Kapitel 30
Einen Moment lang stand ich einfach nur geschockt da, ohne meine Augen von ihm abzuwenden.
Sirius Black war der Hund gewesen? Wie war das möglich? Warum war er hier? Was wollte er?
Ich starrte in die braunen, wilden Augen. Auf einmal wurde mir die ganze Gefahr der Lage bewusst.
Black war gefährlich. Sehr gefährlich. Er hatte 13 Menschen umgebracht, und mir stand nicht der Sinn danach, die Nummer 14 zu werden.
Ich griff in meine Tasche, um meinen Zauberstab herauszuholen, doch die war leer.
Verdammt.
Der Zauberstab war mir herausgefallen, als ich die Treppe hinaufgezogen worden war, und lag jetzt wahrscheinlich irgendwo auf dem Boden des unteren Stockwerks.
Mich überlief es heiß und kalt.
Kein Zauberstab, das bedeutete, Black schutzlos ausgeliefert zu sein. Einem Mörder...:
Ich wurde von Panik ergriffen. Ich wollte nicht sterben- so weit war ich noch nicht.
Ich wirbelte herum und rannte zur Tür. Mit Schwung stieß ich sie auf, wobei mir eine riesige Staubwolke entgegen flog, die ich aber nicht beachtete.
„Hilary!“
Mit Schwung knallte ich die Tür hinter mir zu. Ich hatte sogar soviel Schwung, dass ich fast die Treppe hinuntergefallen wäre. Nur mit letzter Kraft konnte ich mich noch festhalten.
Panisch, ohne auf mein verletztes Bein zu achten, stolperte ich die Stufen hinunter, die unter meinen Füßen nachgaben.
Unten angekommen warf ich einen panischen Blick nach oben.
Ich hatte erwartet, dass Black vielleicht mich verfolgen würde, ob als Hund oder Mensch, aber im oberen Stockwerk war alles still.
Plötzlich erschrak ich.
Ron.
Der war ja noch oben! Alleine. Mit Black.
Eine Welle von Angst und Schuldgefühlen überkam mich und ich erinnerte mich daran, dass auch Rons Bein offensichtlich gebrochen war.
Was würde der Massenmörder mit ihm anstellen?
Ich war hin- und hergerissen. Sollte ich zurück?
Beruhige dich, ermahnte ich mich.
Als Erstes musste ich meinen Zauberstab finden, ohne den konnte ich auch nichts anstellen und war Sirius Black schutzlos ausgeliefert.
Zitternd sah ich mich in dem Raum um. Große, schwere Möbel, die voll mit Staub und Spinnweben waren, füllten den Raum und verliehen dem Ganzen etwas Düsteres. Wie lange war die Heulende Hütte wohl schon nicht mehr benutzt worden... Monate? Jahre? Jahrzehnte?
Wozu war sie überhaupt errichtet worden? Seit jeher hatte man mir erzählt, dass es in dieser Hütte spuken würde.
Ein Schauer lief mir über den Rücken. Ich kniete mich vorsichtig auf den Boden, wobei ich mich mit einer Hand am Treppengeländer festhielt. Mein Zauberstab war wohl unter einen der Schränke gerollt, jedenfalls konnte ich ihn am Boden nicht erkennen.
„Accio Zauberstab“, flüsterte ich, obwohl ich genau wusste, dass dieser Zauberspruch ohne Zauberstab keinen Sinn machte.
Unter dem klapprigen, alten Schrank in der Ecke neben dem mit Brettern vernagelten Fenster blitzte etwas auf. War das mein Zauberstab gewesen?
Ich legte mich flach auf dem Boden und sah unter das Möbelstück.
Tatsächlich konnte ich einen schwachen Lichtschein ausmachen, zwar nur ein leichtes Flackern, aber in der Dunkelheit relativ gut erkennbar.
Vorsichtig robbte ich auf dem Bauch auf den Schrank zu. Die zentimeterdicke Staubschicht auf dem Boden erwies sich als ein riesiges Problem. Der Staub kitzelte mich in der Nase, doch ich versuchte krampfhaft, ein Niesen zu unterdrücken, aus Angst, Black könnte mich hören.
Bei dem Gedanken an sein zerfurchtes Gesicht, die schmutzigen Haare und seine schattigen, dunklen Augen überlief es mich eiskalt. Hatte das Askaban mit ihm gemacht? Oder hatte er auch zu dem Zeitpunkt, als er den Massenmord an den unschuldigen Muggeln begangen hatte, so ausgesehen?
en. Egal. Ich musste jetzt als Erstes meinen Zauberstab holen. Ich verdrängte alle Gedanken an Black und schob mich weiter über den eiskalten Holzboden, bis ich vor dem Schrank angelangt war. Zwei Schubladen fehlten dem Schrank, sie schien gewaltsam herausgerissen worden zu sein. Außerdem stand das Möbelstück auf Stützen, die einen Spalt zwischen dem Boden und der Schrankunterseite bildeten. Der Spalt war gerade groß genug, dass ein Mensch mit Mühe hineinkriechen konnte, allerdings war er von Dreck fast verdeckt.
Mit einer Hand schob ich die Spinnweben zur Seite und spähte unter den Schrank.
Mein Zauberstab lag ganz hinten an der Wand. Um ihn zu erreichen würde ich unter den Schrank kriechen müssen, wo wahrscheinlich jahrzehntealter Unrat und Dreck lag.
Der Schrank war nicht nur sehr hoch, sondern auch ziemlich breit. Der Gedanke, komplett unter ihm zu liegen, war noch unheimlicher, da der Schrank relativ einsturzgefährdet aussah.
Ich atmete tief durch und kroch unter das Möbelstück.
Warum war ich nur so blöd gewesen und hatte den Zauberstab fallen gelassen- das war der erste Gedanke, den ich hatte.
Staub und Dreck verdeckte meine Sicht, und ich hatte meine Augen nur einen kleinen Spalt weit geöffnet, um das Licht meines Zauberstabs erkennen zu können.
Ich lag jetzt halb unter dem Schrank, meine Beine noch auf dem Fußboden, mein Oberkörper und mein Kopf waren in dem Spalt verschwunden. Endlich bekam ich mit meinen Händen das glatte, weiche Holz meines Zauberstabs zu fassen.
Ich war erleichtert. Nichts wie raus hier!
Doch als ich gerade wieder unter dem Schrank hervorkommen wollte, hörte ich plötzlich Schritte und das lautes Knarren des Fußbodens.
Ich erschrak fürchterlich.
Instinktiv rollte ich mich zusammen, sodass ich komplett unter dem Schrank gefangen war.
Wer war das? Fest hielt ich meinen Zauberstab umklammert.
War das Black? Nein, das war jemand, der durch den Tunnel hineingekommen war.
Auch eine Stimme war jetzt zu hören. „Ich glaube, wir sind in der heulenden Hütte, Harry, oder?“
Eine Tür quietschte, und die Personen, die den Raum betreten hatten, verschwanden in Richtung Treppe.
Ich hätte mich doppelt gegen die Stirn schlagen können. Harry und Hermine, natürlich. Dass es die Beiden waren, das hätte ich mir schon gleich denken können...
Das Zweite war die Erkenntnis, dass wir in der Heulenden Hütte waren.
Warum war ich da nicht sofort draufgekommen? Okay, ich war noch nie hier gewesen, ich war auch noch nie in Hogsmeade gewesen (außer am Bahnhof), aber ich hatte die Hütte von Hogwarts aus gesehen und die unzähligen Geschichten über die Heulende Hütte gehört: Dass hier Gespenster wohnen würden, oder bissige, übermenschlich große Monster, die hier Muggel töten würden (Leeve hatte mir das vergangenes Jahr einmal beim Frühstück erzählt), und Johara Hunter hatte einmal etwas von einem Werwolf, der hier wohnen würde, gemurmelt, als ich sie gefragt hatte wovor sie am meisten Angst hätte.
Doch so wie die Hütte momentan aussah, war hier schon länget kein Mensch mehr gewesen und auch kein Gespenst, Monster oder Werwolf. Oder?
Ich beschloss, nicht mehr länger unter dem baufälligen Schrank liegen zu bleiben und kroch mühsam darunter hervor. Über mir quietschte der Schrank und wackelte bedenklich hin und her. Als ich endlich wieder im Freien war, war ich zwar verdreckt wie noch nie, aber dennoch erleichtert, meinen Zauberstab endlich wiederzuhaben.
Noch immer atmete ich schnell, mein Herz klopfte wie wild. „Ganz ruhig“, mahnte ich mich selbst.
Im nächsten Moment hörte ich von oben Schreie und ein lautes Poltern.
In all dem Lärm hörte ich Harrys Stimme.
„Er hat meine Eltern umgebracht!“
Ein lautes Krachen folgte, und die Decke über mir vibrierte.
Noch mehr Schreie, weiteres Poltern, ein Katze kreischte, wahrscheinlich der aggressive rote Kater von Hermine Granger.
Endlich wurde es oben ruhiger. Gedämpft nahm ich durch die Decke Schritte war, und ich konnte, da es so still war, sogar die Stimmen hören.
„Sie haben meine Eltern getötet.“
Das war noch einmal Harry gewesen.
Black antwortete etwas, doch dieser sprach zu leise, so dass ich es ein Stockwerk tiefer, verstehen hätte können.
Dafür hörte ich Harrys Antwort umso lauter.
„Nicht gewollt? Sie haben Voldemort verraten, wo er sie finden kann, aber sie wussten nicht, dass er sie umbringen wird?“
Auch dieses Mal konnte ich Blacks Antwort nicht hören, doch ich wollte es auch gar nicht.
Mein Herz pochte und ich zitterte wie Espenlaub.
Diese Dinge, die ich gehört hatte, waren zu viel.
Sirius Black war ein Todesser gewesen und hatte das Versteck von Harrys Eltern an Voldemort verraten.
Er war noch so viel gefährlicher, als ich je gedacht hatte. Er hatte Harrys Eltern getötet- war er jetzt da, um auch Harry zu töten? Am liebsten wäre ich aufgestanden und weggelaufen, um nichts mehr zu hören, aber ich war zu geschockt und unfähig, mich auch nur irgendwie zu rühren.
Warum hörte ausgerechnet ich so etwas mit an? Warum ich?
Im nächsten Moment überlief es mich noch einmals heiß und kalt. Ich hörte Schritte, jemand rannte durch den unterirdischen Gang.
Meine Augen suchten panisch nach einem Versteck, doch das war gar nicht nötig.
die war viel zu verwirrt und zu verängstigt, um auf mich aufmerksam zu machen.
Von oben hörte ich eine Stimme um Hilfe schreien.
Der Professor wurde dadurch noch schneller und die stürmte die Stufen hinauf, bis er aus meinem Blick verschwand. Ich hörte oben eine Tür krachen und laute Schreie.
„Wo ist er, Sirius?“ Das war Professor Lupin.
Wo war wer? Ich war verwirrt. Wen meinte Lupin? Warum sprach er so ruhig mit Black, anstelle ihn festzuhalten?
Auch wenn ich von hier aus alles verstand, was oben gesprochen wurde, wollte ich jetzt doch sehen, was oben vor sich ging. Mit letzter Kraft zog ich mich an einem kaputten Stuhl hoch.
Mein Bein schmerzte fürchterlich. Ich wankte zwei, drei Schritte vorwärts, bis meine Kraft nachgab und ich mich an der Wand anlehnen musste, um meinen Fuß zu entlasten.
Ich befand mich jetzt nur noch wenige Meter von der Treppe entfernt, und da oben allem Anschein nach die Tür offen stand, hörte ich jetzt noch besser als zuvor.
Der nächste Moment war ein Schock für mich. Oben begann Hermine Granger laut zu kreischen.
„Ich glaub‘s nicht! Sie Verräter!“ Ich erschrak. Hatte Black etwas angestellt?
„Ich habe es niemanden erzählt, und es für Sie vertuscht-...“ „Die ganze Zeit waren Sie sein Freund- ich habe ihnen vertraut.“ Harrys aufgebrachte Stimme mischte sich zu Hermines Kreischen. Doch wen meinte er? Es musste... aber... es war doch nicht...
„Professor Lupin, Harry, vertrau ihm nicht- er ist ein Werwolf!“
Ich konnte mich nicht mehr halten. Zitternd fiel ich auf den Boden. Was ich gehört hatte, reichte mir absolut.
Lupin war ein Werwolf und Blacks Freund. Ausgerechnet derjenige, den ich das ganze Schuljahr über für den nettesten aller Lehrer gehalten hatte, bei dem der Unterricht so viel Spaß gemacht hatte, war ein Verräter, wahrscheinlich hatte er Sirius Black geholfen, in das Schloss zu kommen, damit dieser- ja, was eigentlich machen sollte? Harry töten? War Harry der zuvor erwähnte „er“ gewesen?
Oben ging das Gespräch weiter, ich bekam nur am Rande einige Informationen mit, wie zum Beispiel die Tatsache, dass Dumbledore und die übrigen Lehrer von Lupins Werwolf- Dasein wussten oder dass Lupin Sirius angeblich nicht geholfen hätte, ins Schloss zu kommen.
Ich versuchte währenddessen, aufzustehen, und obwohl ich vor Schmerz hätte schreien können, schaffte ich es, die paar Meter zur Treppe zu humpeln, und mich Stufe für Stufe nach oben zu ziehen.
Endlich befand ich mich wieder in der oberen Etage.
Die Tür zu dem Raum, in dem sich die Anderen befanden, war einen Spalt geöffnet. Ich konnte trotz der Entfernung einen Blick in den Raum werfen. In der Mitte stand Lupin, der mit den Fingern ein kleines, graues Etwas festhielt.
Rons Ratte. Krätze.
„Das ist keine Ratte.“ Lupins Gesicht wandte sich Ron zu, der auf dem Himmelbett lag.
Beinahe hätte ich gelacht- was sollte es denn sonst sein!
„Das ist ein Zauberer“, sagte Lupin mit seiner ernsten, ruhigen Stimme.
Und zum ersten Mal hörte ich auch Black sprechen.
„Ein Animagus“, sagte dieser, „mit dem Namen Peter Pettigrew.“
Ich hatte den Namen noch nie zuvor gehört, doch scheinbar schien er allen Anderen etwas zu sagen.
„Peter Pettigrew ist tot“, wandte Harry ein, den ich nicht sehen konnte. Offenbar stand er hinter der Tür, wo auch Hermine stehen musste. „Sie haben ihn umgebracht.“
„Das stimmt nicht“, seufzte Black. „Ich wollte es, aber ich habe es leider nicht geschafft.“
In dem Schlafzimmer kam es wieder zu einer Auseinandersetzung, während ich erst einmal versuchte, das Gehörte zu verarbeiten, und gleichzeitig ein paar Schritte in Richtung Tür zu gehen. Jetzt hineinzugehen, käme mir falsch vor. Allgemein kam ich mir fehl am Platz vor- der ungebetene Gast, der, der alles mithörte, was nicht für ihn bestimmt war.
Ich versuchte, mein kaputtes Bein so wenig zu belasten wie möglich, und ging ein paar Schritte in Richtung Türe. Ein Fehler. Irgendetwas, vielleicht ein Stück Holz, dass vom Fußboden abgebrochen war, stand mir so im Weg, dass ich stolperte. Mit einem dumpfen Knall fiel ich auf den Fußboden. Mir wurde für wenige Sekunden schwarz vor den Augen.
Die Schlafzimmertür schwang auf und ein kalter Luftzug schwebte über mich hinweg, als hätte jemand Unsichtbares den Raum betreten.
„Was macht das Mädchen hier- oh nein...“ Von oben sah mich Professor Lupin erstaunt an. „Haben Sie alles gehört?“ Er stützte mich, während ich aufstand und in den Raum humpelte.
Ich schüttelte den Kopf. „Nicht alles. Das Meiste.“ Ich wand mich aus seinem Griff und ließ mich auf das Bett fallen.
Eine Weile herrschte Schweigen, und alle sahen mich an.
Am Liebsten wäre ich im Boden versunken. „Ich habe mich schon gefragt, wo du geblieben bist“, sagte Black und grinste, wobei man seine gelben Zähne sah.
Ich sah ihn verwirrt an, doch ehe ich etwas erwidern konnte, ergriff Lupin wieder das Wort.
„Alles fing an, als ich ein kleiner Junge war...“
Als Lupin seine Geschichte erzählte, hörte ich nur mit halbem Ohr zu.
Mir war vorher etwas anderes eingefallen, als ich Blacks Stimme gehört hatte. Etwas, was mich beunruhigte und mir Angst machte...
Ganz am Anfang... als ich aus dem Raum gestürmt war, nachdem Sirius Black mich als Hund in diesen Raum gezerrt hatte, hatte mir jemand „Hilary“ nachgerufen. Ich hatte irgendwie immer gedacht, das wäre Ron gewesen, aber es musste Black gewesen sein.
Woher kannte ein Massenmörder, ein Mensch, der jahrelang in Askaban gesessen war meinen Namen?
Hatte Ron meinen Namen erwähnt.... oder zuvor Harry, Hermine oder Hanna, als der Hund zu uns gekommen war? Ich war mir ziemlich sicher... nicht.
Oder doch? Meine Gedanken fuhren Karussell.
Ja oder Nein? Nein oder Ja?
Ich atmete tief durch. Wahrscheinlich schon. Denn wenn ich logisch dachte, dann musste es so sein. Auf einmal fiel mir wieder der Sprechende Hut ein... seine Kommentare dieses und letztes Jahr- da war so viel, was nicht logisch zu erklären war.
Mich überkam ein unheimliches Gefühl, und ich schüttelte den Kopf, um mich von diesen albernen Gedanken zu befreien. Ich konnte jetzt nicht darüber nachdenken- wenn ich hier raus war.
Von Lupins Geschichte hatte ich nur Bruchstücke mitbekommen, irgendwas über Harrys Vater.. und einen Schülerstreich von Black an Snape, der auch hier stattgefunden hätte.
„Kann Snape Sie deshalb nicht leiden?“, fragte Harry. „Weil er dachte, Sie hätten davon gewusst?“
In der Ecke neben Lupin polterte etwas und eine mir nur zu gut bekannte Stimme murmelte: „So ist es.“
Mit Schwung zog Snape sich einen Tarnumhang vom Körper.
Mir blieb fast das Herz stehen. Instinktiv zückte ich meinen Zauberstab, doch Snape war schneller. Getroffen von einer Art elektrischen Impuls sank ich auf das Bett, unfähig, mich auch nur irgendwie zu bewegen. Vor meinen Augen verschwamm das Bild, und ich nahm nur noch vereinzelt Wortfetzen war. Es war, als wäre ich gefangen in einer Art Schwerelosigkeit, und gezwungen zum Nichtstun.
Aus der Ferne hörte ich dumpfe Schreie, ein lautes Krachen und verschiedene Stimmen, die durcheinander schrieen.
„Schau dir die Ratte an...“ „EXPELLIARMUS!“ „Er ist Pettigrew... Pettigrew ist die Ratte, schau dir die Zehe an...“ „Krummbein hat die Passwörter für den Gryffindor-Turm für mich gestohlen... nur die Ratte...“ „Ich habe sie überredet, Peter als Geheimniswahrer zu nehmen...“
KNALL.
Mit einem Schlag war ich wieder in der Realität. Verwirrt und geschockt sah ich mich um. Der Knall war aus Lupins Zauberstab gekommen, den er auf die Ratte hielt. Blitze zuckten aus dem Zauberstab und das quiekende Tier in Lupins Hand begann sich zu verändern: Erst der Kopf, der nahezu kahl war und das Gesicht, dann der Oberkörper und zuletzt die Beine.
Ein pummeliger Mann mit nahezu kahlem Kopf und gebeugter Haltung stand jetzt im Raum.
„Peter Pettigrew“, flüsterte ich. Er sah abscheulich aus, und ich auf einmal ergaben die Worte der anderen für mich alle einen Sinn. Ich begriff, dass er derjenige gewesen war, der Harrys Eltern verraten hatte, weil er ihr... Geheimniswahrer gewesen war, und auch wenn ich nicht genau wusste, was das war, so musste es wohl etwas sehr Wichtiges sein. Außerdem war Pettigrew die Ratte gewesen, Krätze. Nach ihm hatte Black die ganze Zeit gesucht, war in den Gryffindor-Gemeinschaftsraum eingedrungen und dabei versehentlich Ron erschreckt.
Zitternd lauschte ich dem Streit zwischen Black und Pettigrew, der krampfhaft seine Unschuld beteuerte. Mit jeder Sekunde wurde mir Pettigrew unangenehmer und seine Art ekelte mich immer mehr an. Ich hatte noch nie in meinem Ganzen dreizehn-einhalbjährigem Leben etwas gesehen, was mich mehr angewidert hätte. Ich konnte es kaum ansehen, als er schließlich bei Black und Remus um sein Leben flehte, immer wieder um Erbarmen bat und dass sie ihm verzeihen sollten.
Trotzdem fiel mir ein Stein vom Herzen, als Harry endlich eingriff.
„Er soll nach Askaban... tötet ihn nicht“, keuchte Harry. Ich war erleichtert, da ich schon Angst gehabt hatte, was Black und Lupin mit Pettigrew machen würden- ich hätte es trotz Allem, was dieser getan hatte, wahrscheinlich nicht ausgehalten, zu sehen, wie er ermordet wurde.
Ein Weile war Schweigen, während Lupin Pettigrew, der sich verzweifelt auf dem Boden wälzte, fesselte und knebelte.
Danach kam Lupin zu mir und betastete mein Bein. „Gebrochen, oder?“ Ich nickte.
Lupin seufzte. „Ich kann das Bein nur schienen, den Rest macht dann wahrscheinlich Madame Pomfrey.“ Er deutete mit seinem Zauberstab auf mein Bein. „Ferula!“
Im Nu war mein Bein geschient und ich konnte wieder auftreten, ohne dass mich der Schmerz halb verrückt machte. Lupin behandelte auch Ron auf die selbe Art und Weise.
Mir fiel erst jetzt der bewusstlose Snape auf. „Was ist mit ihm?“, fragte ich. Hermine zuckte die Schultern. „Ähm... er ist von ein paar Zaubern gleichzeitig getroffen worden“, murmelte sie betreten. „Ich hoffe, wir bekommen deswegen keinen Schulverweis...“
„Ach, das bekommen wir schon wieder hin“, sagte Professor Lupin geschäftig. „Mobilcorpus!“ Snape wurde wie an Fäden hochgezogen und baumelte jetzt in der Luft, von Black in der Schwebe gehalten.
Lupin und Ron ketteten sich mit Fesseln an den Verräter Pettigrew, damit dieser nicht entkommen konnte.
„Gehen wir“, meinte Lupin.
Mir war das nur Recht. Als Letzte, hinter Harry und Hermine verließ ich den Raum.
Wir kamen nur langsam vorwärts, und es gab teilweise große Probleme mit dem Vorankommen.
Es war schwierig, in den Tunnel zu gelangen, und da dieser sehr niedrig war, stieß Snapes Kopf immer wieder an die niedrige Tunneldecke.
Langsam, aber stetig kamen wir vorwärts und endlich konnte ich das Ende des Ganges durch einen schmalen Lichtspalt ausmachen. Das silberne Mondlicht sickerte durch die Öffnung in den Gang, und die letzten Meter rannte ich schon fast, um endlich wieder an die frische Luft zu können.
Draußen war es bereits dunkel, nur die Lichter von Hogwarts erleuchteten die Finsternis. Ich rannte sofort zu der Stelle, an der der Hund uns überwältigt hatte und sah mich um.
Hanna war nicht mehr da. Ich atmete auf. Dass sie nicht mehr da war, bedeutete, dass man sie gefunden, und in den Krankenflügel gebracht hatte. Wie es ihr wohl ging? Hoffentlich war alles in Ordnung. Beim Gedanken an den Krankenflügel, an ein warmes Bett, etwas heißes zu Trinken und ein geheiltes Bein wurde mir sofort warm ums Herz.
Ich sah mich um, wo die Anderen wohl blieben- und erschrak fürchterlich. Vor mir stand ein riesiger, haariger Wolf. Er bäumte sich auf und schüttelte sich. Ich schrie auf.
Natürlich. Heute war Vollmond.
Lupin hatte sich verwandelt.
Mir wurde schlecht und ich stürzte zu Boden.
Nur noch schemenhaft bekam ich mit, wie der Wolf davonlief, dann legte sich die Dunkelheit wie eine dicke Decke über mich.
Kommentare
laden
Bist du dir sicher, dass du diesen Kommentar löschen möchtest?
Kommentar-Regeln
Bitte beachte die nun folgenden Anweisungen, um das von uns verachtete Verhalten zu unterlassen.
Eigenwerbung ist erlaubt, jedoch beachte, dies auf ein Minimum an Kommentaren zu beschränken.
Das Brechen der Regeln kann zu Konsequenzen führen. Mit dem Bestätigen erklärst du dich bereit, den oben genannten Anweisungen Folge zu leisten.