Eltern viel Geld hatten. Alice hatte endlich aufgehört, ständig Fragen zu stellen und auch Skyes Sorgen darüber verflogen schnell.
    So rückte Weihnachten immer näher, sie schickte Twig mit Paketen für Betty und Padma los und als sie an Heiligabend in ihr Bett stieg, war in ihr ein ganz warmes und vorfreudiges Gefühl entstanden.

    Und endlich war es soweit, Weihnachten war gekommen. Skye war direkt aus dem Bett gehüpft und nach unten gesaust. Die Lichter des Weihnachtsbaumes tauchten das Wohnzimmer in ein warmes Licht und der Duft von Plum Pudding lag in der Luft.
    „Frohe Weihnachten!“
    Ihre Eltern waren schon auf und bereiteten alles vor.
    „Euch auch!“
    Skye verschwendete nicht viel Zeit mit Förmlichkeiten und lief lieber schnell zu ihrem Weihnachtsstrumpf, der schon am Kamin hing.
    „Geschenke öffnen wir später!“, ermahnte sie ihre Mutter, die in der Küche stand.
    „Aber . . .“, protestierte Skye schon.
    „Erst wird gefrühstückt!“
    Nach dem Frühstück war es Skye dann endlich erlaubt, ihre Geschenke zu öffnen. Sie bekam viele schöne Sachen, wie Bücher und eine kleine Kamera mit vorrätigen Filmen, doch ständig musste Skye an die magischen Geschenke in Hogwarts denken. Ob sie überhaupt welche bekommen würde?
    Den Nachmittag verbrachte sie mit ihren Eltern draußen im Schnee. Der Tag war genau richtig für Weihnachten, denn die Sonne schien und ließ die weiße Schneedecke wunderschön glitzern. In den Häusern hörte man dumpfe Weihnachtslieder spielen und Skye wollte gar nicht mehr aufhören zu grinsen.
    Sie fühlte sich ausnahmsweise wie ein ganz normales, elfjähriges Mädchen, dessen größtes Problem die Schule war, und nicht wie eine dimensionswechselnde Hexe.
    Ja, sie hatte sich für dieses Leben entschieden, aber trotzdem war es schwierig. Manchmal fühlte sie sich ganz alleine, da sie mit Niemandem über ihr Doppelleben reden konnte und diese riesige Last nur auf ihr ruhte.
    Aber an diesem Weihnachten war es anders. Sie vergaß ihre Probleme und freute sich einfach nur.

    Schon den ganzen Tag hatte sie voller freudiger Erwartung an das Weihnachtsfest in Hogwarts gedacht und wie Zauberer diesen Tag wohl zelebrierten.
    Zu ihrer Überraschung warteten am Fuß ihres Bettes sogar ein paar Geschenke auf Skye. Sie hatte den Zeitumkehrer noch nicht einmal richtig unter ihren Pullover gestopft; direkt riss sie verzückt das Papier eines der Päckchen auf.
    Padma hatte ihr einen ewig langen Brief geschrieben und eine riesige Packung verschiedener Süßigkeiten dazugelegt. Skye, die sich nicht mit den vielen Leckereien der Zauberwelt auskannte, las verwundert die Aufschriften. Schokofrösche, Bertie Bott‘s Bohnen in jeder Geschmacksrichtung, Drooble‘s Bester Blaskaugummi und Pfefferkobolde konnte sie allein auf den ersten Blick sehen.
    Von Betty bekam sie eine Sammlung von Wildsmith‘s wärmenden Wollsocken, die sich selbst aufheizten und man so immer warme Füße hatte. Die Socken gab es in vielen knalligen Farben und überall waren kleine Motive aufgestickt. Skye erkannte Eulen, kleine Rennbesen, Zauberstäbe und sogar seltsam aussehende, zwergartige Wesen. In Bettys Brief war auch ein Foto beigelegt. Man sah Betty und ihre Schwester Emma, die vor einer hochgewachsenen Frau mit dunklen Haar standen und Skye fröhlich zuwinkten.
    Aber das war noch nicht alles.
    Nein, zu Skyes Verwunderung lag da noch ein drittes Päckchen. Es sah ein wenig angedrückt aus, als hätte die Eule keinen guten Flug gehabt, und das braune Papier darum war etwas durchnässt. Neugierig öffnete Skye das Paket. Unter einer Karte lagen dicke Kürbispasteten, die zwar etwas matschig schienen, aber noch immer fein dufteten.

    Wir hoffen, es klappt alles gut. Dumbledore meinte, du bist gut angekommen und weißt jetzt alles Weitere.
    Fröhliche Weihnachten!
    Molly und Arthur Weasley


    Skye lächelte. Die Weasleys waren wirklich herzliche Menschen. Sie fühlte sich schon etwas schuldig, da sie nichts an die Beiden geschickt hatte.

    Als Skye in den Gemeinschaftsraum lief, tummelten sich dort schon viele Ravenclaws und es duftete stark nach Zimt.
    „Fröhliche Weihnachten!“, begrüßte sie Terry fröhlich.
    Er saß auf einem Sessel nah am Feuer und spielte mit einem Bumerang.
    „Schau mal, was Anthony mir geschickt hat!“, sagte er stolz und hielt Skye den Bumerang unter die Nase. „Ein Bissiger Bumerang! Er verprügelt die Leute, auf die man ihn wirft, und kommt dann schnell wieder zurück.“
    Bei dieser Erklärung entfernte Skye sich vorsichtshalber ein wenig, denn der Bumerang knurrte schon kampflustig.
    „Dürfen wir so was überhaupt besitzen?“, fragte Skye.
    „Weiß ich nicht“ Terry grinste schelmisch.
    „Nein, dürft ihr nicht“, mischte sich da eine strenge Stimme ein.
    Sie gehörte Penelope Clearwater, einer blonden Vertrauensschülerin, die plötzlich wie aus dem nichts aufgetaucht war.
    „Du bist so eine Spielverderberin!“, quengelte Terry.
    Skye musste grinsen, Penelope überhörte diesen Kommentar aber ganz gekonnt.
    „Bald beginnt schon das Festessen“, sagte sie. „Kommt nicht zu spät!“
    Die Erstklässler nickten gehorsam.
    „Triffst du dich jetzt mit diesem Gryffindor-Vertrauensschüler?“, fragte Terry frech grinsend.
    Penelope wendete sich zwar ab, aber Skye merkte trotzdem, dass sie etwas rot wurde.
    „Welcher Vertrauensschüler?“, erkundigte sich Skye neugierig.
    „Ich habe sie vor kurzem bei einem Date auf dem Astronomieturm erwischt“, Terry lachte, „dieser rothaarige Junge, ich glaube, Weasley heißt er.“
    Terrys Freude wurde aber schnell gemildert, denn die tiefrote Penelope hatte ihm seinen Bumerang aus der Hand gerissen und stolzierte davon.

    Das Festmahl war wirklich unglaublich.
    Überall, wo man hinsah, türmte sich Essen. Von saftigen Fleisch, Gemüse und Bergen von Kartoffeln - hier gab es wirklich alles.
    Skye aß so viel, wie wahrscheinlich noch nie in ihrem ganzen Leben. Es schmeckte so unglaublich gut, dass sie gar nicht mehr aufhören wollte zu essen.
    Die Stimmung war ausgelassen, auch die Lehrer schienen sich zu entspannen. Sie tranken Wein und sangen dann sogar mit den Schülern zusammen Weihnachtslieder.
    Terry klaute sich wieder seinen Bissigen Bumerang zurück und Skye und er machten sich einen Spaß daraus, die älteren Vertrauensschüler (ganz besonders Penelope) mit dem Bumerang zu ärgern.
    Auf dem Tisch verteilt lagen auch unzählige Knallbonbons. Skye ahnte natürlich nicht, dass selbst Knallbonbons in der Welt der Magie anders waren.
    Ganz unschuldig zog sie mit Terry an einem der Zauber-Knallbonbons, das explodierte und den beiden Muggelstämmigen einen gehörigen Schrecken einjagte.
    „Ich werd‘ verrückt“, sagte Terry begeistert und wischte sich den Ruß aus dem Gesicht.
    Skye, die immer noch etwas unter Schock stand, beobachtete erstaunt das winzige Feuerwerk, das sich über ihnen gebildet hatte.
    In den Knallbonbons waren allerlei magische Sachen enthalten und sie hatte schon während des Nachtisches einen großen Stapel der Geschenke auf dem Tisch angehäuft, da Terry und Skye nach dem ersten Schock ihre Liebe für die Zauber-Knallbonbons entdeckt hatten.
    Manchmal waren auch Witze dabei, aber den Beiden fehlte das Hintergrundwissen, um sie zu verstehen.
    Was sind die letzten Worte eines Basilisken? - ‚Oh, ein Spiegel!‘ “, war zum Beispiel einer der Witze.
    „Tss“, hatte Terry nur verwirrt gemacht.
    „Ich weiß doch noch nicht einmal, was ein Basilisk ist“, hatte Skye dazugegeben.
    Die paar Stunden nach dem Essen bis zum Tee verbrachten sie im Gemeinschaftsraum, wo ihnen Sara Fawcett, eine stämmige Drittklässlerin, Koboldstein beibrachte, da Skye ein Spielset aus einem der Knallbonbons bekommen hatte. Koboldstein war ein Spiel, bei dem die murmelartigen Steine einem bei Punkteverlust eine eklige Flüssigkeit ins Gesicht spritzten und man versuchte, die Spielsteine des anderen einzufangen.
    Am Abend war Skye nicht nur ganz schleimig, sondern auch todmüde und fühlte sich, als würde sie bald platzen. Beim Tee hatte sie dem leckeren Weihnachtskuchen nicht widerstehen können, da er so gut gerochen hatte.
    Für sie war es das beste Weihnachtsfest ihres Lebens gewesen und mit diesem Gedanken döste sie endlich ein.

    Skye stocherte noch immer ein wenig müde in ihrem Rührei herum.
    Der Ravenclaw-Tisch war bis auf ein paar ältere Schüler vollkommen leer, die meisten nutzten die Ferien wahrscheinlich, um noch so richtig ausschlafen zu können. Terry hatte noch geschlafen, als Skye sich zum Frühstück aufgemacht hatte, und so saß sie jetzt ganz alleine da und beobachtete die Wolkenbilder an der Decke der Großen Halle.
    Erst spät bemerkte sie Harry und Ron, die laut diskutierend in Richtung des Ravenclaw-Tisches unterwegs waren.
    Ron hatte Harry am Ärmel seines Umhangs gepackt und schleifte ihn mit sich, was diesem gar nicht zu gefallen schien.
    „. . . Lass mich los, Ron!“, beschwerte sich Harry. „Ich habe doch gesagt, dass ich aufpassen werde!“
    Skye beobachtete das Schauspiel stirnrunzelnd und warf Ron einen fragenden Blick zu, als dieser sich gegenüber von ihr auf die Bank fallen ließ, Harry im Schlepptau.
    „Was ist?“, fragte sie verwundert.
    „Sag mal, Skye, du bist doch eine Ravenclaw“, begann Ron.
    „Gut erkannt.“
    „Und das heißt, du weißt viel. Vielleicht auch etwas über Spiegel, die Dinge zeigen, die es gar nicht gibt?“
    Skye musste lachen. „Nur weil ich in Ravenclaw bin, heißt das nicht, dass ich auch eine laufende Bibliothek bin. Da müsst ihr schon Hermine fragen.“
    „Hm . . .“, machte Ron enttäuscht, Harry hatte die Arme verschränkt.
    „Warum überhaupt?“, fragte Skye neugierig.
    „Also . . .“, Ron sah kurz mit einem zweifelnden Blick zu Harry, „es gibt da so einen Spiegel im Schloss. Harry hat ihn entdeckt. Er zeigt Sachen, die gar nicht wahr sind.“
    „Wie zum Beispiel?“
    „Mich als Schulsprecher, mit dem Hauspokal und so . . . Und Harry zeigt er seine Eltern.“
    Skyes Augen weiteten sich überrascht.
    „Aber Harry ist jetzt total süchtig nach ihm“, fuhr Ron fort, was ihm einen heftigen Seitenhieb einbrachte.
    Skye runzelte skeptisch die Stirn. „Also, ich kenne mich da ja nicht so aus, aber sogar in der Muggelwelt ist es so, dass wenn man irgendwo Dinge sieht, die es nicht gibt, lieber die Hände davon lassen sollte.“
    „Ja, das habe ich Harry auch schon gesagt!“, beschwerte sich Ron.
    „Jetzt hört ihr euch schon beide an wie Hermine!“ Harry stand auf und drehte sich um.
    „Danke trotzdem“ Ron warf Skye einen bedeutungsvollen Blick zu.
    „Kein Ding . . .“
    Sie sah den zwei Gryffindors noch kurz verwundert dabei zu, wie sie hastig davoneilten, widmete sich dann aber wieder ihrem Rührei.

    BILD: Das Weihnachtsfest in Hogwarts

    12

    Kapitel 12: FLUFFY

    Skye hastete die Schulgänge entlang, den Umhang gerafft und ganz in Eile. Es war mitten in der Nacht und sie konnte jederzeit von einem Lehrer erwischt werden, aber das störte sie nicht. Sie hatte nur ein Ziel, und das war der Korridor im dritten Stock.
    Im Rennen grüßte sie einen Bergtroll, der konzentriert in seinem Ohr puhlte, aber mit seiner Tätigkeit kurz aufhörte, als Skye vorbeilief.
    Und endlich war sie angekommen, im dritten Stock. Die Tür stand offen und Skye schob sich durch den Spalt in den Korridor.
    Da war er.
    Der dreiköpfige Hund. Er saß da und seine Köpfe hechelten zutraulich.
    „Was bist du?“, fragte sie.
    „Ich bin Professor Snape!“, antwortete der Hund in der quietschigen Stimme von Professor Flitwick und zog einen geblümten Spitzhut hervor, den er auf einen seiner Köpfe setzte.
    Skye runzelte verwundert die Stirn. Das wirkte nicht sehr wahrheitsgemäß.
    „Weißt du etwas über magische Spiegel?“, erkundigte sie sich.
    „Ich weiß nur, dass ich mich gerne in ihnen ansehe“, sagte der Hund. „Das ist eine tolle Beschäftigung, solltest du auch mal probieren.“
    Jetzt wurde Skye langsam wütend.
    „Du lügst!“, rief sie und stemmte ärgerlich die Hände in die Hüfte.
    Aber dem Hund gefiel das nicht. Er wischte sich den Spitzhut von einem der Köpfe und stürzte sich brüllend auf Skye . . .

    Erschrocken fuhr Skye hoch. Es dauerte einen Moment, bis ihre Augen in der Dunkelheit etwas ausmachen konnten. Sie lag in ihrem Bett im Ravenclaw-Schlafsaal. Es schien mitten in der Nacht zu sein, denn draußen leuchteten Sterne am schwarzen Himmel.
    Erleichtert seufzend ließ sie sich in ihr Kissen zurückfallen. Es war fast vollkommen ruhig, nur die leise Stimme von Betty redete vor sich hin.
    „. . . gib mir meine Giraffe zurück . . .“, murmelte sie schlaftrunken. „. . . gib sie mir, oder ich sage es Merlin . . .“
    Skye überlegte kurz, ob sie Betty oder Padma wecken sollte, um ihnen von ihrem Traum zu erzählen. Beide wussten von dem dreiköpfigen Hund, hatten es nach Halloween aber schnell wieder vergessen.
    Skye eigentlich auch, aber dieser Traum erinnerte sie wieder an ihr Erlebnis.
    Sie kannte sich zwar nicht mit Zauberschulen aus, aber in Hogwarts schien etwas Seltsames zu passieren. Erst der dreiköpfige Hund, dann der eigenartige Spiegel von Harry und Ron. Das konnte doch nicht normal sein, selbst hier, im ganz und gar nicht normalen Hogwarts.
    Während Skye sich wieder in ihre Decke kuschelte, fasste sie einen Entschluss. Sie wollte etwas über den Hund erfahren. Morgen würde sie in die riesige Bibliothek gehen und nachlesen. Dort musste sie einfach etwas finden.
    Und mit diesem Gedanken schlief sie langsam wieder ein, begleitet von Bettys schläfrigen Murmeln, die ihre Giraffe scheinbar noch immer nicht zurückbekommen hatte.

    Die Bibliothek von Hogwarts war wahrscheinlich die größte, die Skye in ihrem ganzen Leben gesehen hatte. Es gab so viele Regale, so viele interessante Bücher, dass man gar nicht wusste, wo man anfangen sollte zu lesen.
    Skye liebte die Bibliothek und verbrachte viel Zeit in ihr. Sie liebte den Geruch der oft uralten Bücher und das Geräusch der dicken Pergamentseiten, wenn man sie umblätterte. Sie liebte die magischen Geheimnisse, die sich hinter den Seiten verbargen und die vielen Geschichten über die faszinierende Zauberwelt.
    Auch heute lümmelte sie auf einem der dort stehenden Sessel und blätterte durch eine alte Ausgabe eines Schulbuches für das Fach Pflege magischer Geschöpfe, das sie noch nicht belegte. Schon seit Tagen versuchte sie, etwas über den dreiköpfigen Hund herauszufinden, blieb aber erfolglos. Dieses Tier schien wohl nicht sehr verbreitet zu sein.
    Frustriert klappte sie das Buch zu. Sie wusste jetzt zwar, dass man Flubberwürmern nicht zu viel Salat verfüttern sollte, aber dreiköpfige Hunde waren mit keinem einzigen Wort erwähnt.
    Unschlüssig stand Skye auf. Wo sollte sie jetzt suchen? Es fühlte sich mittlerweile einfach nurnoch hoffnungslos an.
    Gerade wollte sie um die Ecke gehen und sich das nächste Regal vornehmen, als sie ein paar flüsternde Stimmen hörte. Sie klangen nach Harry, Ron und Hermine, die leise über etwas zu diskutieren schienen.
    So richtig hellhörig wurde Skye aber erst, als ein ganz bestimmter Name fiel. Nicolas Flamel. Sie hatte ihn deutlich gehört und versuchte nun zu verstehen, was sie über den Mann redeten.
    Aber die Drei flüsterten so leise, dass es Skye schwer fiel, nützliche Informationen herauszuhören. Nach kurzer Überlegung trat sie deshalb ganz lässig hinter dem Regal hervor - als wäre es purer Zufall. Schnurstracks lief sie zu Harry, Ron und Hermine, die augenblicklich aufhörten, so verdächtig zu flüstern.
    „Über was redet ihr?“
    Skye verschwendete nicht viel Zeit mit Formalitäten und fragte einfach drauflos. Das war sehr direkt und die drei Freunde sahen Skye erstaunt an. Ron, der an einem Gummizauberstab nagte, stoppte sogar überrascht.Aber dennoch antwortete niemand von ihnen.
    „Hat es mit dem dreiköpfigen Hund zu tun?“, hakte sie unverblümt nach.
    Diese Frage sorgte für große Überraschung: Hermines Augen weiteten sich ungläubig, Harry runzelte misstrauisch die Stirn und Ron schien sich an seinem Zauberstab verschluckt zu haben und fing an, panisch zu husten.
    „Woher weißt du von Fluffy?“
    Es war Hermine, die als Erste ihre Fähigkeit zu sprechen wiedergefunden hatte.
    Fluffy?“ Skye musste lachen. „So ein Ding hat wirklich einen Namen?“
    „Wissen . . . wir . . . von . . . Hagrid . . .“, brachte Ron zwischen zwei heftigen Hustern hervor.
    „Aber woher weißt du von Fluffy?“, fragte Harry.
    „An Halloween, da habe ich ihn selbst gesehen, im dritten Stock.“
    „Er ist schrecklich, nicht?“, fragte Hermine schaudernd. „Wir sind ihm auch schon begegnet.“
    „Was hat Hagrid euch noch gesagt?“, fragte Skye. „Ich suche hier jetzt schon seit Ewigkeiten nach dem Ding, finde aber rein gar nichts.“
    „Nun, er bewacht etwas“, sagte Harry.
    „Und Hagrid hat einen Nicolas Flamel erwähnt“, gab Ron dazu, der mittlerweile aufgehört hatte so zu husten. „Nach dem suchen wir auch gerade.“
    „Und habt ihr schon etwas gefunden?“
    „Nein“, antwortete Hermine kopfschüttelnd. „Dabei haben wir schon sämtliche Bücher durchkämmt.“
    Skye zögerte. Sollte sie den Freunden von ihrem Wissen erzählen? Das mit dem Zeitumkehrer musste aber unbedingt unerwähnt bleiben.
    „Er war ein Wissenschaftler“, sagte Skye. „Aber mehr weiß ich auch nicht.“
    „Danke“, sagte Hermine seufzend. „Vielleicht finden wir ja noch etwas.“
    „Ich hoffe doch, wir verbringen nämlich so ziemlich jede freie Minute in der Bibliothek“, meinte Ron und biss von seinem Gummizauberstab ab.
    „Kein Essen in der Bibliothek!“, schnarrte da jedoch die strenge Bibliothekarin Madam Pince.
    Mürrisch packte Ron seine Süßigkeit weg. „Und es macht keinen Spaß hier, das kann ich dir sagen.“

    „Und du bist dir ganz sicher, dass du nichts übersehen hast?“, hakte Betty nach.
    „Ja, ich habe alles durchsucht, wirklich“, antwortete Skye, „aber nirgendwo steht etwas!“
    Padma schaute von ihrem Aufsatz auf stoppte für einen kurzen Moment das Schreiben.
    „Du könntest mal einen Lehrer fragen.“
    „Einen Lehrer?“, sagte Betty. „Bist du verrückt? Wir dürfen doch gar nicht in diesen Korridor! Was soll Skye denn sagen? , Oh, tschuldigung, dass ich Sie störe, Professor, aber ich war in dem verbotenen Korridor im dritten Stock und frage mich jetzt, warum dieser mordlustige Hund da wohnt. Können Sie mir helfen?‘
    Betty schnaubte.
    „Das wäre wirklich etwas eigenartig“, stimmte Skye zu.
    Padmas Blick fiel auf die drei Mädchen, die gerade munter schwatzend in den Gemeinschaftsraum kamen. Es waren Emma, Cho und Marietta.
    „Oder du könntest deine Schwester fragen, Betty“, schlug Padma vor. „Im zweiten Jahr lernt man vielleicht schon über so etwas.“
    Betty sah den älteren Mädchen zu, die sich auf ein paar Sessel nah am knisternden Kaminfeuer setzten und ihre Bücher auspackten.
    „Ne“, meinte sie. „Das kann ich mir kaum vorstellen. Und sie fängt dann sicher an, Fragen zu stellen.“
    „Vielleicht warte ich auch einfach, bis Harry, Ron und Hermine etwas rausfinden“, sagte Skye.
    Sie legte ihre Feder auf den fast fertigen Aufsatz für Verwandlung und lehnte sich seufzend nach hinten. Über ihr glitzerten die Sterne an der Decke des Gemeinschaftsraumes und Skye versuchte, ihr Sternzeichen - den Krebs - zu finden.
    „Ich hoffe, für den Aufsatz kriege ich eine gute Note“, sagte Betty. „Allein die Recherche hat mich Ewigkeiten gekostet.“
    „Seht mal!“, meinte Padma plötzlich ganz aufgeregt und zeigte Richtung Tür.
    Skye schaute auf und folgte neugierig Padmas Finger.
    Die Quidditch-Mannschaft der Ravenclaws kam in den Gemeinschaftsraum. Allesamt waren sie ganz schlammbespritzt und schienen ziemlich geschafft. Das Training war wohl anstrengend gewesen.
    Arthur Wright, Sechstklässler und Captain des Teams ging ganz vorne, er scherzte mit einer stämmigen, blondhaarigen Siebtklässlerin, den Besen lässig geschultert.
    Bewundernd sah Skye den Spielern zu.
    „Unsere Mannschaft ist wirklich gut“, sagte sie. „Wenn Gryffindor Harry nicht hätte, würde Ravenclaw sicher den Pokal gewinnen.“
    Betty grinste belustigt.
    „Du kennst dich ja schon gut aus.“
    Padma zeigte derweil auf das blonde Mädchen neben Arthur Wright.
    „Wusstet ihr, dass das Penelopes Schwester ist?“, fragte sie und Betty schnaubte überrascht.
    „Meinst du mit Penelope Penelope Clearwater?“, hakte sie nach. „Die oberstrenge Vertrauensschüler-Penelope? Eine Schwester im Quidditch?“
    „Ja!“ Padma nickte überzeugt. „Ich wollte es erst auch nicht glauben, aber ihr müsst zugeben, die Beiden sehen sich schon ziemlich ähnlich.“
    Skye beobachtete Penelopes Schwester genau.
    „Stimmt“, meinte sie. „Das wusste ich gar nicht, ich dachte immer, der Nachname sei Zufall.“
    „Vielleicht ist Penelope ja neidisch, weil ihre Schwester so viel cooler ist“, überlegte Betty.
    „Das glaube ich kaum“, sagte Skye. „Sie scheint nämlich ziemlich zufrieden mit ihrem Job.“

    BILD: Der Gemeinschaftsraum der Ravenclaws

    13

    Kapitel 13: EINE DUNKLE ÜBERRASCHUNG

    „Abschlussprüfungen“, begann Professor McGonagall. „Die wichtigsten Prüfungen des Schuljahres, die Entscheidung, wie es mit Ihrer Karriere weitergehen soll.“
    Sie hörte auf, vor ihrem Pult wie eine Tigerin hin- und herzugehen und ließ ihren prüfendenden Blick über die Klasse wandern.
    „Gerade in Verwandlung sollten Sie all Ihre Mühen stecken“, fuhr sie fort, „ich werde streng bewerten und das könnte einigen von Ihnen zum Verhängnis werden.“
    Skye sah unauffällig zu den Slytherins hinüber, die ganz hinten im Klassenzimmer saßen. Es war kein Geheimnis, dass Crabbe und Goyle, Draco Malfoys bullige Flügeläffchen, Nieten in Verwandlung waren.
    Professor McGonagall begann wieder damit, unablässig Kreise zu ziehen.
    „Deshalb erwarte ich äußerste Konzentration und Perfektion. Nutzen Sie die nächsten Wochen und lernen fleißig. Ihre Hauslehrer haben sicher schon mit Ihnen über die Abschlussprüfungen gesprochen -„
    Entgeistert brach die Lehrerin ab, als die ganze Klasse den Kopf schüttelte. Scheinbar hielten Professor Flitwick und Professor Snape die Abschlussprüfungen für nicht so bedeutend wie ihre Kollegin.
    „Nicht? Dann werde ich sie schnellstmöglich über ein nötiges Gespräch in Kenntnis setzen. Ich erwarte, dass alle von Ihnen in Verwandlung bestehen. Achten Sie auf -„
    Es war die Schulglocke, die Professor McGonagall diesmal abbrechen ließ und die Klasse stand erleichtert auf.
    „Und bis zur nächsten Stunde schreiben Sie einen Aufsatz dazu, wie sich die Bewegungen des Zauberstabes auf ihre Verwandlungen auswirken!“, rief sie noch über den Lärm der Schüler hinweg.
    „Habe ich einen Hunger“, klagte Betty, als sie sich mit Skye und Padma durch die schülerverstopfte Klassenzimmertür quetschte.
    „Frag mich erst . . .“, meinte Skye wehmütig.
    „Und Zaubertränke danach muss auch nicht gerade sein“, sagte Padma. „Dieser blöde Snape hat in der letzten Stunde meinen Heiltrank gegen Furunkel als völlig unbrauchbar bezeichnet! Dabei war ich noch nicht einmal fertig!“
    „Solange er dir keine Punkte abgezogen hat . . .“, sagte Skye und schulterte ihre Tasche.
    „Was ist denn da los?“, fragte Betty plötzlich und deutete auf eine Menschenmenge im Gang, die sich dort angesammelt hatte.
    Laute Stimmen drangen zu ihnen hinüber und als sie näher kamen, konnten die Mädchen alles hören.
    „Danke Potter, wir schulden dir noch was!“, höhnte Nadia Selwyn, eine Zweitklässlerin aus Slytherin.
    „Kannst du gerne öfter machen!“ Diese Stimme gehörte Pansy Parkinson.
    „Das ist sicher wegen den vielen Punkten, die Gryffindor wegen Harry, Hermine und diesem Neville Longbottom verloren hat“, sagte Betty. „Die ganze Schule hasst sie plötzlich, weil Slytherin jetzt wahrscheinlich schon wieder den Hauspokal gewinnt.“
    „Irgendwie ist es ja auch verdient“, meinte Padma schulterzuckend, „einhundertfünfzig Punkte, das ist ziemlich viel. Ich habe auch gehört, dass sie sogar noch eine schlimme Strafe zu erwarten haben.“
    Skye beobachtete Harry, Ron und Hermine, die sich aus der Traube von Slytherins boxten.
    „Mir tun sie Leid.“
    Betty verdrehte die Augen.
    „Schluss mit Mitleid, auf zum Mittagessen“, kommandierte sie bestimmt und kämpfte sich schubsend und tretend Padma und Skye voran durch die Slytherin-Gruppe.

    Alice stand gähnend auf und streckte sich.
    „Aber erzähl Mum ja nicht, dass wir Robin Hood angesehen haben. Die würde völlig austicken, wenn sie wüsste, dass ich einen Film ab zwölf ansehe.“
    Skye lachte. „Keine Angst, ich verpetzte dich schon nicht.“
    „Gut. Sie sollte bald auch kommen.“
    Alice ließ sich wieder zurück aufs Sofa fallen und versuchte, in der Dunkelheit draußen etwas zu erkennen.
    „Da sind, glaube ich, schon die Lichter von ihrem Auto.“
    „Stimmt“, sagte Skye und sah auch aus dem Fenster.
    „Ich bin wirklich todmüde” Alice gähnte herzhaft.
    Es klingelte plötzlich, und Skye stand auf.
    „Ich glaube, da ist deine Mum.“
    Die Mädchen sausten nach unten, auch Skyes Mutter kam dazu, um die Tür zu öffnen.
    „Danke fürs Aufpassen“, sagte Alice‘ Mutter. „Einen Babysitter will sie ja nicht mehr.“
    „Immer gerne, Poppy“, lachte Skyes Mum.
    „Bis Montag!“, rief Skye Alice noch nach, als diese sich in Begleitung ihrer Mutter auf den Weg zum Auto machte.
    „War‘s schön?“, fragte Skyes Mutter.
    „Ja“ Skye nickte. „Aber jetzt bin ich wirklich müde, ich gehe ins Bett.“
    „Natürlich, es ist auch schon wirklich spät.“
    „Gute Nacht!“, wünschte Skye hastig.
    Sie wollte so schnell wie möglich in ihr Zimmer verschwinden.
    „Bis morgen, Skye!“
    Und schnell wie ein Blitz lief Skye in ihr Zimmer, schloss die Tür und ließ sich erleichtert seufzend auf ihr Bett fallen. Endlich war die Luft rein.
    Sie zog ihren Zeitumkehrer hervor, der schon erwartungsvoll im Licht ihrer Lampe glitzerte.
    Dann begann sie, an dem passenden Rädchen zu drehen und wartete ganz gelassen auf das Gefühl des Fallens, das sie mittlerweile vollkommen gewohnt war.
    Sie würde jetzt wahrscheinlich im Schlafsaal landen, die Zeit zurückdrehen und einen entspannten Tag beginnen, eben wie immer.
    Skye schloss die Augen und schon spürte sie, wie ihr Bett unter ihr wegklappte.

    „Autsch!“
    Verwirrt rieb Skye sich den schmerzenden Ellenbogen. Sie war gegen irgendetwas gestoßen; und das nicht gerade sanft.
    Um sie herum war es stockdunkel, Skye konnte rein gar nichts erkennen.
    Langsam rappelte sie sich auf, wobei es unter ihren Füßen knisterte. Irgendwo hörte sie eine Eule schuhuen und eine kalte Brise wehte ihr die Haare aus dem Gesicht.
    Prüfend machte sie einen Schritt nach vorne, die Hände wie zum Schutz vor sich ausgestreckt. Es war kalt, ziemlich kalt sogar. Skye zitterte in ihrem dünnen Pullover.
    Langsam gewöhnten sich auch ihre Augen an die undurchdringliche Dunkelheit. Waren das . . . Bäume?
    Erschrocken ließ sie die Hände sinken. Was hatte der Zeitumkehrer mit ihr angestellt? Wo hatte er sie hingeschickt?
    Irgendwie musste sie aus diesem Wald wegkommen. Vorsichtig setzte sie einen Fuß vor den anderen, immer wieder knackten Äste unter ihren Füßen.
    Aber dann hörte sie es.
    Irgendwoher aus der Dunkelheit des Waldes kam ein fürchterlicher Schrei. Skye zitterte ängstlich. Es klang wie der Schrei eines Kindes, ganz erfüllt von Panik.
    Fest packte sie ihren Zauberstab und versuchte, eine Lichtquelle oder irgendetwas Ähnliches zu erkennen, aber es herrschte vollkommene Schwärze.
    Sollte sie es wagen, einen Lichtzauber zu sprechen und dabei vielleicht die Wahrscheinlichkeit zu erhöhen, von seltsamen Wesen entdeckt zu werden?
    Skye entschied sich dagegen.
    Sie würde einfach versuchen, einen Pfad oder Weg zu finden.
    Entschlossen lief sie los, ihr Selbstvertrauen wuchs, und sie wurde immer schneller.
    Aber plötzlich lag sie schon wieder am Boden.
    „Was zum Teufel?“
    Skye keuchte überrascht auf, als sie diese Stimme erkannte. Sie gehörte niemand anderem als Draco Malfoy.
    Erschrocken stand sie auf. Sie musste wohl mit ihm zusammengestoßen sein, denn er schien sich auch recht schwerfällig an einem Baum hochzuziehen.
    Lumos“, sagte Skye und das Licht erhellte auch Malfoys fahles Gesicht, das ungewohnt angstverzerrt war.
    „Was machst du hier?“, fragte er überrascht.
    Erst jetzt bemerkte Skye den großen Saurüden, der sich neben ihm auf sein massiges Hinterteil gesetzt hatte und mit großen Augen zu ihr hinaufschaute.
    „Was machst du hier?“, antwortete Skye und verschränkte die Arme.
    „Ich habe zuerst gefragt.“
    Mittlerweile schien sich Malfoy wieder gefasst zu haben, seine Stimme war wieder so schnarrend und kühl wie immer.
    Hastig dachte Skye nach.
    „Öhm . . . Ich . . . Ich beobachte die . . . Bäume . . . für . . . Kräuterkunde?“
    „Wir haben zusammen Kräuterkunde.“
    „Ich weiß . . . Da . . . sieht man ja, dass du nicht gut aufpasst, sonst würdest du schließlich unsere Hausaufgaben kennen!“
    „Natürlich . . .“
    Er schien ihr nicht so recht zu glauben, aber Skye war das egal.
    „Jetzt bist aber du dran“, sagte sie verärgert.
    „Ich sitze meine Strafe ab. Deine Gryffindor-Freunde sollten hier auch irgendwo sein.“
    „Schön“ Skye verdrehte genervt die Augen. „Und dieser Schrei eben? Irgendjemand hat geschrien.“
    Malfoy zuckte ganz cool mit den Schultern. „Da war so eine Gestalt, die Einhornblut getrunken hat. Und naja, ich bin halt mit Fang weggerannt. Potter nicht, glaube ich.“
    Was?“, rief Skye laut und ein paar Vögel flogen aufgeschreckt von einem Ast über ihr. „Du hast ihn einfach alleine gelassen? Bist du vollkommen verrückt geworden?“
    Ungehalten drängte sie sich an Malfoy vorbei und sah sich angestrengt um, den leuchtenden Zauberstab vor sich ausgestreckt. Sie blieb ganz stumm und hoffte auf ein weiteres Zeichen von Harry.
    Plötzlich hörte sie etwas, es waren leise Stimmen irgendwo in der Ferne.
    Skye wartete gar nicht lange auf Malfoy und rannte los. Mit etwas Glück waren das die anderen, die ihr vielleicht mit Harry helfen konnten.
    „Warte!“
    Sie hörte das laute Knacken von Ästen hinter sich, dass der ein wenig unbeholfene Malfoy erzeugte. Er schien ständig über etwas zu stolpern und musste sich ziemlich anstrengen, um mit Skye Schritt zu halten.
    „Sprich einen Lichtzauber, du Idiot!“, fauchte sie ihm zu. „Wenn du‘s hinkriegst.“
    Malfoy antwortete nicht und Skye musste feixend anfangen zu grinsen, als sie begriff, dass er es wohl gar nicht schaffte.
    Die Stimmen schienen derweil immer näher zu kommen und Skye glaubte sogar, sich einzubilden, irgendwo Hufgetrappel zu hören.
    „Da seid ihr ja!“, hörte sie plötzlich eine dunkle Stimme und der Saurüde Fang, der Malfoy und Skye die ganze Zeit gefolgt war, fing an, freudig zu bellen.
    Bald erkannte sie die wuchtige Statur Hagrids und drei Kinder standen neben ihm.
    Schlitternd kam Skye zum Stehen, Fang sprang an Hagrid hoch und Malfoy stützte sich keuchend auf seine Knie.
    „Skye!“, rief Hermine überrascht. Sie stand neben Harry und Neville, die sie ebenso verwirrt musterten. „Was tust du hier?“
    Skye blieb stumm, sie wollte nichts sagen und fragte sich schon besorgt, ob das jetzt der Zeitpunkt war, an dem ihr Geheimnis entdeckt werden würde.
    „Du bist also diese Skye Thomas, ge?“, fragte Hagrid nachdenklich und strich sich über den struppigen Bart.
    Skye nickte, sie brachte kein Wort heraus und umklammerte ängstlich ihren Zauberstab, der noch immer leuchtete. Angestrengt dachte sie nach. Wie konnte sie sich jetzt herausreden? Vor Draco Malfoy war es noch einfach gewesen, aber jetzt vor einem Mitglied des Personals ihre höchst verdächtige Lage zu rechtfertigen, schien äußerst schwierig.
    „Ich muss mit Professor Dumbledore sprechen“, sagte sie schließlich mit schwacher Stimme.
    „Ach, das wird nicht nötig sein“, meinte Hagrid. „Mir is das schon klar.“
    „Ist es?“ Skye machte große Augen.
    Wusste Hagrid etwa Bescheid?
    „Natürlich, kommst jetzt einfach mit zum Schloss.“
    Skye lächelte erleichtert. Natürlich bemerkte sie die forschenden Blicke der anderen. Harry und Hermine schienen in ganz andere Gedanken versunken, aber Neville und Malfoy musterten sie seltsam.
    Skye hoffte einfach, dass die Jungen nicht schlau genug waren, ein wenig über die Vorkommnisse nachzudenken.
    „Dein Zauberstab leuchtet noch“, informierte Hermine sie, während sie den Pfad zur Schule entlangtrabten.
    „Danke“ Skye warf einen Blick auf ihren Zauberstab.
    Nox“, sagte sie dann.
    Das helle Licht erlosch augenblicklich und Skye war wieder in Dunkelheit gehüllt.

    BILD: Der Verbotene Wald

    14

    Kapitel 14: ARBEIT MACHT DAS LEBEN SÜß

    Noch zehn Minuten.
    Professor Snapes kühle Stimme ließ manche konzentriert schreibende Schüler aufschrecken, so wie auch Skye. Sie sah kurz zu ihm und wendete sich dann aber wieder ihrem Pergamentpapier zu.
    Es war äußerst nervenaufreibend, Prüfungen bei Professor Snape zu schreiben. Er wanderte durch die Reihen und man spürte seinen warmen Atem im Nacken, wenn er auf sein Blatt schaute. Manchmal schnalzte er auch unzufrieden mit der Zunge oder schnaubte verächtlich. Das machte die Schüler natürlich nicht gerade entspannter - nein, viele starrten vollkommen entgeistert auf die Aufgaben und andere schnieften leise vor sich hin.
    Skye war sich sicher, dass die praktische Prüfung in Zaubertränke nicht einfacher werden würde.Sie vermutete, dass Professor Snape den schwierig zu brauenden Vergesslichkeitstrank aussuchen würde. Aber jetzt musste sie erstmal die schriftliche Prüfung schaffen, bevor es dann am Nachmittag hart weitergehen würde.
    Konzentriert las Skye die letzte Aufgabe:

    44. Nennen Sie die verschiedenen Zutaten (sowie ihre Besonderheiten) eines Heiltranks gegen Furunkel.

    Am liebsten hätte Skye freudig gelacht. Sie hatte geglaubt, dass sich Snape für die letzte Aufgabe noch etwas besonders Schwieriges ausdenken würde, aber solch eine einfache Frage hatte sie nicht erwartet.
    Schnell fing sie an zu schreiben: getrocknete Nesseln, gemahlene Schlangenzähne, geschmorte Wellhornschnecken, . . .
    Doch plötzlich wurde sie durch ein lautes Schniefen abgelenkt. Skye dachte erst, es würde von der Hufflepuff Hannah Abbott kommen, die schon vor Beginn der Prüfung so ausgesehen hatte, als würde sie gleich in Tränen ausbrechen.
    Aber das Schniefen kam von Padma, die neben Skye mit wässrigen Augen auf ihr Blatt starrte. Skye konnte sehen, dass sie bisher fast gar nichts beantwortet hatte und das Prüfungsblatt größtenteils unbeschrieben war.
    Mitleidig beobachtete Skye ihre Freundin, die doch so viel für Zaubertränke gelernt hatte, aber jetzt vollkommen zu versagen schien.
    Normalerweise war sie viel zu ängstlich, um so etwas zu tun, doch diesmal war Skye tapfer und wollte ihrer Freundin helfen. Als Professor Snape einen Moment nicht hinsah, tippte sie Padma schnell an und hielt ihr ihr eigenes Blatt hin. Padma sah überrascht aus und ihre Augen flogen nur so über Skyes Antworten.
    „Ich denke, Miss Thomas, das werde ich leider nicht akzeptieren können.“
    Skye zuckte heftig zusammen, als sie die leise Stimme Snapes direkt hinter sich hörte. Er sprach angespannt und mit gefährlich ruhiger Stimme.
    „Professor, ich . . .“, fing Skye panisch an, sich zu rechtfertigen.
    Snape riss ihr das Prüfungsblatt aus der Hand und nahm dann sogar das von der aufgelösten Padma weg. Skye spürte, dass die ganze Klasse zu ihnen starrte.
    „Ich denke mal, Sie haben nicht begriffen, dass die Federn, die Sie bekommen haben, Anti-Schummel-Federn sind“, begann Professor Snape mit einem hämischen Grinsen im Gesicht. („Das ist ja, als würden die uns nicht vertrauen!“, hörte man Betty einem Mädchen zuflüstern) „Aber jemand zum Abschreiben zu verleiten, das ist natürlich dennoch unerhört, Miss Thomas.“
    Skye spürte, wie ihr Gesicht vor Scham ganz rot wurde und sie schaute beschämt auf ihr Pult.
    „Zwanzig Punkte Abzug für Ravenclaw.“
    Alle Ravenclaws im Klassenzimmer keuchten auf.
    „Aber das . . .“, hörte Skye Anthony Goldstein beginnen.
    „Für jede von Ihnen“, sagte Snape. „Und Sie, Thomas, werden nachsitzen. Kommen Sie am Freitag nach dem Abendessen unverzüglich zum Klassenzimmer.“
    Skye hätte zwar gerne etwas erwidert, traute sich aber nicht und blieb stumm, den Blick noch immer starr auf den Tisch gerichtet.
    „Und jetzt können Sie abgeben“, fuhr Snape aalglatt fort. „Cornfoot, Sie sammeln die Blätter ein.“

    „Es war schön, dich kennengelernt zu haben“, sagte Betty, „leb wohl, Skye.“
    „Sehr ermutigend.“
    „Du wirst das schon schaffen“, sagte Padma.
    Skye seufzte frustriert und ließ ihre Gabel sinken. Auf das Abendessen hatte sie plötzlich gar keine Lust mehr.
    „Und dann lässt er mich noch am letzten Tag der Prüfungen nachsitzen!“, beschwerte sie sich händeringend.
    „Wir wissen alle, dass Snape ein Drecksack ist“, sagte Betty, den Mund voll Kotelett.
    „Wenigstens wird deine Note trotzdem zählen“, sagte Padma. „Ich war sowieso schlecht, aber bei dir wäre das ziemlich blöd gewesen.“
    „Aber Professor Flitwick hat mir auch eine Standpauke gehalten“, erzählte Skye. „Nach der Prüfung in Zaubereigeschichte hat er mich direkt zu sich geholt.“
    „Hat er dich zur Schnecke gemacht?“, fragte Betty.
    „Ein bisschen. Aber naja, es ist Professor Flitwick, der ist nicht so streng wie dieser blöde Snape.“
    Padma schnaubte. „Penelope hat heute gedacht, sie müsse mir mal moralisches Denken beibringen. Ihr Vortrag hat sicher zwanzig Minuten gedauert, sie war verdammt wütend.“
    „Das ist wegen der vielen Hauspunkte, die wir verloren haben“, sagte Skye. „Mich schauen auch alle so an, als wäre ich eine Schwerverbrecherin.“
    Betty zuckte mit den Schultern. „Ach, macht euch nichts draus. Bald ist unser letztes Quidditch-Spiel, da biegt das Team das schon wieder hin.“
    „Habt ihr gesehen, wie Arthur Wright Harry anschaut?“, fragte Skye. „Er sieht aus, als würde er ihm gerne etwas brechen, damit er nicht zum Spiel kann.“
    „Ich weiß gar nicht, was er hat“, meinte Betty schulterzuckend. „Wir haben Emily Abercrombie, sie ist eine verdammt gute Sucherin. Und Ravenclaw liegt nur um wenige Punkte hinter Gryffindor zurück. Vielleicht gewinnen wir den Quidditchpokal.“
    „Das wäre toll“, sagte Skye hoffnungsvoll.
    „Ich glaube, langsam musst du los, Skye“, sagte Padma und zeigte auf die leeren Teller, von denen die Essensreste schon von Zauberhand verschwunden waren.
    „Wohl oder übel“ Skye stand auf und wendete sich zum Gehen. „Ich wünsche euch noch ein schönes Leben“, sagte sie theatralisch.
    Padma lachte. „Viel Glück.“
    Skye lief aus der Großen Halle und machte sich missmutig auf den Weg in die Kerker. Die meisten Schüler waren beim Abendessen und feierten ihre endlich überstandenen Prüfungen; Skye jedoch musste jetzt den Abend bei Professor Snape verbringen.
    In den Kerkern traf sie noch auf Pansy Parkinson und Tracey Davis, die ihr einige wüste Beleidigungen an den Kopf warfen, doch Skye ignorierte sie einfach.
    Schlecht gelaunt trat sie schließlich ins dunkle Klassenzimmer für Zaubertränke, wo auch schon Professor Snape auf sie wartete.
    „Sie sind zu spät, Thomas“, schnarrte er.
    Skye erwiderte nichts und verschränkte nur die Arme.
    „Sie werden heute die Prüfungskessel reinigen“, sagte Snape und zeigte auf einen riesigen Berg von dreckigen Kesseln, die sich in einer Ecke stapelten.
    Skye wollte schon erleichtert ihren Zauberstab zücken, denn diese Aufgabe war mit dem passenden Zauberspruch leicht zu bewältigen.
    Ohne Zauberei“, sagte Snape hämisch grinsend.
    Wütend nickte Skye und lief zu den stinkenden Kessel. Aus manchen tropften noch gefährlich aussehende Flüssigkeiten und der bestialische Gestank schien Skye den Geruchssinn wegzuätzen.
    Snape wendete sich einem Stapel Pergamentblätter auf seinem Pult zu und bleckte zufrieden die Zähne.
    „Arbeit macht das Leben süß, sagt man doch unter Muggeln, nicht?“

    Als Skye endlich fertig war, fühlte sie sich nicht nur wie eines der ekligen eingelegten Tiere, die in Gläsern überall in Snapes Klassenzimmer standen - nein, sie roch auch so. Vom vielen Putzen waren ihre Hände ganz schrumpelig geworden und ihr Umhang stank stark nach verfaulten Eiern.
    So schnell wie möglich verschwand sie aus den Kerkern und machte sich auf zum Ravenclaw-Turm.
    Durch die Fenster strahlte silbernes Mondlicht in die Korridore und Skye schloss daraus, dass es schon Nacht sein musste.
    Gleich würde sie erstmal duschen, beschloss sie.
    „Autsch! Ron! Du bist mir auf den Fuß getreten!“, zischte plötzlich eine wütend klingende Stimme.
    Skye blieb sofort stehen und lauschte angestrengt, das Geflüster schien nämlich von einem abzweigenden Gang zu kommen.
    Zögerlich schlich sie in die Richtung.
    „Hallo?“, fragte sie laut. „Wer ist da?“
    Der Gang war vollkommen leer und Skye sah sich suchend um.
    Hatten die stinkenden Dämpfe der Kessel etwa Halluzinationen bei ihr hervorgerufen? Das konnte Skye sich doch nicht einfach eingebildet haben, sie hatte die Stimme schließlich gehört.
    „Ron?“, fragte sie. „Hermine? Harry? Seid ihr auch da?“
    Wieder keine Antwort, doch diesmal konnte Skye die Geräusche eines leisen, heftigen Atems hören.
    „Jetzt kommt schon raus! Das ist nicht lustig!“
    Sie zog ihren Zauberstab und hielt ihn wachsam vor sich ausgestreckt.
    Noch ein kurzer Moment der Stille, da gaben die Unsichtbaren endlich auf.
    Harry, Ron und Hermine tauchten wie aus dem Nichts auf; Harry hielt einen silbrig schimmernden Umhang in der Hand.
    „Was macht ihr hier?“, fragte Skye entgeistert.
    Die Freunde wechselten einige bedeutungsvoll Blicke und sagten erst nichts.
    Ungeduldig verdrehte Skye die Augen. „Ihr könnt es mir ruhig verraten. Schließlich weiß ich auch schon von diesem Hund und Nicolas Flamel und -„
    „Ist ja gut“, unterbrach Harry sie hektisch.
    „Dann schießt mal los.“
    Die Freunde blieben noch kurz stumm, bis Harry endlich anfing zu erzählen.
    „Wir haben ja gesagt, Fluffy bewacht etwas. Jetzt wissen wir was, nämlich den Stein der Weisen. Der könnte aber Voldemort helfen, aufzuerstehen und heute Abend wird Snape versuchen, ihn zu stehlen.“
    Skyes Augen weiteten sich überrascht. „Und ihr wollt das verhindern? Als Erstklässler? Ihr wisst schon, dass man dafür wahrscheinlich fortgeschrittene Zauberei braucht?“
    „Ja, aber sonst kommt Du-Weißt-Schon-Wer wieder an die Macht!“, sagte Ron.
    Skye seufzte. „Ihr seid wirklich verrückt . . . Kann ich euch irgendwie helfen? Aber ich will nicht in den dritten Stock zu dem Hund, nur dass das klar ist . . .“
    Hermine überlegte und plötzlich schien sie auf etwas gekommen zu sein.
    „Nun, da wäre wirklich etwas. Keiner der Lehrer glaubt uns, außerdem ist Professor Dumbledore im Ministerium. Kannst du ihm eine Eule oder so schicken, damit er so schnell wie möglich herkommt?“
    „Wir wissen nämlich nicht, wie gut wir das hinkriegen werden“, sagte Ron. „Vielleicht werden wir ja noch von irgendetwas zerfleischt.“
    „Gut, mache ich“ Skye nickte. „Ich schreibe, dass er so bald wie möglich kommen soll.“
    „Danke“, sagte Harry. „Wir . . . sind dann mal weg.“
    Er warf den silbrigen Umhang wieder über sich und die anderen, die alle augenblicklich verschwanden. Skye beobachtete das erstaunt, war sich aber sicher, dass das in der Welt der Magie keine große Sache war.
    Dann drehte sie sich um und machte sich schnurstracks auf den Weg in die Eulerei, den Zauberstab noch immer fest umklammert.
    Es war ziemlich mutig von Harry, Ron und Hermine, sich einfach so und dann noch als unerfahrene Erstklässler so ein Vorhaben durchziehen zu wollen, fand Skye. Sie hoffte, dass Twig Dumbledore schnell und bevor etwas Schlimmes passierte erreichen würde. Wie weit das Zaubereiministerium wohl von Hogwarts entfernt war?
    Nachdenklich lief Skye die Treppen zur Eulerei hoch, als ihr plötzlich ein Gedanke kam.
    Sie hatte nämlich eine äußerst verrückte Idee.

    BILD: Das Klassenzimmer für Zaubertränke

    15

    Kapitel 15: IM ZAUBEREIMINISTERIUM

    Skyes Idee war verrückt; sie war unrealistisch, idiotisch, potenziell gefährlich und ziemlich abwegig. Doch Skye glaubte aus einem seltsamen Grund an den Erfolg und dass es funktionieren könnte.
    Natürlich hatte sie noch nichts derartiges ausprobiert, aber es gab immer einen ersten Versuch. Das redete sie sich zumindest ein, als sie auf dem Weg zur Eulerei plötzlich abstoppte und etwas unter ihrem Umhang hervorzog.
    Es war ihr Zeitumkehrer, der im Licht der Fackeln geheimnisvoll glitzerte.
    Was wäre, wenn Dumbledore Unrecht gehabt hatte?
    Er wird dich führen“, hatte er gesagt.
    Doch Skye war plötzlich diese eigenartige Idee gekommen.
    Sie wusste, dass Harry, Ron und Hermine wahrscheinlich in Gefahr waren. Denn Skye glaubte an vieles, doch sie glaubte nicht, dass Erstklässler es ohne Weiteres schafften, es mit einem dunklen Magier aufzunehmen. Und sie wusste nicht, wie lange eine Eule ins Zaubereiministerium wohl brauchen würde.
    Doch vielleicht, ganz vielleicht, gibt es noch einen anderen Weg, dachte sie sich. Es musste einfach funktionieren; Skye hatte dieses Gefühl gehabt und sie verließ sich darauf.
    Entschlossen fing sie an, an dem Rädchen zu drehen.

    Genau zwei Minuten waren vergangen, als Skye in einer anderen Dimension die Augen wieder öffnete. Sie stand in ihrem dunklen Zimmer, nur durch den Türschlitz drang ein wenig Licht hinein.
    Es war einer der Lieblingsorte des Zeitumkehrers. Sie landete meist in ihrem Zimmer oder im Mädchenschlafsaal, so wie an jenem Tag. Natürlich gab es manchmal Ausnahmen - wie der Verbotene Wald - doch eigentlich waren die Orte vorhersehbar.
    Skye atmete tief durch. Sie musste sich konzentriert, dann könnte ihr Versuch tatsächlich klappen. Mit vor Anstrengung gerunzelter Stirn und den Zeitumkehrer fest umklammert lenkte sie ihre Gedanken auf ein einziges Bild.
    Albus Dumbledore formte sich langsam vor ihrem inneren Auge; sie versuchte an jedes kleinste Detail zu denken. Die lange Hakennase, die weißen Haare, sein freundliches Lächeln - nichts ließ Skye aus.
    Noch einmal begann sie an ihrem Zeitumkehrer zu drehen, ganz langsam und bedächtig.
    „Bitte“, murmelte Skye, „oh, bitte bring mich zu ihm.“
    Sie atmete ein letztes Mal tief durch, dann begann sie ins Leere zu fallen und Dumbledores Bild löste sich in ihren Gedanken langsam wieder auf.

    „Willkommen im Zaubereiministerium. Bitte nennen Sie Ihren Namen und Ihr Anliegen.“
    Überrascht keuchte Skye auf, als sie die kühle Frauenstimme hörte, die plötzlich ganz nah an ihrem Ohr ertönte.
    Schnell öffnete sie die Augen und sah sich perplex um. Sie stand in einer schäbigen Telefonzelle. Die dreckige Lampe außen spendete wenig Licht und Skye konnte nur eine Straße und eine graffitibesprühte Mauer erkennen.
    „Bitte nennen Sie Ihren Namen und Ihr Anliegen“, wiederholte die Frauenstimme monoton und Skye wendete sich erstaunt dem Telefon zu, aus dem die Stimme zu kommen schien.
    „Ich . . .“, begann Skye unsicher. „Ich bin Skye Thomas und muss unbedingt zu Albus Dumbledore; es geht um einen Notfall in Hogwarts.“
    „Vielen Dank. Besucher, bitte nehmen Sie die Plakette und befestigen Sie sie vorne an Ihrem Umhang.“
    Irgendwo in dem Automat ratterte es dumpf und Skye blickte verwirrt zu dem Münzschacht, aus dem plötzlich eine kleine Silberplakette fiel.
    „Besucher des Ministeriums, Sie werden aufgefordert, sich einer Durchsuchung zu unterziehen und Ihren Zauberstab zur Registrierung am Sicherheitsschalter vorzulegen, der sich am Ende des Atriums befindet“, sagte die Frauenstimme.
    Skye Thomas, Notfallgespräch mit Albus Dumbledore las Skye auf der Plakette und sie war gerade dabei, sie sich unter das Hogwarts-Wappen an ihren Umhang zu stecken, da begann der Boden plötzlich zu beben und langsam fuhr sie wie mit einem Fahrstuhl in die Erde.
    Skye wimmerte überrascht und klammerte sich an dem Telefonhörer fest. Irgendwoher drang goldenes Licht in die Telefonzelle und endlich blieb sie stehen.
    „Das Zaubereiministerium wünscht Ihnen einen angenehmen Tag.“
    Noch während die kühle Stimme sprach, sprang die Tür auf und Skye klappte augenblicklich die Kinnlade herunter.
    Vor ihr erstreckte sich eine riesige Halle. Sie war unglaublich prunkvoll und hatte eine hohe, pfauenblaue Decke. Es gab goldene Kamine, in denen hier und da Hexen und Zauberer einfach auftauchten und lässig in die Halle schritten; kleine Papierflieger flatterten überall herum und trotz der späten Uhrzeit herrschte noch ein reges Treiben. Besonders begeistert war Skye von dem prächtigen Brunnen in der Mitte, auf dem große Statuen von einem Zauberer, einer Hexe und drei anderen seltsamen Wesen standen.
    Nur schwer konnte Skye sich von diesem fantastischen Anblick losreißen, aber sie hatte ein Vorhaben, und das musste schnell gehen, so viel wusste sie. Ob sich Harry, Ron und Hermine in Hogwarts wohl gut durchschlagen konnten?
    Gehetzt sah sie sich um, bis sie schließlich ein Pult mit der Aufschrift Sicherheit entdeckte. Zielstrebig lief Skye darauf zu und ein mürrisch aussehender Zauberer, der dort saß, schaute aus einem Comic (Die Abenteuer von Martin Miggs, dem mickrigen Muggel) auf und musterte Skye mit einem müden Blick.
    „Ich muss ganz dringend zu Albus Dumbledore“, sagte Skye hektisch.
    Den schäbig aussehenden Zauberer schien das nicht sehr zu interessieren, er führte einfach eine seltsame Rute an Skye auf und ab.
    Diese machte das Ganze ein wenig verwirrt mit und sah schließlich mit großen Augen zu dem Mann hinauf.
    „Zauberstab, wenn ich bitten darf“, sagte er und Skye reichte ihm ein wenig zögerlich ihren Zauberstab.
    Der Angstellte hantierte kurz mit einer eigenartigen Messingwaage, bis er Skye den Zauberstab wieder in die Hand drückte.
    „Kern Drachenherzfaser, elf Zoll, fast ein Jahr in Gebrauch. Stimmt das?“, fragte er gelangweilt.
    Skye nickte überrascht. Woher wusste dieser Mann plötzlich so viel über ihren Zauberstab?
    Doch über solche Fragen durfte sie sich jetzt keine Sorgen mehr machen. Sie musste dringend den Schulleiter finden, was in diesem riesigen Gebäude ziemlich schwierig werden würde, wie Skye vermutete.
    Sie hatte sich schon zielstrebig auf den Weg in Richtung einiger Aufzüge gemacht, doch plötzlich wurde ihr etwas klar. Skye hatte nämlich absolut keine Ahnung, wo Dumbledore wohl war. Es würde Ewigkeiten dauern ihn zu finden.
    Seufzend drehte sie sich um und stapfte an ein paar neugierig schauenden Hexen wieder Richtung Sicherheitsschalter vorbei.
    „Verzeihung“, fragte sie behutsam den Mann von eben, der mittlerweile sehr genervt schien und seinen Comic wieder sinken ließ.
    „Was?“, schnauzte er unfreundlich.
    „Wissen Sie, wo ich Albus Dumbledore finden kann?“
    Der Zauberer kratzte sich nachdenklich an seiner unrasierten Wange.
    „Der ist heute irgendwann gekommen, das weiß ich noch . . . Vielleicht im Büro vom Minister oder so; weiß nicht.“
    „Und wo ist das Büro vom Minister?“, fragte Skye ungeduldig.
    „Erster Stock“, antwortete der Mann knapp.
    „Danke!“
    Glücklich grinsend sauste Skye wieder in Richtung der goldenen Aufzüge, wobei immer mehr Zauberer und Hexen auf sie aufmerksam wurden und ihr hinterherstarrten. Skye konnte sich schon denken, dass es nicht oft vorkam, dass Elfjährige alleine im Ministerium unterwegs waren.
    Sie konnte sich gerade noch in einen vollen Aufzug quetschen und stand nun eingezwängt zwischen einer hochgewachsenen Hexe und einem gutmütig aussehenden, etwas dickbäuchigen Zauberer.
    Der Aufzug ratterte nach oben und Skye wartete ungeduldig, während sechs Stockwerke mit den eigenartigsten Abteilungsnamen abgeklappert wurden. Manche stiegen aus und andere kamen neu hinein, während die kühle Frauenstimme jedes Mal das Stockwerk ansagte.
    „Erster Stock, Zauberminister und Assistenzkräfte“, verkündete die Stimme endlich und Skye kämpfte sich zügig zwischen einem Mann mit einem hupenden Toaster und der hochgewachsenen Hexe heraus.
    Sie stand nun in einem langen Gang, der aber vollkommen leer war. Es gab viele glänzende Holztüren mit kleinen Schildern, auf denen Namen standen, und goldenes Licht aus einer unsichtbaren Quelle erhellte den Gang.
    Langsam lief Skye an den Türen vorbei und las angestrengt die Aufschriften der glänzenden Schildchen.
    Skye war schon kurz vor dem Aufgeben, da fand sie endlich die richtige Tür. Sie war ganz am Ende des Ganges und besonders groß. Auf dem Schild stand:

    Cornelius Fudge
    Zaubereiminister


    Erleichtert atmete Skye auf und klopfte sachte an die riesige Tür. Ein gedämpftes „Herein!“ ertönte und Skye drückte schüchtern die Klinke nach unten.
    Sie trat in ein geräumiges Zimmer, das vom Schein einiger Kerzen erhellt wurde und hübsch eingerichtet war. Es gab Bücherregale, (natürlich sich bewegende) Bilder und einen großen, klauenfüßigen Schreibtisch, der mit Papierstapeln bedeckt war und an dem zwei erstaunt aussehende Männer saßen.
    Professor Dumbledore blickte Skye milde überrascht an, aber sein Gegenüber, ein kleiner Zauberer mit Nadelstreifenumhang schien deutlich perplexer.
    „Professor Dumbledore!“, begann Skye direkt. „Sie müssen sofort nach Hogwarts zurück! Es geht um den Stein der Weisen, er ist in Gefahr! Und Harry, Ron und Hermine auch!“
    „Was?“, fragte der untersetzte Zauberer verwirrt.
    „Darf ich vorstellen, Cornelius, das ist Skye Thomas“, sagte Dumbledore ruhig. „Ich habe schon von ihr erzählt.“
    Skye war es unangenehm, wie der Minister sie so genau musterte und dann etwas zerstreut nickte.
    „Was ist mit dem Stein?“, fragte Dumbledore und seine Augen blitzten wachsam auf.
    „Er ist in Gefahr! Wir müssen schnell sein!“
    Zu Skyes Überraschung schien Dumbledore an keinem ihrer Worte zu zweifeln, denn er stand entschlossen auf.
    „Ich denke, Sie werden verstehen, Cornelius, wenn ich nun meinen Schülern zur Seite stehen muss. Eben stellte sich schließlich auch heraus, dass ich im Ministerium doch nicht benötigt werde.“
    „J-ja, gehen Sie nur“, stotterte der Minister verwirrt.
    „Wiedersehen, Sir“, sagte Skye freundlich, doch er bedachte sie nur mit einem äußerst eigenartigen Blick.
    Als sie mit Dumbledore auf den Gang trat, sprudelte es nur so aus Skye heraus.
    „Ich musste zum Nachsitzen und danach bin ich Harry, Ron und Hermine begegnet, die sich auf den Weg in den dritten Stock gemacht haben und dann wollte ich ihnen helfen, also Sie suchen, Professor, und hatte die Idee, dass mein Zeitumkehrer mich mit ganz viel Konzentration zu Ihnen bringen könnte. Wir müssen schnell wieder nach Hogwarts zurück!“
    Dumbledore sah nun ein wenig besorgter aus, blieb aber ganz gelassen.
    „Der Zeitumkehrer? Wie hast du das gemacht?“
    „Nun, ich habe mich einfach auf Sie konzentriert und dann bin ich ins Ministerium gekommen“ Skye deutete auf die Plakette an ihrem Umhang.
    „Dann werden wir wohl jetzt nach Hogwarts zurückkehren“, sagte Professor Dumbledore mit nachdenklichen Blick. „Denkst du, du kannst das mit dem Zeitumkehrer noch einmal machen?“
    Verwirrt nickte Skye. Warum wollte Dumbledore über diesen Weg zurück?
    Aber sie gehorchte brav und fing an, an dem Rädchen zu drehen. Bevor Skye wieder anfing zu fallen, packte sie Dumbledore noch (etwas unsanft) am Arm und zog ihn mit in die unergründliche Leere.

    Es war ihr recht peinlich, mit dem Schulleiter in ihrem Zimmer zu stehen, der sehr interessiert anfing die Muggelgeräte, wie ihre Lampen oder den kleinen Fernseher in ihrem Zimmer, zu untersuchen.
    Etwas gehetzt machte Skye sich wieder auf die Rückreise bereit. Es war ziemlich kompliziert, ständig zwischen den Dimensionen hin- und herwechseln zu müssen, aber natürlich hatte sie Dumbledores Wunsch nicht abschlagen können.
    Sie konzentrierte sich auf Dumbledores Büro und hatte es genau vor ihren Augen, mit all den seltsamen Gerätschaften und Geheimnissen; sie drehte an dem Rädchen, und wieder einmal riss sie den Lehrer mit.
    In Skyes Kopf tauchten die herrlichsten Gedanken über Reisen auf, überallhin wo sie wollte. Sie würde sich einfach ans Meer oder in weit entfernte Länder schicken können, alles wäre möglich. Ob das wohl mit der Zeit auch so funktioniere? Begeistert breitete sich ein Lächeln auf Skyes Gesicht aus.

    „Hat es geklappt?“
    Aufgeregt öffnete Skye die Augen, bereit, Dumbledores Büro vor sich zu haben, und sah sich um. Ihre erst fröhliche Miene wurde immer enttäuschter und schließlich seufzte traurig.
    Sie stand im dritten Stock in Hogwarts, nahe bei der Tür zum geheimnisvollen Korridor.
    „Professor, das heißt, ich kann den Zeitumkehrer nicht nach meinem Willen kontrollieren?“, fragte sie.
    Dumbledore, der sehr nachdenklich aussah, schüttelte langsam den Kopf.
    „Das muss wohl Zufall gewesen sein. Aber ein recht glücklicher, das stimmt wohl.“
    Die Enttäuschung in Skye wurde immer größer. Das Ganze wäre auch zu schön gewesen . . .
    Aber der Zeitumkehrer schien einfach seinen eigenen Kopf zu haben.
    „Dennoch war es eine äußerst interessante Idee, das auszuprobieren“, sagte Dumbledore. „Mr Harry Potter, Mr Ron Weasley und Miss Hermine Granger können sich glücklich schätzen, dich als Unterstützung zu haben.“
    „Was soll ich ihnen denn sagen? Einfach, dass ich eine Eule an Sie geschickt habe?“
    „Das ist eine gute Lösung.“
    Dumbledore wendete sich entschlossen der Tür zu.
    „Nun ab ins Bett, Skye“, sagte er. „Es ist spät und manchmal begreift man Dinge im Traum besser als in der Wirklichkeit.“
    Gehorsam trat Skye zurück. Aber da fiel ihr etwas ein und ein letztes Mal drehte sie sich um.
    „Weiß außer Hagrid noch ein Lehrer von dem Zeitumkehrer?“
    Dumbledore lachte, er schien nicht davon überrascht, dass Skye von Hagrid als Eingeweihten wusste. „Nein.“
    „Aber warum nur er?“
    „Das ist, denke ich, ein gutes Thema für eine andere Gelegenheit.“
    Skye zwang sich, ihre Neugier zu beherrschen und langsam bemerkte sie auch, wie unglaublich müde sie eigentlich war.
    „Viel Glück, Professor. Ich hoffe, den anderen geht es gut.“
    Sie hörte das Knarzen der Tür, als Dumbledore sie aufschob und Skye machte sich auf den Weg zum Ravenclaw-Turm. Die vielen Eindrücke des Tages schienen erst jetzt so richtig auf sie zu wirken, und langsam realisierte Skye, was alles passiert war.
    Nachdenklich zog sie sich den Zeitumkehrer über den Kopf und betrachtete ihn genau. Er schimmerte mysteriös und in Skye entstand ein überwältigendes Gefühl.
    Sie begriff, was für eine Macht diese unschuldige Kette haben musste und was für ein Schicksal Skye mit ihr verband. Ihr drehte sich ein wenig der Magen um, als sie an die Aufgabe dachte, von der Dumbledore erzählt hatte.
    Was würde passieren, wenn ihre Zeit irgendwann käme?

    BILD: Das Atrium des Zaubereiministeriums

    16

    Kapitel 16: DER QUIDDITCHPOKAL

    Es war wirklich unglaublich, wie schnell sich Dinge in Hogwarts verbreiteten. Überall sprach man von Harry Potter und seinen Freunden, die so ein waghalsiges Abenteuer erfolgreich bestritten hatten. Harry lag noch im Krankenflügel, aber Hermine und Ron waren kleine Berühmtheiten geworden. Jeder wollte wissen, was im dritten Stock geschehen war und es gab kein anderes Thema; die ganze Schule sprach nur von den drei Erstklässlern und . . . Quidditch.

    „Was hat Hermine eben zu dir gesagt?“, erkundigte sich Padma gerade neugierig, während sie auf dem Weg zur Quidditch-Tribüne waren.
    „Sie hat sich nur noch einmal für die Eule an Professor Dumbledore bedankt“, antwortete Skye wahrheitsgemäß.
    Hermine hatte sie wirklich eben in der Eingangshalle abgefangen und gesagt, dass Harry ohne Dumbledores Hilfe wahrscheinlich tot gewesen wäre. Auf die bewundernde Frage, wie Skye ihn so schnell erreicht hatte, antwortete diese nur, dass Twig eben eine sehr schnelle Eule war. Niemand schien etwas von ihrem eigentlichen Abenteuer im Ministerium zu wissen, und das war Skye gerade recht so.
    „Da wäre ich auch gerne zum Nachsitzen gekommen“, sagte Betty. „Wenn man danach so etwas erlebt . . .“
    Skye grinste. „Ach, glaub mir, so wunderbar war das gar nicht. Snape ist wirklich der schleimigste Schleimbeutel der Welt.“
    Padma ließ ihren Blick derweil angestrengt über die Ravenclaw-Tribünen wandern.
    „Da ist fast alles voll“, sagte sie. „Wir müssen uns beeilen.“
    „Bei so einem finalen Spiel kommen plötzliche alle Ravenclaws aus ihren Löchern gekrochen“, meinte Betty und ging entschlossen voran.
    Mit dem Stecken ihrer riesigen Ravenclaw-Fahne boxte sie sich durch die Menge; die Schüler wichen ihr aus Angst aufgespießt zu werden erschrocken aus.
    „Ich glaube, dort wo deine Schwester sitzt ist noch ein wenig frei, Betty“, sagte Skye und zeigte auf einen guten Platz ganz oben auf der Tribüne.
    Das Spiel hatte schon fast begonnen, als Skye, Betty und Padma es endlich geschafft hatten, Platz zu nehmen. Sie mussten sich auf ein winziges Stück freie Bank hocken und Skye saß nun eingequetscht zwischen Cho und Betty.
    Überall um die Mädchen sah man die Hausfarben von Ravenclaw, blau und bronze. Die begeisterten Fans trugen Shirts und Rosetten, außerdem hatten viele Fahnen wie Betty oder große Banner dabei, auf die Bilder von prächtigen Adlern und Schlachtrufe gemalt waren. Der Gegenpol dazu war die rot-goldene Seite der Gryffindors, die ihr Team ebenso entschlossen anfeuerte.
    „Da kommen sie!“, kreischte Marietta aufgeregt und zeigte wie wild auf das Feld.
    Ein ohrenbetäubender Lärm brach bei den Ravenclaws aus und auch Skye jubelte aufgeregt. Das Ravenclaw-Team schritt lässig zur Mitte des Feldes und der Captain Arthur Wright schüttelte dem ernst (und etwas beunruhigt) aussehenden Oliver Wood fest die Hand. Die Ravenclaw-Sucherin Emily Abercrombie stand einem dürren Jungen gegenüber, den Skye nicht kannte.
    „Stimmt, Harry Potter kann gar nicht mitspielen!“, sagte Padma. „Er liegt im Krankenflügel!“
    „Unsere Chancen auf den Sieg werden immer höher!“, sagte Skye.
    Die vierzehn Spieler bestiegen ihre Besen und Madam Hoochs lauter Pfiff ertönte.
    „Das letzte Spiel der Saison!“, verkündete der Kommentator Lee Jordan erwartungsvoll. „Gryffindor oder Ravenclaw? Wer wir den Quidditchpokal gewinnen?“
    Skye drückte gespannt die Daumen und stimmte in die ausgelassenen Schlachtrufe der Ravenclaws ein.
    „ADLER FÜR DEN CUP!“, schallte es über das Spielfeld, während einer der Jäger, Randolph Burrow, in den Quaffelbesitz überging.
    „Burrow hat den Quaffel, weicht einem Weasley aus . . . Pass an Parker und . . . halt ihn auf, Wood . . . Nein! TOR FÜR RAVENCLAW!“
    Die „ADLER FÜR DEN CUP!“-Rufe wurden noch lauter und Betty wedelte wie verrückt mit ihrer Fahne herum.
    „Isla Parker ist eine wirklich unglaubliche Jägerin“, sagte Cho mit leuchtenden Augen. „Schade, dass sie nächstes Jahr nicht mehr da ist.“
    Neugierig wandte sich Skye zu ihr um. „Und dann?“
    „Dann wird ein Ersatz gesucht. Viele Spieler verlassen bald die Schule, wir haben eine recht alte Mannschaft“, erklärte Cho.
    „Wer denn noch?“
    „Für Isla Parker und die Hüterin Grace Clearwater war es das letzte Jahr; Arthur Wright und Emily Abercrombie sind auch bald dran. Ich frage mich, wer sie ersetzen soll . . .“
    „Cho träumt schon seit Ewigkeiten davon, in der der Mannschaft zu spielen“, sagte Emma, die wohl alles mitgehört hatte, verschwörerisch.
    Cho erröte ein wenig. „Ja, aber die würden mich sowieso nicht nehmen.“
    „Das stimmt doch gar nicht, du kannst gut fliegen!“, entrüstete sich Marietta.
    „Ich werde dich nächstes Jahr zu den Auswahlspielen bringen, und wenn es das letzte ist, was ich tue“, sagte Emma bestimmt.
    „Du könntest dich doch auch bewerben, Skye“, schlug Betty vor. „Madam Hooch hat selbst gesagt, dass du eine gute Fliegern bist.“
    Überrascht weiteten sich Skyes Augen. „Ich? Im Quidditch? Ich habe doch noch nicht einmal einen Besen.“
    „Ich aber“, sagte Betty grinsend. „Weißt du, früher wollte ich mal Quidditch-Spielerin werden und habe sogar einen Besen gekriegt. Dann aber hat sich herausgestellt, dass ich Flugangst habe.“
    Nachdenklich sah Skye zum Feld, wo Arthur Wright gerade dabei war, der Gryffindor-Jägerin Katie Bell einen Klatscher nachzuschlagen. Irgendwie gefiel ihr die Vorstellung von sich als Quidditch-Spielerin. Das Besenfliegen machte ihr so viel Spaß, und auch an Quidditch hatte sie schnell Gefallen gefunden.
    „Aber kannst du den einfach abgeben?“, fragte Skye zögerlich.
    „Glaub mir“, Emma lachte, „unsere Mum ist froh, den loszuwerden.“
    „Ich fände das toll, wenn du in der Quidditch-Mannschaft wärst“, gab Padma verträumt hinzu.
    Skye pulte nachdenklich an ihrer Ravenclaw-Rosette herum.
    „Na gut“, sagte sie schließlich. „Ich bewerbe mich. Aber ob es klappt, kann ich nicht garantieren.“
    „Obercool!“, rief Betty begeistert.
    „Aber dann musst du dich auch bewerben“, sagte Skye und wendete sich herausfordernd an Cho.
    Diese lächelte aufgeregt. „Abgemacht.“
    „Bisher steht es achtzig zu null für Ravenclaw“, verkündete Lee Joran mit gequälter Stimme. „Und schon wieder ist Davies auf dem Weg zum Tor, zielt und -“ Plötzlich brach er ab. „Emily Abercrombie geht in den Sturzflug! Komm schon, Auggie, flieg ihr hinterher . . . Gryffindor-Sucher und Ersatz für Harry Potter August Caspary liegt ihr dicht - also ein bisschen dicht - auf den Fersen und . . .“
    Das ganze Stadion hielt gespannt den Atem an, auf einmal herrschte Totenstille und sogar die Spieler sahen nurnoch gespannt zu den Suchern, die wieder gen Himmel schossen. Sie waren nicht mehr zu sehen, irgendwo hinter den Wolken waren sie verschwunden. Skye wagte es kaum mehr zu atmen.
    „Ach, komm schon . . .“, flüsterte Cho neben ihr fieberhaft.
    Und da tauchte eine Person aus den Wolken auf, sie hielt die Faust in die Höhe gestreckt und selbst von den Tribünen sah man das goldene Blitzen des Schnatzes in ihrer Hand.
    „EMILY ABERCROMBIE!“, rief Lee Jordan. „Emily Abercrombie! Sie hat den Schnatz gefangen!“
    Es war wie eine Explosion im Stadion, die Ravenclaws schrien sich die Seele aus dem Leib.
    Emily flog glücklich Richtung Boden, den Schnatz immer noch fest in der Hand. Die Ravenclaw-Spieler fielen sich in die Arme und Skye beobachtete, wie Arthur Wright seinen Schläger wegwarf und Emily ausgelassen küsste.
    Betty und Padma waren in ein lautes Singsang verfallen und Skye stimmte fröhlich mit ein.
    „WIR HABEN DEN QUIDDITCHPOKAL, WIR HABEN DEN QUIDDITCHPOKAL!“

    Noch Tage danach kam Skye nicht aus dem Grinsen heraus, sie fühlte sich, als hätte sie höchstpersönlich das Spiel gewonnen.
    Und nicht nur hatte sie die Abschlussprüfungen in Hogwarts hinter sich gebracht, auch an ihrer Muggelschule ging es um einiges entspannter zu.
    „Bald sind Ferien!“, wiederholte Alice nach jeder Unterrichtsstunde sehnsüchtig und auch Skye freute sich auf ein wenig Ruhe.
    „Ich liebe den Sommer“, sagte Skye glücklich.
    „Lass uns in den Ferien alle Eissorten bei Giulia‘s durchprobieren“, schlug Alice vor.
    Skye nickte. „Und ganz viel Schwimmen gehen!“
    „Wir können mal einen Tripp nach London mit unseren Eltern machen!“
    „Ja, das wäre toll!“, sagte Skye begeistert.
    Sie würde in den Ferien nicht groß in den Urlaub fahren und nur ihre ein wenig senile Tante Susan in Salisbury besuchen, also war ihr ein wenig Abwechslung gerade recht.
    „Ich wünschte, ich könnte dich mit nach Südfrankreich nehmen“, sagte Alice. „Wenigstens bin ich nur zwei Wochen dort, da können wir trotzdem noch viel zusammen machen.“
    „Sechs Wochen Freiheit“, sagte Skye grinsend. „Das wird klasse!“

    BILD: Das Quidditch-Wappen der Ravenclaws

    17

    Kapitel 17: UM WELTEN ENTFERNT

    Der Uhrzeiger bewegte sich langsam und träge, er schien es nicht eilig zu haben. Irgendwo im Hintergrund hörte Skye ihren Lehrer reden, aber wie der Rest der Klasse hatte sie langsam aufgegeben, aufzupassen zu wollen.
    Schon die Schulversammlung am Anfang des Tages hatte sich schrecklich in die Länge gezogen und die Schüler wollten mittlerweile nurnoch eine Sache: Ferien.
    Skye sah zu Alice, die sich leise mit July unterhielt und schaute dann verträumt aus dem Fenster. In wenigen Minuten würde sie Ferien haben, sechs wundervolle Wochen . . .
    Ding Dong
    Ein Freudenschrei ging durchs ganze Klassenzimmer, als die erlösende Glocke endlich erklang.
    „Wir haben Ferien!“, jubelten Skyes Klassenkameraden, während sie schnell Federmäppchen und Block in ihren Rucksack warf.
    Sie wurde von einem Pulk fröhlicher Schüler nach draußen auf den Gang geschwemmt, wo sich überall Mädchen umarmten.
    „Ciao, Skye!“, rief ihr von irgendwoher jemand zu und manche drückten sie sogar zum Abschied.
    Alice‘ dunkler Haarschopf kämpfte sich durch die Menge in ihre Richtung und sie legte fröhlich strahlend ihren Arm um Skyes Schulter.
    „Wir haben das Jahr überstanden, ist das nicht verrückt?“, fragte sie grinsend.
    „Unglaublich, wirklich unglaublich.“
    „Wollen wir heute noch ins Schwimmbad gehen?“
    „Ja, können wir machen.“
    „Andy und ich kommen auch“, teilte ihnen Luke Robinson mit, der sich neben Alice und Skye einreihte.
    „Super!“, frohlockte Alice.
    Skye lächelte in sich hinein und schirmte sich die Augen vor der grellen Sonne ab, als sie durch das Schultor traten. Überall liefen muntere Schüler herum und das große Gebäude erfüllte das befreiende Gefühl der Ferien. In den Bäumen zwitscherten Vögel und eine sommerliche Brise wehte einem sachte ins Gesicht.
    Skye wurde ganz fröhlich bei dem Anblick dieses wunderschönen Sommerbildes und legte auch den Arm um Alice.
    „Weißt du“, sagte sie. „Das war das beste Schuljahr meines Lebens.“
    Alice schaute sie etwas verdattert an, Skye jedoch grinste nur.

    „Ich kann es kaum glauben, dass das unser letzter Abend hier ist“, sagte Skye wehmütig.
    „Für sechs Wochen“, meinte Betty, „ich wette mit dir, bald wirst du die Ferien wieder vermissen.“
    „Ich frage mich, wer nächstes Jahr unser Lehrer in Verteidigung gegen die dunklen Künste wird“, überlegte Padma.
    „Warum nicht mehr Quirrell?“, fragte Betty verwirrt.
    „Na, der ist doch tot!“
    „Warte, was?“
    Skye lachte. „Unter welchem Stein lebst du denn bitte, dass du das noch nicht mitgekriegt hast?“
    „Er war es, der gegen Harry Potter gekämpft hat!“
    „Professor Quirrell?“ Betty sah noch immer ungläubig aus. „Und ich habe meine Minzbonbons an den verschwendet!“
    „Das ist natürlich wieder das Einzige, woran du denkst“, sagte Skye.
    „Oh, schaut mal!“ Padmas Augen wurden ganz groß und sie sah sich beeindruckt in der Großen Halle um.
    Überrascht musterten die Mädchen die prächtigen grünen und silbernen Dekorationen, die überall verteilt waren, und schauten zu der riesigen gezeichneten Schlange, die sich auf einem Transparent hinter dem hohen Tisch schlängelte.
    „Stimmt, heute wird auch der Hauspokal verliehen“, erklärte Padma. „An Slytherin.“
    Betty schnaubte verächtlich. „Als ob die den Pokal verdient hätten. Ich bin froh, dass Ravenclaw sie wenigstens im Quidditch völlig weggeputzt hat.“
    „Ich glaube aber, wir sind sogar auf dem zweiten Platz“ Skye versuchte über die Köpfe der vielen Schüler einen Blick auf die edelsteingefüllten Stundengläser zu erhaschen.
    „Das bringt uns jetzt auch nichts mehr“, murrte Betty.
    „Ach, reg dich nicht so auf; das ist doch nur wegen deinen Minzbonbons“, sagte Padma und bugsierte Betty und Skye zum Ravenclaw-Tisch, wo die Mädchen sich an ihre Plätze fallen ließen.
    „Aber schon seit Ewigkeiten gewinnt immer nur Slytherin! Das ist einfach -“
    Betty brach ab, denn plötzlich hatte das muntere Geschnatter der Schüler aufgehört und Professor Dumbledore kam herein.
    „Wieder ein Jahr vorbei!“‚ rief er und hörte sich äußerst gut gelaunt an.
    „Jetzt aber schnell, ich habe Hunger“, zischte Betty ungeduldig.
    „Nun, wie ich es verstehe, muss jetzt dieser Hauspokal überreicht werden, und auf der Tabelle sieht es wie folgt aus: an vierter Stelle Gryffindor mit dreihundertundzwölf Punkten; an dritter Hufflepuff mit dreihundertundzweiundfünfzig; Ravenclaw hat vierhundertundsechsundzwanzig und Slytherin vierhundertundzweiundsiebzig Punkt.“
    Während die Ravenclaws, Gryffindors und Hufflepuffs mürrisch die Arme verschränkten, begannen die Slytherins laut zu jubeln und übertönten fast Professor Dumbledore, der wieder redete.
    „. . . müssen auch die jüngsten Ereignisse berücksichtigt werden.“
    „Was?“, fragte Michael Corner aufgeregt.
    Mehrere Schüler warfen sich überraschte Blicke zu und ein aufgeregtes Geflüster entstand.
    Auch Skye wollte es gar nicht glauben, aber Dumbledore fing an, Ron und Hermine jeweils fünfzig und Harry sechzig Punkte zu verleihen. Es wurde immer lauter in der Halle, niemand schien diese Wendung erwartet zu haben.
    „Ich kann‘s nicht fassen“, sagte Betty ungläubig. „Dumbledore hat ja echt Nerven.“
    Skye beobachtete die Gryffindors, die so aussahen, als würden sie vor Freude am liebsten losgeschrien. Harry, Ron und Hermine blickten stolz, aber auch ein wenig peinlich berührt, nach vorne.
    „Viertens - Miss Skye Thomas . . . für die rettende Warnung in Not verleihe ich Ravenclaw vierzig Punkte.“
    „Das ist unglaublich!“, rief Padma.
    Skye konnte es gar nicht fassen, überrascht starrte sie nach vorne zum Lehrertisch.
    „Wegen einer Eule!“, sagte Betty erregt. „Wegen einer verdammten Eule! Das ist wirklich verrückt!“
    Beschämt spürte Skye, wie sie schrecklich rot wurde, aber dennoch fröhlich grinsend vergrub sie ihre brennenden Wangen in den Händen.
    „Wie hast du das nur geschafft?“, fragte Terry aufgeregt, und auch Penelope Clearwater wollte sofort alles wissen.
    Still wurde es erst wieder, als Dumbledore erneut das Wort erhob und - Skye wollte es selbst nicht glauben - zehn Punkte an den Jungen in der Halle verlieh, von dem sie es am wenigsten erwartet hätte.
    Es war Neville Longbottom, der den Sieg für Gryffindor holte, die die ersten waren, die Slytherins Siegesreihe endlich beendet hatten. Sogar die Ravenclaws und Hufflepuffs waren so glücklich darüber, dass sie aufstanden und sich von der unbändigen Freude der Gryffindors mitziehen ließen.
    Die Mienen der Slytherins wurden immer griesgrämiger, ganz besonders, als Dumbledore die grüne und silberne Dekoration in rot-goldene verwandelte.
    „Das war ein Jahr“, sagte Betty schließlich erschöpft, als sich alle wieder hinsetzten.
    „Hogwarts ist einfach toll“, fügte Padma hinzu.
    Skye musste lächeln. Während sie ihren Blick über die Tische mit ihren fröhlich redenden Freunden schweifen ließ, die leckeren Rouladen verspeiste und an die bevorstehenden Ferien dachte, wurde ihr eins klar: in diesem Schuljahr war ihr Hogwarts so ans Herz gewachsen, wie sie es vor mehr als einem halben Jahr in Professor Dumbledores Büro, als sie sich für das Leben in beiden Dimensionen entschieden hatte, wahrscheinlich nie vermutet hätte.
    Hogwarts, seine mysteriösen Korridore, die vielen (recht eigenartigen) Lehrer, die anderen Ravenclaws; all das war ein Zuhause für Skye geworden.
    Und als sie zum Lehrertisch schaute, hätte Skye schwören können, dass Dumbledore ihr verschmitzt über seinen Trinkkelch hinweg zuzwinkerte.

    Nach dem prächtigen Festmahl ging dann alles ganz schnell - es gab Zeugnisse (der ganze Ravenclaw-Jahrgang hatte sehr gut abgeschnitten), die Koffer wurden gepackt und schon war die Zeit der Abfahrt gekommen.
    Wie im September stand der große Hogwarts-Express nach der Bootfahrt bereit; Skye, Betty und Padma hatten ein eigenes Abteil ergattert und verbrachten einen fröhlichen Nachmittag; sie aßen Süßigkeiten (Skye erfuhr auf die harte Weise, dass Bertie Bott‘s Bohnen in jeder Geschmacksrichtung wirklich jede Geschmacksrichtung hatten), schwelgten in Erinnerungen („Wisst ihr noch, als Terry Boot Professor McGonagall versehentlich mit seinem Bissigen Bumerang abgeworfen hat?“), spielten Koboldstein und so verging die Zeit wie im Fluge.
    Der Bahnhof King‘s Cross nährte sich langsam von und die saftigen grünen Wiesen und Wälder wurden von der städtischen Fassade Londons ersetzt.
    „Ich glaube, ich sehe Mum schon“, verkündete Betty, die ihr Gesicht ans Fenster gepresst hatte und zum Bahnhof sah.
    „Ja, ich auch“ Es war Bettys Schwester Emma, die plötzlich ins Abteil geplatzt kam, flankiert von Cho und Marietta.
    Ganz die große Schwester ließ sie einen strengen Blick über die drei Erstklässler schweifen.
    „Gut, ihr habt schon eure Muggelsachen an, denn gleich sind wir da. Mum will danach noch in die Winkelgasse, das hat sie mir geschrieben.“
    Betty wendete sich vom Fenster ab und sah aufgeregt zu Skye und Padma.
    „Oh, das ich hätte ich das fast vergessen: ihr müsst mich in den Ferien unbedingt besuchen kommen! Cho und Marietta durften letztes Jahr auch zu uns, deshalb muss Mum mir das einfach erlauben.“
    „Gerne, meine Ferien sind sowieso sterbenslangweilig“, erklärte Padma. „Ich muss immer meine Muggelgroßeltern besuchen, und die sind wirklich eigenartig.“
    „Ich schicke euch dann eine Eule“, sagte Betty.
    Skye war es lästig, zu erklären, dass eine Eule an sie zu schicken nicht so einfach wäre, und schwieg deswegen einfach. Stattdessen blickte sie lieber auf den immer näher kommenden Bahnsteig, auf dem aufgeregte Eltern schon ihre Kinder erwarteten.
    „Da ist Mum!“, rief Betty und zeigte auf eine hochgewachsene Frau mit dunklen Haaren, die sich mit der im Vergleich fast schon winzig wirkenden Mrs Weasley unterhielt.
    „Ich sehe meine nicht“, sagte Padma enttäuscht und versuchte angestrengt, ihre Eltern irgendwo im aufgeregten Trubel zu erkennen.
    „Und deine, Skye?“
    „Meine?“ Etwas unbeholfen druckste sie herum. „Nun . . . wir . . . treffen uns bei den Muggelparkplätzen, wisst ihr. Meine Eltern sind nämlich mit dem Auto da.“
    Padma und Betty (die bei dem Wort „Auto“ zwar ein wenig verwirrt dreinblickte) schienen das als Antwort zu akzeptieren und fingen aufgeregt an, über mögliche Aktivitäten im Sommer zu reden.
    Skye schaute derweil aus dem Fenster und musste bei dem Gedanken an die Gesichter ihrer Freunde lächeln, wenn diese von ihrem Zeitumkehrer-Geheimnis wüssten. Sie fragte sich, wie es wohl sein konnte, dass sie sich zwei völlig verschiedenen Dimensionen so angehörig fühlte.
    Leicht seufzte Skye und dachte an die Zukunft. Etwas besorgt überlegte sie, wie all das wohl weitergehen würde und unauffällig umfasste sie den Zeitumkehrer unter ihrem Shirt, der sich ganz warm anfühlte.
    Eins stand fest: ihre Leben waren wortwörtlich um Welten entfernt.

    BILD: Der Hogwarts-Express

    18

    DANKSAGUNG

    Diese Geschichte - oder eher gesagt den Anfang dieser Geschichte - zu schreiben, hat wirklich unglaublich viel Spaß gemacht.
    Es ist immer wieder schön, in der magischen Welt Zeit zu verbringen, aber mit solch einer Fanfiction ist es noch einmal ein ganz besonderes Erlebnis. Gerade durch eine andere Sichtweise macht es viel Spaß, Harrys (oder eben Skyes) erstes Jahr zu beschreiben.

    Aber das alles wäre nicht halb so schön, wenn ich euch nicht hätte.
    Eure netten Kommentare, die guten Bewertungen, das alles hat mich während dieser Zeit begleitet und ständig aufs Neue motiviert.
    Immer wieder habe ich mich gefreut, wenn es einen neuen Kommentar gab und so hatte ich auch viel Lust, weiterzuschreiben und die Geschichte fortzuführen. ♡

    Dabei muss ich die zwei treusten Leserinnen natürlich erwähnen: Tigerin und Koala-Girl, die mich mit ihrem Lob ermutigt und mir wertvolle Tipps gegeben haben.
    Vielen Dank fürs Mitlesen, danke, dass ihr jedes Kapitel so toll kommentiert habt.
    Ich hoffe, ihr lest auch noch in Zukunft fleißig mit und bleibt dabei.
    Danke für die Unterstützung und diese wundervollen Kommentare in Romanlänge! ♡♡

    Danke an J. K. Rowling, die mir mit Harry Potter immer wieder das Herz aufgehen lässt. Diese Bücherreihe ist meine Kindheit und ich werde niemals aufhören, sie zu lieben.
    Danke für die vielen tollen Figuren, die ausführlichen Beschreibungen der Jahrgänge, die mir so geholfen haben, und das geheimnisvolle Hogwarts. ♡♡♡

    ♡♡♡♡♡♡♡♡♡♡♡♡♡♡♡♡

    Nun denkt ihr vielleicht, Skyes Geschichte ist schon beendet?
    Natürlich ist das nicht so. Man könnte sogar sagen, sie fängt gerade erst so richtig an.

    Hier ist der Link zum zweiten Teil:
    https://www.testedich.de/quiz59/quiz/1550784812/Skye-Thomas-Um-Welten-Entfernt-2-Eine-Harry-Potter-FF

    Skye Thomas ist auch auf Wattpad! Falls ihr mich da unterstützen wollt, ist hier der Link:
    https://www.wattpad.com/story/210272826-skye-thomas-%7E-um-welten-entfernt-1

    Yours sincerely
    Halbblutprinzessin 28


    Keine Rechte der Bilder gehören mir! Sie sind alle auf Google gefunden.

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